Bei der US-Grossbank J.P. Morgan macht man sich still Gedanken über die Zeit nach Langzeit-Chef Jamie Dimon. Ein Papier legt nun offen, dass mit seinem Abgang eine Bastion der Macht an der Wall Street zu bröckeln beginnen könnte.

Bei der grössten US-Bank J.P.Morgan werden offenbar Vorbereitungen für die Zeit nach der langen Regentschaft von CEO und Präsident Jamie Dimon getroffen. In der vergangenen Woche habe die grösste Wall-Street-Bank in einem Wertpapier-Prospekt Einblick in ihre Planungen gegeben, schreibt die britische Zeitung «Financial Times» (Artikel bezahlpflichtig).

Ein höchst unüblicher Schritt

Dort hält die Grossbank fest, dass eine «substanzielle Mehrheit» der Investoren wünsche, dass Dimon nach seinem Rücktritt als CEO als nicht-geschäftsführender Vorsitzender im Unternehmen bleibt – so hoch wird die Bedeutung des seit 2005 untunterbrochen amtierenden Chefs für J.P. Morgan eingeschätzt. In der Folge würde dies aber bedeuten, dass sein Nachfolger als CEO dereinst nicht gleich noch Präsident werden könnte.

Sollte dies so umgesetzt werden, wäre das unüblicher Schritt bei den grossen US-Banken und auch für «Corporate America» insgesamt eine Art Kulturrevolution. Auch Morgan Stanley, Bank of America und Goldman Sachs haben aktuell allesamt Vorstände, in denen der CEO gleichzeitig als Präsident wirkt und damit sein eigener Aufseher ist.

Imperiale CEO

Die US-Unternehmen würden derzeit noch eine Bastion der «imperialen CEO» bilden, wie die Zeitung dies benennt. Doch der Trend geht in eine andere Richtung. Die Investoren würden zunehmend eine starke Persönlichkeit als Gegengewicht zum CEO fordern, die als nicht geschäftsführender Vorsitzender fungiert.

Noch 2017 hatten die meisten am amerikanischen Bluechip-Index S&P-500 gelisteten Unternehmen eine Führungsspitze in Personalunion. Bis 2021 ist diese Zahl auf 43 Prozent gesunken, ein Rekordtief, wie es weiter heisst. Im gleichen Zeitraum hat sich die Zahl der unabhängigen Vorstandsvorsitzenden, die zuvor nicht CEO desselben Unternehmens waren, auf den Rekordwert von 36 Prozent erhöht.

Trend zur Trennung

Ganz anders ist die Situation in Europa. Nach Angaben des Datenanbieters ISS Corporate Solutions teilen von den in Westeuropa erfassten Unternehmen 29 Prozent die Rollen nicht auf. In Deutschland, Österreich und der Schweiz sind es sogar nur 2,7 Prozent, während es in Grossbritannien und Irland 2 Prozent sind.

Die Abkehr von der Doppelrolle in den USA sei historisch, sagt Charles Elson, Experte für Unternehmensführung an der Universität von Delaware. Nach jahrelangem Druck der Investoren «wird der Trend zur Trennung überwiegen».

Aktivisten machen mobil

Die Zeitung sieht bei der Diskussion um eine Doppelspitze aus operativer und aufseherischer Führung noch einen anderen Interessenskampf. Üblicherweise seien Forderungen nach einer personellen Trennung eher von religiösen Gruppen, Umweltschützern und progressiven Aktivisten gekommen.

Doch nun würden auch zunehmend konservative Aktivisten solche Anträge einreichen, um etwa Einfluss und eine Verwässerung bei Nachhaltigkeits-Zielen zu erreichen.

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