Die hartnäckig hohe Inflation in Europa und den USA sorgt dafür, dass die Notenbanker bei ihren Zinsschritten noch länger die Wanderstiefel nicht gegen die Ballerinaschuhe eintauschen werden.

Ach, waren das noch Zeiten, als Zentralbanker die erhöhte Inflation als temporär bezeichnen konnten. Noch vor weniger als zwölf Monaten war dies jedenfalls der Standpunkt der Ökonomen und der Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB), Christine Lagarde.

Dann kam im Februar der Angriff Russlands auf die Ukraine und schnell wurde klar, dass der Einmarsch nicht nur für die Öl- und Gaspreise dramatische Folgen haben dürfte.

Zu zaghafte EZB

Während die Bank of England (BoE) in Grossbritannien und die US-Notenbank (Federal Reserve, Fed) schon lange damit begonnen hatten, an der Zinsschraube zu drehen, kam es in der Eurozone erst im vergangenen Juni zur ersten Zinsanhebung.

Doch die Wirkung ist bisher gleich null. In Deutschland und im Euroraum bewegt sich nun der Preisauftrieb im zweistelligen Prozentbereich – die höchste Inflation seit den Siebzigerjahren. Durch die Preisentwicklung stehen die Zeichen bei der nächsten EZB-Ratssitzung weiter auf Erhöhung, und zwar erneut um 75 Basispunkte.

An den Aktienmärkten wird jede zwischenzeitlich aufkeimende Hoffnung, dass die Fed ihre Zinsschritte verringern könnte, mit steigenden Kursen belohnt. Doch das am Mittwoch veröffentlichte Protokoll der letzten Sitzung liefert keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass das Tempo verringert werden könnte.

So lange wie nötig

Aus den «minutes» des Offenmarktausschusses liess sich vielmehr herauslesen, dass die US-Währungshüter in der Bekämpfung der hohen Inflation nicht nachlassen wollen. Dabei werde das Ziel einer Angleichung der Inflation an die Marke von 2 Prozent nicht aufgegeben. Man müsse Kurs halten, auch wenn sich der Arbeitsmarkt abschwächen würde. Zwar müssen die Zinsschritte je nach Konjunkturentwicklung kalibriert werden, um Schäden zu vermeiden. Die Geldpolitik müsse jedoch für einige Zeit und so lange wie nötig restriktiv bleiben.

Laut Volkswirten lasse sich zwar anhand der Daten erahnen, dass sich die Dynamik der US-Konjunktur abschwächt. Rezessionssignale gebe es aber nicht und die Wirtschaft laufe besser als in Europa.

Nach den jüngsten Inflationszahlen aus den USA mit einem Wert von 8,2 Prozent dürfte die Hoffnung auf eine Verlangsamung nochmals gesunken sein. Zwar schwächte sich die Teuerung leicht ab, die Kernrate stieg jedoch an. Am Freitag stehen noch die Daten zu den Detailhandelsumsätzen auf der Agenda. Bisher deutet vieles darauf hin, dass die Fed im Noveember die Zinsen um 75 Basispunkte und im Dezember um weitere 50 Basispunkte anhebt.

Worst Case nicht eingepreist

In Deutschland wurden die Konjunkturerwartungen zuletzt nach unten korrigiert. Doch alle Schätzungen beruhen weiter auf dem optimistischen Szenario. Eine Energiemangellage bei Gas und Strom im Winter wird dabei ausgeblendet. Würde es dazu kommen, dürfte das zu einem schwerwiegenden Konjunktureinbruch führen.

Auch der Internationale Währungsfonds (IWF) hatte vor zwei Tagen vor einem hohen Rezessionsrisiko gewarnt. Die steigenden Zinsen und der starke Dollar hätten gravierende Folgen überall auf der Welt.

Konjunktureller Dominoeffekt

Es könne zu einer «schnellen und ungeordneten» Anpassung der Preise an den Märkten kommen. Das würde dann bereits bestehende Schwachstellen treffen. Die Liquidität an den Märkten sei ohnehin zurückgegangen, wodurch ihre Anfälligkeit gestiegen sei.

Insbesondere in Schwellenländern sorge der Dollar für Probleme und die Schwächung anderer Währungen stelle sie vor massive Probleme. Dadurch könne es zu einem konjunkturellen Dominoeffekt und zu Zahlungsausfällen kommen, fürchtet der IWF.

Dear, oh Dear

Apropos Worst Case: Die vergangenen beiden Wochen standen in Grossbritannien ganz im Zeichen der durch «Trussnomics» ausgelösten Turbulenzen. Die Ausgaben- und Steuerpläne der frisch installierten Premierministerin Liz Truss und ihres Finanzministers Kwasi Kwarteng haben das Vertrauen der Märkte in die Staatsfinanzen schwer erschüttert. Das sorgte für einen Kursverfall bei den Staatsanleihen, den Gilts, steigende Hypothekarzinsen und einem Wertverfall der Landeswährung.

So steckt die Bank of England in der Zwickmühle. Sie musste Geld in die Bond-Märkte pumpen, während sie eigentlich mit höheren Zinsen einen restriktiven Kurs fahren will. An der nächsten Sitzung am 3. November 2022 an der Theadneedle Street in London wird darum von den Experten gleich ein Zinsschritt um einen vollen Prozentpunkt erwartet, eine Minderheit rechnet sogar mit 1,25 Prozentpunkten.

In den Medien wurde sogar die Reaktion von König Charles III. bei der wöchentlichen Audienz mit der Chefin seiner Regierung aufmerksam registriert. Sie wurde vom Monarchen mit den Worten begrüsst: «Back again? Dear, oh dear»

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