Das Staatssekretariat für internationale Finanzfragen SIF pflegt enge Kontakte mit der Finanzbranche. Das ist nicht zu tadeln – dafür aber die vornehme Zurückhaltung bei durchsichtigen Vorwürfen aus dem Ausland.

Der «Sonntagsblick» hat in seiner jüngsten Ausgabe den Schweizer Finanzplatz durchleuchtet. Gestützt auf das Öffentlichkeitsgesetz sah die Zeitung den Mailverkehr zwischen Staatssekretärin Daniela Stoffel und hochrangigen Vertretern der Finanzbranche ein.

Daraus geht gemäss der Redaktion hervor, dass die Chefin des Staatssekretariats für internationale Finanzfragen (SIF) einen sehr engen und freundschaftlichen Austausch mit der Finanzbranche pflegt.

Kritische Medienberichte

Zwischen Januar und August 2022 zählten die Journalisten Email-Kontakte zwischen Stoffel und mehr als einem Dutzend Finanzinstituten. Dabei wurden auch kritische Medienberichte besprochen.

So ging es etwa um eine verlorene Klage der UBS in Frankreich oder einen Artikel in der «Financial Times» über heikle Finanzströme aus dem Crypto Valley in Zug.

Wink mit dem Factsheet

In letzterem Fall meldete sich das SIF beim Journalisten und wies ihn auf ein «Factsheet» hin, das der Journalist doch bitte berücksichtigen solle, wenn er wieder einmal über den Schweizer Finanzplatz schreibe.

Diese SIF-Intervention kam auch der Schweizerischen Bankiervereinigung zu Ohren. Sie bedankte sich beim SIF, um gleichzeitig vor weiteren kritischen Zeitungsberichten über die Geldwäscherei aus England oder Deutschland zu warnen.

Ungebührliche Nähe?

Der «Sonntagsblick» fragt sich angesichts dieser Episode, ob zwischen der Behörde und dem Finanzplatz die gebotene Distanz vorhanden sei.

Dass Avancen zwischen der Politik und der Wirtschaft beargwöhnt und gegebenenfalls kritisiert werden, ist zunächst einmal ein Zeichen für einen positiven Sinneswandel der Ringier-Redaktion, der künftig hoffentlich auch in der eigenen Redaktionsstube standhaft beherzigt wird.

Sonst käme wohl der Verdacht auf, dass es sich um ein Ablenkungsmanöver einer Zeitung handle, die selber im Glashaus sitzt und mit Steinen wirft. Das ist aber eine andere Geschichte zwischen der Politik und der Wirtschaft - genauer Ringier, der auch den «Sonntagsblick» verlegt.

Zur Erinnerung: Während der Corona-Pandemie tauschten sich Peter Lauener, der damalige Kommunikationschef von Bundesrat Alain Berset, und Marc Walder, der CEO des Verlagshauses Ringier (das auch den «Sonntagsblick» herausgibt), über 180 mal in Emails sehr eng aus. Inzwischen untersucht die Geschäftsprüfungskommission des Parlaments diese Indiskretionen; bei Ringier wurde Walder am vergangenen Wochenende ein Teil seiner Befugnisse entzogen.

Im Auftrag des Staats

Demgegnüber führt die Lektüre der Recherche des Sonntagsblatts den Leser zu einem anderen Schluss: Der dokumentierte und am Sonntag publik gewordene Mailverkehr des SIF förderte nichts Heikles und schon gar nichts Verbotenes zutage.

Das erstaunt freilich nicht. Soweit beim Austausch zwischen SIF und Bankvertretern alles mit rechten Dingen zu- und hergeht, ist ein Austausch von Argumenten und Einschätzungen nicht nur erlaubt, sondern sogar Pflicht des SIF.

Immerhin hat die Bundesbehörde den gesetzlichen Auftrag, sich nicht nur der Regulierung des Finanzmarktes zu widmen, sondern auch die Interessen der Schweiz in Finanz-, Währungs- und Steuerfragen zu vertreten.

Kampf mit harten Bandagen

Dass sie dabei mit allen Akteuren den steten Austausch pflegt, ist weder überraschend noch anrüchig. Denn nur bei einer vertieften Kenntnis der Praktiken des Finanzplatzes lässt sich auch der politische Rahmen richtig abstecken.

Ausserdem dürfte keinem interessierten Beobachter verborgen geblieben sein, dass im internationalen Wettbewerb zuweilen mit ziemlich harten Bandagen gekämpft wird. Die Zusammenhänge von Standortwettbewerb und Reputation können also durchaus in mehr als einem Email zwischen SIF und Bankenvertretern diskutiert werden.

Willkommene Klischees

In dieser Analyse darf dann keinesfalls fehlen, dass Wirschaftsmedien aus konkurrenzierenden Finanzplätzen wie London oder interessanten Märkten wie Süddeutschland regelmässig gegen die Schweiz Sturm laufen.

Ob sie sich dabei zu Verbündeten von Eigeninteressen der jeweiligen Finanzplätze machen oder einfach eifrig die gut verkaufende Geschichte der reichen Schweiz und ihrer vermuteten dunklen Seite abspulen, ist letztlich unerheblich.

Netter Hinweis

Viel wichtiger ist für den Finanzplatz, wie die Interessenvertreter eines starken Schweizer Finanzplatzes darauf reagieren. Dabei genügt ein Kontakt bei der jeweiligen Redaktion und ein netter Hinweis auf einen bunten Flyer bei weitem nicht.

Diese Zurückhaltung ist ärgerlich – nicht der akribisch recherchierte stetige Austausch zwischen den Akteuren, die einem starken und wettbewerbsfähigen Finanzplatz verpflichtet sind.

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