Ninety One tritt seit Mitte März unabhängig von der ehemaligen Mutter Investec als Vermögensverwalter auf. Länderchef Reinhard Müller äusserst sich zum neuen Markenauftritt von «Ninety One» und erzählt, was es bedeutet, in turbulenten Zeiten an die Börse zu gehen.


Herr Müller, welche Dienstleistungen zeichnen Ninety One in der Schweiz aus?

Unser Produktangebot und unsere Expertise umfassen die Bereiche Aktien, Obligationen, Multi-Asset- und alternative Anlagen. Wir investieren aktiv in die Finanzmärkte weltweit, Schwellenländer und sogar «Frontier Markets».

In der Schweiz verwalten wir Mandate für grosse institutionelle Anleger wie Pensionskassen, betreuen aber auch beachtliche Vermögen für Banken und Family Offices.

Wie haben sich die Bedürfnisse Ihrer Kunden seit Ihrem Antritt als Länderchef Schweiz verändert?

Ich habe die Position als Länderchef Schweiz Anfang 2011 übernommen. In den vergangenen zehn Jahren ist das Interesse an passiven Anlagen, vor allem auf institutioneller Seite, weitergewachsen. Der Fokus vieler Investoren hat sich beinahe ausschliesslich auf die Kosten verlagert.

«Die jüngste Krise könnte zu einem Umdenken führen»

Auf die Performance und Risikoparameter wird weniger geachtet. Die jüngste Krise könnte jedoch zu einem Umdenken führen. Einige unserer Aktienstrategien haben seit Jahresbeginn die Referenzindizes im zweistelligen Prozentbereich übertroffen. Das nehmen Anleger zur Kenntnis.

Wenn wir gerade von Veränderungen sprechen: Was bedeutet der Namenswechsel von Investec AM zu Ninety One?

Die Einführung der Marke Ninety One ist für uns von enormer Bedeutung – unser Unternehmen ist mit der Abspaltung von der Investec Group ein unabhängiger, weltweit tätiger Vermögensverwalter geworden. Zusätzlich ist Ninety One seit dem 16. März an den Börsen in London und Johannesburg kotiert.

Die neue Identität, mit der wir uns auf dem Markt präsentieren, spiegelt das Erbe des Unternehmens. Investec Asset Management wurde 1991 in Südafrika gegründet und war damals ein kleines Start-up-Unternehmen in einem Schwellenland. Die zentrale Botschaft, die wir mit der Abspaltung aussenden wollen, ist die: Wir haben zwar unseren Namen geändert, aber nicht, wer wir sind.

«Stabilität ist für uns und unsere Kundschaft sehr wichtig»

Wir behalten unsere DNA, die uns ausgezeichnet, unverändert bei. Unsere Identität liegt in unseren Wurzeln und in unserem einzigartigen Wachstumspfad, der sich von beinahe allen anderen Vermögensverwalter unterscheidet.

Was bedeuten der neue Auftritt und die Abspaltung für die Präsenz von Ninety One in der Schweiz?

Weder unsere Firmenkultur, unsere Prozesse, noch die Mitarbeiter ändern sich. Stabilität ist für uns und unsere Kundschaft sehr wichtig. Mir wurde von vielen Kunden bestätigt, dass Investec Asset Management bei professionellen Anlegern einen ausgezeichneten Ruf geniesst.

Das motiviert uns, noch härter daran zu arbeiten, so dass der Bekanntheitsgrad von Ninety One das gleich hohe Niveau wie zuvor Investec Asset Management erreicht.

Ninety One ging Mitte März an die Börse: Wie zufrieden sind Sie mit der Kursentwicklung in den ersten Wochen?

Wir freuen uns, dass wir die Abspaltung von der Investec Group und die Börsenkotierungen in Johannesburg und London erfolgreich abgeschlossen haben. Die extremen Marktbewegungen zum Zeitpunkt des Börsengangs haben uns nicht von unserem strategischen Ziel, eine unabhängige Firma zu werden, abgebracht.

«Die Corona-Pandemie hat die Finanzmärkte verunsichert, und diese turbulente Zeit dürfte sich fortsetzen»

Als Unternehmen sind wir langfristig ausgerichtet und lassen uns nicht von der kurzfristigen Aktienkursentwicklung beeindrucken. Jetzt, als unabhängiges Unternehmen, konzentrieren wir uns weiterhin auf das Ziel, für unsere Kunden, unsere Mitarbeiter und die Gesellschaft, in der wir leben, Positives zu bewirken.

Wie positioniert sich Ninety One in der aktuellen Krisensituation und welche Anlagechancen kann Ninety One dem Schweizer Markt bieten?

Die Coronavirus-Pandemie hat die Märkte zweifellos verunsichert und diese höchst turbulente Zeit dürfte sich fortsetzen. Was die Aktienseite betrifft, so investieren viele unserer Schweizer Kunden in unsere qualitätsorientierte, globale Franchise-Strategie. Kunden, die in diese Strategie investiert sind, erzielten seit Jahresbeginn einen schönen Gewinn.

«Das dürfte helfen, um sich auf den derzeit unsicheren Märkten zurechtzufinden»

Mit Blick auf die Marktlage ist das bemerkenswert. Wir sind überzeugt, dass eine Strategie, die sich auf bilanzstarke Unternehmen konzentriert, den Anlegern ein gewisses Mass an Sicherheit bietet. Das dürfte helfen, um sich auf den derzeit unsicheren Märkten zurechtzufinden.

Wo sehen Sie weitere Anlagechancen?

Unserer Meinung nach bieten ausgewählte Schwellenmarktanlagen viel Potenzial. Vor allem mit Blick auf die aktuellen Bewertungen – sowohl im Bereich Aktien als auch im Bereich Obligationen. Es gibt jedoch erhebliche Unterschiede zwischen Regionen und Ländern, weshalb eine sorgfältige Auswahl von entscheidender Bedeutung ist.

Und in China?

Unsere «All China Equity»-Strategie war ebenfalls sehr erfolgreich. Wir waren einer der ersten Vermögensverwalter, der eine RQFI-Lizenz erhielt, und daher verfügen wir über langjährige Erfahrung im Handel chinesischer A-Aktien.

Die «All China Equity»-Strategie hat sich seit ihrer Lancierung im März 2014 jedes Jahr um durchschnittlich mehr als 10 Prozent besser als der Referenzindex entwickelt.


Reinhard Müller ist seit 2011 Länder- und Verkaufschef von Ninety One (vormals Investec Asset Management). Zuvor arbeitete er bei Amundi und GAM. Er absolvierte einen Master in Science an der Universität Zürich sowie ein MBA an der Columbia University in New York.