Für ihre Retail-Banking-Studie 2013 haben die Finanzprofessoren Christoph Lengwiler und Andreas Dietrich die Verwaltungsräte von 63 Schweizer Banken untersucht. Die Informationen erlauben einige Rückschlüsse auf die Qualität dieser Gremien.

Von Prof. Dr. Christoph Lengwiler und Prof. Dr. Andreas Dietrich, Hochschule Luzern

Gemäss Bankengesetz soll die Zusammensetzung eines Gremiums eine optimale Besetzung der verschiedenen Ausschüsse ermöglichen. Wünschenswert sind in diesem Sinne – neben sich ergänzenden Persönlichkeiten – ein breites Spektrum an Fähigkeiten und Kenntnissen sowie an unternehmerischer und persönlicher Erfahrung.

Der Ausbildungsgrad sagt zwar nichts über die tatsächlichen fachlichen und persönlichen Qualitäten der betreffenden Verwaltungsratsmitglieder aus. Trotzdem ist es offensichtlich, dass bei der Besetzung von Vakanzen in Verwaltungsräten darauf geachtet wird, Leute mit formell nachweisbarer höherer Bildung und entsprechendem Fachwissen zu berücksichtigen.

Hohes Bildungsniveau

Rund 60 Prozent der 481 Mitglieder in den 63 analysierten Bankverwaltungsräten verfügen über ein abgeschlossenes Hochschulstudium. Ein Drittel dieser Hochschulabsolventen sind promoviert und teilweise als Professoren tätig.

Ein Sechstel der Verwaltungsratsmitglieder hat eine höhere Fachausbildung absolviert und 16 Prozent verfügen über eine andere Ausbildung (zum Beispiel eine Lehre).

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Abbildung 1: Ausbildungsgrad der VR-Mitglieder von 63 Schweizer Banken

Tiefer Frauenanteil

Exakt 75 von 481 Verwaltungsratsmitgliedern sind Frauen. In Prozenten ausgedrückt liegt der Frauenanteil jedoch mit 16 Prozent eher tief, und viele Banken sind bestrebt, im Sinne einer ausreichenden Diversität und einer guten Corporate Governance mehr Frauen ins Gremium aufzunehmen.

Dies ist allerdings schwierig, weil der Anteil an Frauen in Führungsfunktionen in der Finanzbranche generell niedrig ist. So kann sich ein Spannungsfeld ergeben zwischen dem Anforderungsprofil für neue Mitglieder von Verwaltungsräten und der Zielsetzung, den Frauenanteil im Gremium zu erhöhen.

VR 2

Abbildung 2: Anteil der Geschlechter im Verwaltungsrat von 63 Schweizer Banken

Durchschnittsalter 56 Jahre

Das Durchschnittsalter der Bankverwaltungsräte liegt bei 56 Jahren. Exakt 78 Prozent sind zwischen 46 und 65 Jahre alt, 12 Prozent sind jünger als 46 Jahre und 10 Prozent älter als 70 Jahre.

Insgesamt zeigt sich eine ziemlich ausgewogene Altersverteilung der Bankverwaltungsräte, auch wenn die Situation einzelner Banken von diesem Bild stark abweichen kann.

VR 3

Abbildung 3: Altersstruktur der Verwaltungsräte von 63 Schweizer Banken

Durchschnittlich 7,4 Amtsjahre

Ein weiteres Postulat der Forderung nach einer guten Corporate Governance ist die Sicherstellung von Kontinuität und Erfahrung im Verwaltungsrat. Die wertvollen Mitglieder des Verwaltungsrates sollen nicht zu kurz im Amt bleiben, sondern ihre Erfahrungen über längere Zeit nutzbringend einsetzen können.

Durch eine sinnvolle Staffelung der Amtsdauer sollen der Wissenstransfer und eine schrittweise Erneuerung des Verwaltungsrates erleichtert werden.

Aktuell sind die Mitglieder der Verwaltungsräte der analysierten Schweizer Banken im Durchschnitt 7,4 Jahre im Amt. Etwa 40 Prozent der erfassten 481 Mitglieder sind weniger als 5 Jahre im Amt, 27 Prozent zwischen 6 und 10 Jahre und weitere 16 Prozent zwischen 11 und 15 Jahre.

Dieses Gesamtbild lässt insgesamt sowohl auf eine ausgewogene Zusammensetzung als auch auf eine ausreichende Erneuerungsfähigkeit der Verwaltungsräte schliessen.

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Abbildung 4: Dienstalter der Verwaltungsräte von 63 Schweizer Banken

Interne Restriktionen

Bei der Personalplanung muss der Verwaltungsrat nicht nur die rechtlichen Vorgaben beachten, sondern auch die durch die Bank selbst festgelegten Leitplanken.

Dazu zählen unter anderem die Grösse des Gremiums, die interne Organisation des Verwaltungsrates sowie allfällige Alters- und Amtszeitbeschränkungen.

Die Studie der Hochschule Luzern liefert dazu folgende Erkenntnisse:

  • Zwei Drittel der Verwaltungsratsgremien zählen sieben bis neun Mitglieder.
  • Die meisten Verwaltungsratsgremien verfügen über zwei bis drei Verwaltungsratsausschüsse. Häufig anzutreffen sind die folgenden sechs Arten von Ausschüssen, die von den Banken unterschiedlich bezeichnet werden: Leitungsausschuss, Prüfungsausschuss, Risikoausschuss, Kreditausschuss, Personal- und Vergütungsausschuss, Strategieausschuss.
  • In den Verwaltungsräten herrschen Amtsperioden von drei bis vier Jahren vor. Einjährige Amtsperioden, wie sie heute für börsenkotierte Unternehmen vorgeschrieben werden, sind noch selten anzutreffen.
  • Mehr als die Hälfte der analysierten Banken sehen Altersbeschränkungen für ihre Verwaltungsräte vor. Diese liegen mehrheitlich bei 70 Jahren.
  • Die Mehrzahl der Banken sehen keine Amtszeitbeschränkungen für Verwaltungsratsmitglieder vor. Wenn – vor allem bei Kantonalbanken – Amtszeitbeschränkungen festgelegt werden, liegen diese meist zwischen 12 und 16 Jahren.

Als Fazit der Studie

Zur guten Verwaltungsratspraxis gehört es auch, die intern formulierten Rahmenbedingungen regelmässig auf ihre Zweckmässigkeit zu überprüfen und allenfalls anzupassen.

Umgekehrt haben Anpassungen der Governance-Strukturen auch Auswirkungen auf die personelle Zusammensetzung des Gremiums.
Wie die Ergebnisse der Studie zeigen, ist die Vielfalt der Zusammensetzung der Bankverwaltungsräte recht gross. Die Banken können trotz Vorgaben durch den Regulator einigen Gestaltungsspielraum für die Zusammensetzung und interne Organisation ihrer Verwaltungsräte nutzen.

Governance-Strukturen überprüfen

Allerdings stehen einige Verwaltungsratsgremien vor der Herausforderung, ihre Governance-Strukturen zu überprüfen und bei der personellen Erneuerung den veränderten Anforderungen an Bankverwaltungsräte Rechnung zu tragen.

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