Fintech ist derzeit einer der beherrschenden Trends in der Branche. Viel Wind um wenig Substanz – oder steht die Revolution im Banking, bevor? finews.ch weiss es nicht. finews.ch weiss, wann ein Hype ein Hype ist.

«Doofe Aussage! Wie arrogant!» So hallte es dieser Tage im Kurznachrichten-Dienst Twitter nach. Der Grund für den Aufruhr: Julius-Bär-Asienchef Thomas Meier hatte sich getraut, im Interview mit finews.ch «Züge eines Hypes» in der Fintech-Szene festzustellen.

Dabei untermauerte der Julius-Bär-Banker seine Aussage mit valablen Argumenten. Wer diese nun niederschreit, macht es sich etwas zu einfach. Selbst wenn die Fintech-Szene gerade in der Schweiz in der Gründungsphase verhaftet und damit wohl noch weit vom gefährlichen Überschwang entfernt ist.

Doch für finews.ch ist dies Anlass genug, in die Zukunft zu blicken und nach den untrüglichen Zeichen einer bevorstehenden Fintech-Blase zu forschen. Denn: Wenn ein Boom nicht hinterfragt wird, dann ist der Crash meistens nicht mehr weit.

Sie erkennen eine Fintech-Blase, wenn...

1. ...Innovations-Labs überall aus dem Boden spriessen

Keine Bank ohne Inkubator, kein Finanzinstitut ohne digitalen Think Tank, kein Versicherungsunternehmen ohne Innovations-Lab. Es herrscht Gründer- und Forschungsstimmung in der Branche. Jedenfalls wird sie von den Marketingabteilungen verbreitet. Als erstes Ziel setzt sich jedes dieser Labs: Eine App in den Store zu bekommen.

2. ...jeder Bankchef einen eigenen Blog führt

Twittern aus dem Flieger nach Singapur, Facebook-Beiträge aus der Lobby-Veranstaltung in Bundesbern und Live-Streaming aus dem Chefsessel auf Periscope: Klares Indiz einer Fintech-Blase ist es, wenn Bankenchefs reihum mehr Zeit in den Social Media als mit ihrer eigentlichen Arbeit verbringen. Die Folgen wären nicht nur ein gefährliches Führungsvakuum, sondern auch eine Entfremdung von den realen Anspruchsgruppen durch die Flucht in den Cyberspace. Dabei: Fintech-affine Chefs könnten einen Teil dieser Arbeit an ihre «Chief Twitter Officer» delegieren.

3. ...in jedem Organigramm der Chief Innovation Officer ganz oben steht

C(h)INO ist sozusagen das Akronym der Karriereträume von heute. Es steht für Chief Innovation Officer, und dieser Posten wird im Fintech-Hype so aufgewertet, dass ein Executive Board ohne C(h)INO schlicht undenkbar ist. Der C(h)INO steht in der Hierarchie gleich hinter dem CEO und CFO, aber noch vor dem Risikochef und den Chefs der verschiedenen Bankenabteilungen. Der C(h)INO geniesst Narrenfreiheit und darf Budgets in Anspruch nehmen, ohne messbare Resultate liefern zu müssen – wenigstens für zwei bis drei Jahre. So lange brauchen eben echte Innovationen, um zur ersten Blüte zu gelangen.

4. ...jede Bank ein Standbein in Palo Alto hat

Im vergangenen Jahrhundert war eine Adresse an der Wall Street die Krönung einer Bank gewesen. Anfang dieses Jahrhunderts sind es Singapur, Hongkong und Schanghai, wo eine Bank Ableger haben sollte. Der Fintech-Hype ist auf der Höhe, wenn jede Bank die Eröffnung einer «Branch» in Palo Alto plant: Nähe zu den relevanten Märkten war für eine Bank schon immer wichtig und das Silicon Valley ist der Fintech-Hotspot. Das Karrieresprungbrett für Banker sind dann nicht mehr London oder New York, sondern Palo Alto, wo der erfolgreiche Banker eine Zeit lang als Innovationmanager oder Fintech-Scout seine Sporen abverdient.

5. ...ein Robo-Advisor unter die Top-5-Vermögensverwalter aufrückt

Computer-basierte Online-Vermögensverwalter wie Nutmeg ziehen heute schon Hunderttausende Kunden an, und selbst Fonds-Riesen wie die amerikanische Vanguard investieren stark in so genannte «Robo-Advisor». In der Schweiz befinden sich entsprechende Initiativen noch in der Start-up-Phase. Doch rückt dereinst ein automatisierter Vermögensverwalter unter die Marktführer im Schweizer Asset Management auf, bedeutet dies zwei Dinge. Entweder, das Modell des Robo-Advisor hat sich bewährt. Oder: Kunden und Investoren sind einem Hype aufgesessen. Kann sich jemand eigentlich noch an den «führenden» Browser namens Netscape erinnern?

6. ...eine Fintech-Firma eine Grossbank übernimmt

Sie halten das für abwegig? Ganz und gar nicht. Im Jahr 2000 schnappte sich das US-Medienunternehmen AOL dank seiner höheren Börsenbewertung den Giganten Time Warner, der eigentlich wesentlich mehr Aktiva auf die Waage brachte und erst noch einen grösseren Umsatz erzielte. Doch in der High-Tech-Euphorie der Jahrtausendwende galten halt andere Regeln, zumindest bis zum Crash – das überambitionierte Fusionskonstrukt kam indessen nie zum Fliegen. Heute gilt dieser Merger als Schulbeispiel, wie man es auf gar keinen Fall machen sollte.

7. ...der CEO sich seinen Bonus in Kryptowährung auszahlen lässt

Bitcoins in Ehren, aber wenn selbst der Chef Ihres Unternehmens dereinst wie selbstverständlich seinen Bonus sozusagen virtuell nach Hause trägt, dann sollten Sie sich ernsthaft Gedanken machen, ob die Branche, in der Sie arbeiten oder investiert sind, nicht allmählich überhitzt ist. Klumpenrisiken waren noch nie gut.

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