Vor fünf Jahren gründeten vier Jungbanker ein Finanzunternehmen. Nun gehen sie an die Börse. Mit EFG Financial Products haben sie noch einiges vor.

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In einer Zeit, in der die hiesige Finanzbranche vor allem für Negativ-Schlagzeilen sorgt, sind Erfolgsstorys Mangelware – und trotzdem gibt es sie. Wenn im 4. Quartal 2012 das Finanzinstitut EFG Financial Products wie beabsichtigt an die Schweizer Börse geht, dann handelt es sich dabei um eine bemerkenswerte Geschichte, die der Branche noch einige spannende Kapitel bereiten wird.

Fünf Jahre sind es her, seit sich die vier Jungbanker Jan Schoch, CEO, Michael Hartweg, stv. CEO, Sandro Dorigo, Leiter Pensionslösungen/Regionen und Lukas Ruflin, VR, stv. CEO EFG International (v.l.n.r.), die sich allesamt von früheren, teilweise gemeinsamen Arbeitgebern (Goldman Sachs, J.P. Morgan Chase, Lehman Brothers, Julius Bär) kannten, zusammentaten, um ein eigenes Unternehmen auf die Beine zu stellen.

Businessplan auf einem weissen Blatt Papier

Diesem Plan vorausgegangen war die Erkenntnis, dass damals in der Branche keine hoch professionelle Handels- und Serviceplattform für Strukturierte Produkte existierte, obwohl das Bedürfnis dafür bereits enorm war, wie sich Jan Schoch erinnert. Vor diesem Hintergrund und mit der Überzeugung, dass dafür ein enormes Potenzial besteht, skizzierten die vier Jungunternehmer im April 2007 – auf einem weissen Blatt Papier – einen Businessplan, so Michael Hartweg im Gespräch mit finews.ch.

Im Sommer des selben Jahres legten sie dann los; neben den finanziellen Investitionen aus der eigenen Tasche konnten sie die Schweizer Privatbank EFG International, wo Mitgründer Lukas Ruflin arbeitete, als Partnerin gewinnen, die sich mit etwas über 50 Prozent an dem neuen Unternehmen beteiligte.

Büros in Abstellräumen

«Die Anfänge waren turbulent», erinnert sich Schoch. Auf der Basis des erstellten Businessplans heuerte EFG Financial Products zunächst an die 30 Leute an, die in unbenutzten EFG-International-Büros, teilweise waren es auch nur Abstellräume, loslegten. Im Vergleich: Heute beschäftigt das Unternehmen weltweit mehr als 270 Personen, die Mehrheit in futuristischen Grossraum-Büros im trendigen Zürcher Hürlimann-Areal.

Tatsächlich traf EFG Financial Products von Anbeginn an auf eine grosse Nachfrage in der Finanzwelt. Denn mit ihrer hoch modernen und exklusiv entwickelten Multi-Asset-Plattform waren die Jungunternehmer in der Lage, eine Vielzahl von Strukturierten Anlageprodukten für ihre institutionellen Kunden zu designen, aber auch individuelle Anlagelösungen für Pensionskassen und Versicherungen anzubieten. Heute beliefert EFG Financial Products etwa Helvetia, Skandia und Liechtenstein Life.

White-Labelling mit Migros Bank und Basler Kantonalbank

Darüber hinaus entwickelten sie bald auch strukturierte Finanzprodukte via White-Labelling, also im Auftrag von Partnerbanken; heute die Migros Bank oder die Basler Kantonalbank. «Mit weiteren potenziellen Partnern sind wir im Gespräch», sagt Jan Schoch.

EFG Financial Products wächst auch geografisch: In der Schweiz hält das Unternehmen im Bereich kotierter Strukturierter Anlageprodukte einen Marktanteil von 21 Prozent. (Gemessen an der Anzahl börsenkotierter strukturierter Anlageprodukte, laut Scoach definiert als strukturierte Produkte exklusive Hebelprodukte). Das ist Platz zwei hinter dem Marktführer Vontobel (22 Prozent), und noch vor UBS (14 Prozent) und Credit Suisse (12 Prozent). Im letzten Jahr expandierte EFG Financial Products nach Hongkong, im vergangenen April nach Singapur, wo man auf Grund der erwiesenen Marktnachfrage den Vertrieb forcieren will.

Kapitalerhöhung geplant

Für den im 4. Quartal 2012 geplanten Börsengang mit der Leadbank Credit Suisse gibt es verschiedene Gründe, wie Michael Hartweg erklärt, etwa eine stärkere Eigenkapitalbasis, zusätzliche Mittel für Wachstumsinitiativen sowie eine grössere Unabhängigkeit. Letzteres liegt den Firmenverantwortlichen besonders am Herzen, wie es scheint. Von den neuen Besitzverhältnissen nach dem Börsengang versprechen sich Schoch und Hartweg eine grössere Flexibilität, um weitere White-Labelling-Partnerschaften einzugehen.

Aktuell hält die Privatbank EFG International 57 Prozent an ihrer Tochter. Dieses Engagement soll über die Publikumsöffnung auf nicht weniger als 20 Prozent reduziert werden. Gleichzeitig wird es eine Kapitalerhöhung geben.

Abnabelung von der Mutter

Zur Erinnerung: Hauptaktionärin der EFG International-Privatbanken-Gruppe ist über die in Genf ansässige EFG Bank European Financial Group die griechisch-schweizerische Milliardärs-Familie Latsis. Die Bank ist in der Schweiz domiziliert und wird von der schweizerischen Finanzmarktaufsicht Finma kontrolliert. Ein eigentliches Exposure in Griechenland hat EFG International nicht.

Gerade in den letzten Jahren war die enge Anlehnung an die Mutter nicht immer nur günstig, musste doch EFG International auf Grund einer überambitionierten Expansionsstrategie im Hedge-Fund-Geschäft grosse Goodwill-Abschreiber vornehmen, und anschliessend auch noch wegen der Euro- und Griechenlandkrise medial und reputationsmässig unten durch.

Der CEO John Williamson hat im Herbst 2011 eine Geschäftsüberprüfung vorgenommen und das Unternehmen aufs Private Banking refokussiert. In diesem Zusammenhang soll nun auch der Börsengang von EFG Financial Products erfolgen.

Markante Gewinnsteigerung

EFG Financial Products erzielte 2009 im Bereich Strukturierter Anlageprodukte einen Betriebsertrag von 66 Millionen Franken, das per Ende 2011 bereits bei 104 Millionen Franken Franken lag. Unter dem Strich hat sich das Unternehmen gut gehalten, der Reingewinn belief sich 2009 auf 12,3 Millionen Franken, per Ende 2011 auf 12,7 Millionen Franken – im 1. Halbjahr 2012 lag dieser Wert bereits bei 10,4 Millionen Franken.

Mit dem misslungenen Börsengang von Facebook in den USA sind Publikumsöffnungen wieder in die Kritik geraten. Vieles deutet jedoch darauf hin, dass das Going Public von EFG Financial Products da einen Kontrapunkt setzen könnte; selbst wenn die Finanzbranche noch immer an einer Vertrauenskrise laboriert.

Gründer verkaufen keine Aktien in den nächsten Jahren

Die Investmentstory, die sich die vier Jungunternehmer zu Grunde gelegt haben, macht durchaus Sinn – und, was besonders wichtig ist: Schoch, Hartweg, Dorigo und Ruflin haben sich wie die übrigen Mitarbeiter (sie halten 43 Prozent) verpflichtet, über die nächsten Jahre keine eigenen Aktien zu verkaufen. Das kann durchaus als klareres Bekenntnis zur Strategie interpretiert werden.

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