Die Marke «Schweizer Asset Management» glänzt nicht. Wie sollte sie auch: Die dominanten Nachfrager verhindern mit ihrer überholten Investmentkultur eine innovative Entwicklung.

Alles was Rang und Namen hat in der Schweizer Asset-Management-Szene pilgert am heutigen Freitag nach St. Gallen. Die HSG-Alumni veranstalten dort die dritte Runde ihrer Reihe «Zukunft Finanzplatz Schweiz» zu einem Thema, das seit 2012 die Branche bewegt: «Wie wird die Schweiz zum Asset-Management-Platz?»

Die Referenten, darunter Martin Scholl, CEO der Zürcher Kantonalbank, Christian Staub, Chef von Blackrock Schweiz oder Stefan Beiner, Anlagechef der Pensionskasse Publica, werden ihre Rezepte und Visionen verraten – und damit hat es sich wohl.

Die Umstände sprechen dagegen

Dass die Schweiz in absehbarer Zeit zum internationalen Magnet für institutionelle Vermögensverwaltung wird, ist nicht mal am entfernten Horizont auszumachen. Man braucht auch nicht sonderlich pessimistisch zu sein, um vorauszusehen, dass selbst die Bemühungen der Swiss Funds & Asset Management Association (Sfama), die im vergangenen Jahr die Federführung der Asset-Management-Initiative übernommen hat, nicht die erwünschten Resultate bringen wird.

Kurzum: Eine vielfältige Asset-Management-Kultur kann sich unter den gegebenen Umständen nicht in dem Grad entwickeln, dass sie zum internationalen Magnet wird.

Das sind die Gründe

1. Das Schweizer Asset Management wird von Grossanbietern dominiert

Die Asset-Management-Welt der Schweiz sieht grob gesagt wie folgt aus: Es gibt die grossen Schweizer Anbieter UBS, Credit Suisse und Zürcher Kantonalbank. Dann die dominanten ausländischen Anbieter wie Axa Investment Managers, Fidelity oder Allianz. Und schliesslich die amerikanischen ETF-Anbieter Blackrock (Ishares), Vanguard und State Street.

Kleinere Asset Manager, Boutiquen und Nischenanbieter brauchen angesichts dieser Konkurrenz einen sehr langen Atem, um eine kritische Grösse zu erlangen.

2. Die grossen Schweizer Anbieter sind tatsächlich nicht innovativ

Eine vielbeachtete Studie des Beratungsunternehmens zeb und des Swiss Finance Institutes (SFI) hatte vergangenes Jahr eine mangelnde Innovationskraft im Schweizer Asset Management ausgemacht.

Dies trifft sicherlich auf die dominanten Schweizer Anbieter zu, die allesamt Universalbanken sind. Dieses System, in welchem das Asset Management in erster Linie als Produkteküche und Zulieferer der eigenen Kundschaft dient, ist indessen ein Innovations-Hemmschuh. Oder anders gesagt: Ein solches System entzieht sich dem Wettbewerb und damit der marktnahen Innovation.

3. Schweizer Institutionelle trauen der heimischen Industrie wenig zu

In der Tendenz stehen die grossen Investoren der heimischen Asset-Manager-Industrie skeptisch gegenüber. «Die ganz Grossen in der Heimat trauen eher den ausländischen etablierten Häusern als lokalen jüngeren Innovatoren», beobachtet beispielsweise Philipp Weckherlin, Mitgründer der auf Quality-Investments spezialisierten Vermögensverwaltung CEAMS.

Man nennt dies auch den «IBM-Effekt». Viele Schweizer institutionelle Anleger rühren kaum je etwas «Exotisches» an, sondern vertrauen auf tradierte Kost, selbst wenn damit keine berauschenden Renditen (mehr) zu erzielen sind.

4. Es fehlt an einer wettbewerbsorientierten Investmentkultur

Das in der Schweiz dominante Universalbanken-System fördert keine innovative und wettbewerbsorientierte Investmentkultur. Dies wirkt sich auf die Nachfrageseite aus. Weil in vielen Pensionskassen es Ex-Banker sind, welche die Anlagepolitik steuern, ist entsprechend auch der Anlagestil konservativ – um nicht zu sagen, veraltet, überholt.

Oder umgekehrt erklärt: Neue wissenschaftliche Erkenntnisse dringen kaum je bis zu den Anlagekomitees. Weckherlin stellt fest, dass im angelsächsischen Raum eine innovationsfreudigere Nachfragekultur herrscht.

5. Der boomende ETF-Trend ist Ausdruck einer Angstkultur

Seit Jahren fliessen erhebliche Geldströme in passiv verwaltete Produkte, sprich Exchange Traded Funds. Eine Folge vergangener Skandale und erhöhter Wachsamkeit bei den Versicherten, die ihre Renditen einfordern.

Das mag durchaus seine Berechtigung haben. Doch im anhaltenden Tiefzins-Umfeld sind andere Rezepte gefragt. Doch diese bleiben aus. Stattdessen dominiert bei den Institutionellen vor allem ein Handlungsmuster: Rendite verschafft man sich mit dem Einsparen von Anlagekosten – mit der Folge: In vielen Portfolios dominieren renditearme Standardprodukte, die sich am Index orientieren. Diese sind zwar günstig, aber eine Outperformance ist mehr oder weniger ausgeschlossen. Fazit: Innovationen bleiben aussen vor.

6. Die Attraktivität des Heimmarktes Schweiz ist relativ

Der Schweizer Anlageexperte Rolf Banz hat mit seiner 1980 publizierten Studie zum «Grössen-Effekt» das Small- und Midcap-Aktiensegment begründet. Die Lorbeeren dafür holten sich aber Amerikaner: die US-Nobelpreisträger Eugene Fama und Kenneth French.

Rolf Banz steht für eine Schweiz, in der es an sich zahlreiche, auch bahnbrechende Asset-Management-Innovationen gab und gibt. Doch leider fallen derlei Glanzstücke in der Schweiz auf wenig fruchtbaren Boden. Sprich: Die Nachfrage konzentriert sich auf sogenannte «Commodities», also günstige Standardprodukte. Die vermeintliche Attraktivität der Schweiz als Asset-Management-Standort fusst bislang allein auf den rund 800 Milliarden Franken zu investierenden Vorsorgegeldern und der hohen Bankendichte als Vertriebskanal für Produkte.

Ernüchterndes Fazit

Daraus lässt sich unschwer folgern: Das ist nicht der Nährboden, auf dem kleinere, aber umso innovativere Asset Manager eine Weltmarkt-Position erobern und dem Finanzplatz Schweiz neue Strahlkraft verleihen können.

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