In Indien tobt eine Debatte über die Schweizer Banken. Milliarden an Schwarzgeld sollen auf Alpen-Konti liegen. Die Regierung gibt sich entschlossen.

Indiaol2Die Schweizer Banken bleiben legendär: Jetzt sind ihre gewaltigen Tresore ein Hauptthema in Indien. Im Riesenstaat kursieren gewaltige Schätzungen über die Summen, die Unternehmer, Politiker und Halbweltfiguren in der Schweiz versteckt haben sollen. Die Nachrichtenagentur ANI meldete zum Beispiel, in der Schweiz hätten die Inder mehr Schwarzgeld versteckt als die Steuerflüchtlinge aus allen anderen Länder zusammen – 1500 Milliarden Dollar.

Das Thema der «Swiss accounts» wird momentan von den Oppositionsparteien BJP und CPM (sowie von der kommunistischen CPI) intensiv beackert: Sie werfen der Unionsregierung vor, zuwenig gegen das Schwarzgeldproblem zu tun und die Steuerflüchtlinge letztlich zu decken. Ein häufiges Argument dabei: Andere Länder hätten es auch geschafft, die Namen von Bankkunden aus der Schweiz zu erhalten. Gemeint sind meist die 4450 Kunden, welche die UBS an die USA auslieferte.

Versteckspiel um LGT-Kunden

Neu lanciert wurde die Debatte einerseits durch den Auftritt von Julius-Bär-Whistleblower Rudolf Elmer in London: Im Nachklang zeigte der TV-Kanal «Headlines Today» Ausschnitte aus Elmers Datenmaterial – und diese Ausschnitte deuteten an, dass sich indische Persönlichkeiten und Unternehmen unter den Kontoinhabern der Schweizer Bank befinden sollen (mehr dazu hier). Das Enforcement Directorate (eine Spezialbehörde gegen Wirtschaftskriminalität) leitete umgehend eine Untersuchung ein.

Pranab.Mukerjee2

Angeheizt wurde das Thema zudem, weil die Regierung jüngst in den Besitz von Informationen aus dem Datenleck bei LGT gelangt ist. Doch das Finanzministerium ist nicht bereit, die Namen von indischen Kunden des Liechtensteiner Hauses zu verraten. «Die Regierung hat nichts zu verstecken», sagte Finanzminister Pranab Mukherjee (Bild) gestern am Fernsehen. «Aber Sie müssen verstehen, dass wir ohne einen rechtlichen Rahmen keine Informationen offenlegen können.» Die Namen der LGT-Kunden seien «in versiegelten Umschlägen» ans oberste Gericht weitergeleitet worden. (einen Fernsehbeitrag über Pranabs Auftritt finden Sie hier; der Beitrag der «Economic Times» finden Sie hier.)

26 konkrete LGT-Fälle würden bereits verfolgt, dabei gehe es um rund 2 Milliarden Franken an Assets – so ergänzte ein Sprecher des Finanzministeriums im Nachklang.

Mit mehreren Auftritten von Premier und Finanzminister wandte sich die Regierung in den letzten Tagen gegen den Vorwurf, zu lasch gegen die Alpen-Geldverstecke vorzugehen. Man hoffe, dass das Doppelbesteuerungsabkommen mit der Schweiz bald leichteren Zugang zu Daten eröffne, so eine Standardantwort aus Delhi. Vor allem verkündete die Regierung eine 5-Punkte-Strategie, um das Schwarzgeld-Problem in den Griff zu bekommen.

«...die schlimmsten Verbrechen gegen die Menschenrechte»

Finanzminister Pranab Mukherjee sagte am Mittwoch, dass laut Regierungsschätzungen zwischen 500 und 1400 Milliarden US-Dollar an Schwarzgeld im Ausland liegen. Eine Kommission arbeite derzeit daran, das Volumen zu beziffern.

In den indischen Medien erscheint die Schweiz regelmässig als Hort illegitimer Gelder. «Die Schweizer sind stolz auf ihr Bankgeheimnis, aber quer durch die Geschichte schützten sie damit das Geld von Mördern, Diktatoren und Leuten, welche die schlimmsten Verbrechen gegen die Menschenrechte begangen haben», kommentierte beispielsweise «The Times of India» zu Wochenbeginn. «Darf man also wirklich erwarten, dass die Preisgabe von Indiens Steuerbetrügern hier irgendwelche Priorität geniessen wird?»

Milliarden bei der UBS?

Die Schwarzgelder in der Schweiz waren schon im Wahlkampf 2009 ein grosses Thema gewesen: Die Opposition warf der Regierung von Premier Manmohan Singh damals vor, zuwenig entschlossen gegen die Kapitalflucht der Reichen vorzugehen; Singh wiederum setzte eine Kommission ein, die sich der Angelegenheit widmen sollte. Im April letzten Jahres war es in Mumbai sogar zu einer Demonstration gegen den Schweizer «Finanzterrorismus» gekommen, organisiert von diversen Parteien und NGO's.

Hasan.Ali.Khan2Besonders spektakulär ist ein Fall, der gestern von Finanzminister Mukherjee ebenfalls aufgegriffen wurde: Hasan Ali Khan (Bild) soll umgerechnet 6 Milliarden Franken in der Schweiz horten – davon den grössten Teil bei der UBS. Ali Khan zählt zu den fünf reichsten Männern Indiens, er ist Pferdezüchter und Investor; ihm wird auch Waffenhandel nachgesagt. Insgesamt vermuten Enforcement Directorate und das Income Tax Department, dass Ali Khan gegen 15 Milliarden Franken vor dem Fiskus versteckt habe; diese Summe wurde von den beiden Ämtern gestern erneut genannt.

Finanzminister Pranab Mukherjee gab zugleich bekannt, dass die Regierung eine Untersuchung wegen des Falls laufen habe. Dabei hätten auch drei Konti von Hasan Ali eingesehen werden können: Sie seien leer gewesen. Bei einem der Konti habe sich nachverfolgen lassen, dass Ali Khan 60'000 Dollar dort gehalten und später abgezogen hatte.

In Bern waren die indischen Behörden mit ihren Anträgen auf Konten-Einsicht bislang aufgelaufen: Zum einen legten sie lediglich den Vorwurf der Steuerhinterziehung vor. Kommt hinzu, dass das Bundesamt für Justiz einen Teil des vom Enforcement Directorate überstellten Dokumentenmaterials als gefälscht erachtete.

Dies wiederum dementieren die Inder: Das Finanzministerium teilte mit, die Dokumente seien echt. Es wäre «unsauber, zu behaupten, dass die indische Regierung irgendwelche Dokumente gefälscht oder solche vorgelegt habe».

«Swiss Mystery Deepens»: Die grosse Fernsehdebatte in der Sendung «Times Now» sehen Sie hier.

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.1%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    18.74%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    28.49%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9.44%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.22%
pixel