Die «Occupy»-Bewegung sei sehr ernst zu nehmen, sagt Prinz Michael von Liechtenstein. Die Banken müssten sich harten Vorwürfen stellen.

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Prinz Michael, die Banken sind mittlerweile in weiten Kreisen der Bevölkerung ein Feindbild. Daher geniessen auch die «Occupy»-Bewegungen überall auf der Welt hohen Zuspruch. Halten Sie das für legitim?

Diese Entwicklung ist durchaus ernst zu nehmen, weil sie den generellen Unmut in der Bevölkerung zum Ausdruck bringt. Der Protest gegen die Finanzbranche ist letztlich ein Ventil dafür, dass das politische System die wirtschaftlichen Probleme nicht in den Griff kriegt.

Welche Rolle spielten die Banken bei der Auslösung dieser Krise?

Die Aufblähung der Finanzbranche wurde überhaupt erst möglich durch eine laufend ausgeweitete Staatsverschuldung und ständig tieferen Zinsen. So kam immer mehr Geld in Umlauf, das durch die Banken virtuell noch vervielfacht wurde. Natürlich hat die Finanzbranche grosse Fehler gemacht. Doch es greift zu kurz, das Übel nur bei den Banken zu suchen.

Was muss nun geschehen?

Sicher ist, dass die Branche schrumpfen wird, weil deren Überdimensionierung gar keinen Sinn mehr macht. Die Zahl an Geldinstituten und entsprechend auch an Beschäftigten wird zurückgehen, weil es gar keinen so hohen Bedarf mehr gibt.

Zum Beispiel, weil es in Zukunft auch kein Offshore-Banking mehr geben wird, das auf Steuerhinterziehung beruht?

Man muss schon sehr genau definieren, was Offshore-Banking ist. Das grenzüberschreitende Geschäft, das zum Ziel hat, Steuern zu vermeiden, ist auf Grund der Veränderungen in den letzten paar Jahren tatsächlich vorbei. Das wird einige Institute zum Schrumpfen bringen.


«Die Kunden werden sich von manchen Banken abwenden»


Allerdings begrüsse ich die Abgeltungssteuer, weil damit das Fiskalproblem ein für alle Male gelöst sein kann. Das Crossborder-Banking wird allerdings weiterbestehen – mehr denn je.

Was macht Sie so sicher?

Es gibt immer noch sehr viele Menschen, die in ihrem Land ein politisches Risiko sehen und daher einen Teil ihrer Vermögenswerte anderswo haben wollen – sozusagen als «Hedge», als Absicherung gegen das politische Risiko in ihrer Heimat.

Warum wird die Zahl der Banken zudem abnehmen?

Ich spreche jetzt vom Private Banking und verallgemeinere einmal und behaupte, dass sehr viele wohlhabende Privatkunden in den letzten zwanzig Jahren mit ihren Portfolios kaum Geld verdient haben, obschon die Märkte immer wieder gestiegen sind. Das hat Konsequenzen. Die Kunden werden sich von manchen Banken abwenden.

Wie kommt es, dass die Kunden kein Geld verdient haben?

Dafür gibt es mehrere Gründe: Einer davon ist sicherlich das kurzfristige Performance-Denken, das in den letzten zehn Jahren in grossen Teilen des Bankwesens Überhand genommen hat. Man hat den Kunden ständig neue Möglichkeiten angeboten, Geld zu machen.


«Viele Kunden haben wenig bis gar nichts verdient»


Solange die Börsen gestiegen sind, hat das funktioniert. Sobald jedoch die Zeiten struber wurden, wurde «Risiko» herausgenommen und die Aktienquote gesenkt. Das geschah oftmals viel zu spät, so dass der Kunde einen neuerlichen Kursanstieg verpasste. Hinzu kamen die Strukturierten Produkte, die kaum das gehalten haben, was sie versprochen haben – ausser für die Banken.

Wie meinen Sie das?

Mit den teilweise sehr hohen Gebühren aus den Strukturierten Produkten haben manche Banken respektive Money-Managers ihre Erträge verbessert – auf Kosten der Kunden. Das ist ein harter Vorwurf, dem sich die Branche nun stellen muss.

Gerade die Kunden mit Vermögenswerten zwischen zwei und zehn Millionen Franken haben in den letzten zwei Jahrzehnten wenig bis gar nichts verdient. Das ist erst recht beschämend, weil diese Klientel letztlich das Rückgrat der klassischen Vermögensverwaltung bildet.


Prinz Michael von Liechtenstein ist Präsident des Industrie- und Finanzkontors. Dabei handelt es sich um ein Finanzinstitut mit rund 60 Beschäftigten, das auf Stiftungen und Trusts für vermögende Privatkunden und Familien spezialisiert ist.

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