Die vergangenen zehn Jahre haben sich für Anleger in den USA zweifellos ausbezahlt. Doch nicht alle Investoren haben gleichermassen profitiert.

Von Daniel White, Fondsmanager bei M&G Investments

Der US-Aktienmarkt hat seit seinem Tiefpunkt zu Finanzkrisenzeiten nach allen Massstäben eine beachtliche Erholung verzeichnet. Einige Massstäbe legen sogar nahe, dass die seit 2009 anhaltende Phase steigender Aktienkurse die längste Hausse in der amerikanischen Aktienmarktgeschichte ist.

Der Benchmark-Index S&P 500, der die 500 grössten börsennotierten US-Unternehmen umfasst, erzielt immer noch neue Allzeithöchststände. Viele Marktkommentatoren und Anleger fragen sich daher zu Recht, wie lange dieser Trend noch Bestand haben kann, und ob US-Aktien mittlerweile nicht schon überbewertet sind.

Wichtige Kennzahl

Sicherlich gibt es Teile des Marktes, die zu teuer erscheinen. Ich würde jedoch nicht so weit gehen, die aktuelle Lage am US-Aktienmarkt als «Blase» zu bezeichnen.

Einer wichtigen Kennzahl zufolge, die den Aktienkurs in Relation zum prognostizierten Gewinn je Aktie setzt, sind die S&P 500-Bewertungen derzeit weit weniger ambitioniert als während der Technologieblase Ende der 1990er-Jahre. Demzufolge würde ich die aktuelle US-Aktienmarktsituation eher als «Gummiband-Phänomen» beschreiben.

Value aus der Mode

Die letzten zehn Jahre haben sich für Anleger in den USA zweifellos ausbezahlt. Doch nicht alle Investoren haben gleichermassen profitiert.

So haben Anleger, die einen «Value»-Ansatz verfolgen – sprich sich auf Gelegenheiten eher unterbewerteter Aktien konzentrieren – im Allgemeinen nicht so gut abgeschnitten wie Investoren in Unternehmen, denen stabilere Gewinne und Wachstumsraten zugeschrieben werden. Obwohl diese «Qualitätstitel» definitionsgemäss von vornherein schon höher bewertet sind, haben ihre Aktien weiterhin stärker zugelegt als jene von Value-Unternehmen.

Risiko einer Enttäuschung

Es gibt mehrere Gründe dafür, warum die Aktienkurse von Qualitätsunternehmen weiter gestiegen sind. Zunächst einmal würde ich behaupten, dass die Anleger generell Firmen bevorzugt haben, bei denen das Risiko einer Enttäuschung oder eines Versagens augenscheinlich geringer ist. Dies überschneidet sich mit der Präferenz für Aktien, die in einer Phase sehr niedriger Zinsen beständige Erträge liefern – die sogenannten «Bond Proxies».

In jüngerer Zeit haben vor allem Technologieriesen wie Amazon und Microsoft die Kurse am US-Aktienmarkt getrieben. Diese Unternehmen, denen allgemein attraktive Perspektiven eingeräumt werden, sind als Investment sehr beliebt geworden – mit Aktienkursen, welche die Erwartung eines nachhaltigen Wachstums in der Zukunft widerspiegeln.

Höchster Stand seit 30 Jahren

Angesichts ihrer grossen Beliebtheit konnten solche höher bewerteten US-Titel noch weiter Boden gegenüber den Aktien von Unternehmen gutmachen, die zurzeit nicht so sehr in der Gunst der Anleger stehen. Mittlerweile hat die Bewertungsschere zwischen dem günstigsten und dem teuersten Ende des US-Aktienmarktes ihren höchsten Stand seit 30 Jahren erreicht.

Insofern bin ich der Ansicht, dass das «Gummiband» – diese Bewertungslücke – sehr gestreckt wirkt.

Schnappt das Gummiband zurück?

Jede Haussebewegung verliert am Ende an Schwung, wenn der Optimismus der Anleger nachlässt und die Kurse entsprechend korrigieren.

Damit möchte ich keineswegs andeuten, dass der Aktienmarkt in den USA drehen wird – mein mittelfristiger Ausblick für US-Aktien ist sogar weitgehend positiv. Es gibt allerdings viele potenzielle Herausforderungen und Unsicherheiten, die wir im Blick haben sollten. So erhöht die Notenbank in den USA (die Federal Reserve, Fed) mittlerweile die Zinsen, während Inflation und Zölle die Preise für den amerikanischen Verbraucher nach oben treiben und auf der anderen Seite die Gewinnmargen von US-Unternehmen drücken könnten.

Individuelle Vorzüge

Sollte es – aus welchem Grund auch immer – zu einem Stimmungsumschwung unter den Anlegern kommen, werden meines Erachtens die Aktien, die ambitioniert bewertet sind, anfälliger für eine Korrektur sein. Wo eine rosige Unternehmenszukunft indes nicht bereits im Aktienkurs eingepreist ist, sollte sich dieser logischerweise auch als weniger anfällig gegenüber veränderten Marktaussichten erweisen.

Welches Wertpotenzial in Aktien stecken könnte, wird von den individuellen Vorzügen eines Unternehmens abhängen. Viele Aktien sind aus gutem Grund ungeliebt, andere wiederum werden nach meinem Dafürhalten zu Unrecht gemieden. Dort, wo die Aussichten eines Unternehmens von den meisten Anlegern unterschätzt werden, ergeben sich meines Erachtens potenzielle langfristige Gelegenheiten für Value-Investoren.

Zeit für eine Denkpause

Es ist immer gut, scheinbar allgemein gültige Annahmen infrage zu stellen. So gesehen bin ich der Meinung, dass die derzeit «überdehnten» Bewertungen am US-Aktienmarkt den Anlegern Anlass zu einer Denkpause sein sollten.


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