Die Firma Solactive hat sich in der Schweiz innert kürzester Zeit einen Namen als Index-Anbieterin gemacht. Sophie Kindelbacher sagt im Interview mit finews.ch, was das Wachstumsgeheimnis ist, und warum die Schweiz im Index-Markt so wichtig ist.


Frau Kindelbacher, Solactive tritt als Index-Anbieter gegen ganz grosse Player wie Dow Jones, Stoxx oder MSCI an. Haben Sie überhaupt eine Chance gegen die Etablierten?

Mit unserem Fokus auf die Entwicklung, Berechnung und Vermarktung von Indizes können wir eine schnelle, flexible Umsetzung bieten. Im Gegenzug zu vielen Konkurrenten rechnen wir Indizes in allen Asset-Klassen  – und das für nahezu alle Handelsplätze weltweit. Wir punkten in Sachen Geschwindigkeit. Wenn es sein muss, können wir Indizes in wenigen Stunden kreieren. Diese Geschwindigkeit bei hoher Qualität hat uns in den letzten Jahren bei den am schnellsten wachsenden Anbietern positioniert.

Verstehen Sie sich als Nischenanbieter?

Das waren wir anfänglich sicherlich – und auch heute noch in grossen Teilen. Schliesslich haben wir uns zu Beginn auf Indizes fokussiert, die sich im Wesentlichen an einzelne Kunden richten. Das Herzstück unserer Firma ist daher auch unsere IT-Infrastruktur, mit der wir die individuellen Kundenwünsche umsetzen können. Dennoch entwickeln wir uns zunehmend heraus aus der Nische. So bieten wir demnächst Benchmark-Indizes im Aktien- und Anleihenbereich an – Indizes, die sich dann an alle Marktakteure richten.

In der Firmengeschichte von Solactive spielen auch Schweizer Beziehungen eine Rolle. Wie kam das?

Solactive wurde 2007 durch Steffen Scheuble im Rahmen eines Management Buyouts gegründet. Er hatte bei einer Schweizer Unternehmensberatung die Weiterentwicklung des Index-Joint-Venture mit der Börse Stuttgart verantwortet. Im Buyout war das wesentliche Asset der Kooperationsvertrag mit der Börse Stuttgart, mit der damals das Indexgeschäft gemeinsam betrieben wurde.

«So sind wir in Amerika bereits ein bedeutender Player im ETF-Markt»

Mindestens genauso wichtig ist allerdings der vollständige Erwerb des Indexgeschäfts von der Börse Stuttgart im Jahr 2009. Seit diesem Zeitpunkt betreiben wir alle Aspekte des Indexgeschäftes vollumfänglich alleine – von der Produktentwicklung bis zur Indexberechnung.

Wo ist ihre Kundenbasis?

Wir betreuen Kunden auf der ganzen Welt. Den grössten Anteil machen amerikanische Kunden aus, gefolgt von den europäischen. Der asiatische Markt spielt noch eine untergeordnete Rolle, wird aber in der Zukunft an Wichtigkeit gewinnen. Ganz interessant ist zudem, dass es in Amerika bereits mehr als 100 Exchange Traded Funds (ETF) gibt, die sich auf Indizes beziehen, die von uns berechnet werden. So sind wir in Amerika bereits ein bedeutender Player im ETF-Markt.

Sie bieten auch Schweizer Produkte an. Welche und für welche Kunden?

In der Schweiz arbeiten wir mit diversen Kunden und so mit auch unterschiedlichsten Produktarten zusammen. So rechnen wir unter anderem Rohstoff-Aktienindizes für eine Reihe von ETF für das UBS Asset Management aus, aber auch Benchmark-Indizes für Asset Manager wie 1741 Asset Management; darüber hinaus auch Indizes für Strukturierte Produkte von Vontobel, BNP und Leonteq.

«Damit können Investoren an der Öffnung Kubas partizipieren»

So haben wir kürzlich den Solactive Cuba-Focused-Caribbean-Index mit Leonteq lanciert, der Investoren an der Öffnung Kubas partizipieren lässt.

Warum ist die Schweiz ein wichtiger Markt?

Die Schweiz ist ein sehr interessanter und attraktiver Finanzplatz – vor allem auf Grund seiner breiten Basis an Kundengeldern und einer langen Tradition im Asset Management. Wir haben seit vielen Jahren enge Kundenbeziehungen zu Schweizer Banken, mit denen wir regelmässig innovative Indexideen auflegen.

Wie sieht Ihre Pipeline aus?

Ganz im Detail kann ich Ihnen diese leider nicht verraten – aber Sie können gespannt sein. Wir arbeiten gerade an diversen Projekten, die in Kürze lanciert werden. Die Bewegungen im Währungsbereich spielen dabei eine wichtige Rolle. Und die verschiedenen Technologiethemen, die wir mit unseren Partnern lanciert haben, werden wir ebenfalls weiter ausbauen.

Solactive hat sich zunächst auf Indexberechnungen für Strukturierte Produkte fokussiert – jetzt orientieren sie sich mehr an ETF. Warum?

Das kann man so nicht sagen. Beide Produkthüllen – sowohl ETF als auch Strukturierte Produkte – sind zentrale Zielgruppen für uns. Nur sind wir in den letzten Monaten im ETF-Bereich zunehmend erkennbar geworden, da sich der Markt mehr und mehr in diese Nische entwickelt.

Da bereits alle grossen Länder und Regionen abgedeckt werden, rücken nun verstärkt Themenindizes und Smart-Beta-Indizes in den Fokus. Und das ist genau unser Markt.

Als Spezialist für Indexberechnungen ist Solactive ja eigentlich ein Tech-Unternehmen. Neben den Computern: Wie gross ist die Anzahl von Mitarbeitern?

So sehen wir uns auch. Für uns gibt es zwei Arten von Indexanbietern: Die einen nennen wir Brand Manager – also Indexanbieter, die sich sehr auf ihre Marke fokussieren. Und das lassen sich diese Indexanbieter von ihren Kunden bezahlen.

«Eine Zentrale ist effizienter als mehrere Standorte»

Wir fokussieren uns mehr auf unsere IT – um langfristig günstiger Indizes berechnen zu können. Dass sich dadurch unsere Marke ebenso entwickelt, ist ein schöner Nebeneffekt. Aktuell beschäftigten wir rund 40 Personen.

Sie persönlich sind für den Schweizer Markt zuständig. Hat Solactive auch Pläne, in der Schweiz eine Niederlassung zu eröffnen?

Mit dem Sitz in Frankfurt haben wir einen Standpunkt in der Mitte Europas, so dass wir jeden wichtigen Finanzplatz in Europa in kürzester Zeit erreichen können. Daher ist es aktuell nicht geplant, weitere Standorte zu eröffnen – wir stehen auch so in sehr regem Kontakt mit unseren Kunden. Für das operative Geschäft ist es für uns wichtig, alle Personen an einem Ort zentralisiert zu haben – dies ist deutlich effizienter als mehrere Standorte.


Sophie Kindelbacher ist Leiterin Institutional Sales beim Index-Anbieter Solactive, der seinen Sitz in Frankfurt hat. Die Betriebswirtin wurde 2014 von Solactive direkt von der Goethe Universität rekrutiert, wo sie ihren Master-Abschluss in Money and Finance Science machte. Während des Studiums arbeitete sie bei Lyxor. Kindelbacher betreut für Solactive auch den Schweizer Markt.

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