Im Streit um Steuerhinterziehung in Frankreich hat die Grossbank UBS einen teuren Vergleich abgelehnt. Nun wird ein Strafverfahren eröffnet.

Immer wenn es bei der UBS in einem Rechtsstreit brenzlig wird, tritt ihr Chefjurist (General Counsel) Markus Diethelm an die Öffentlichkeit. Er stand mit seiner Argumentation schon während des Steuerstreits mit den USA im medialen Rampenlicht.

Seine Strategie zeitigte damals einigen Erfolg: Die UBS bezahlte für das «Non Prosecution Agreement» mit den USA eine Busse von 780 Millionen Dollar, womit sie glimpflich davonkam. Die UBS hatte rund 19 Milliarden Dollar an US-Offshore-Geldern verwaltet.

Fälle ohne Mediengetöse gelöst

Diethelm löste in der Folge relativ reibungslos auch Steuerdispute mit Grossbritannien (die Höhe der von der UBS bezahlten Busse ist nicht bekannt) und mit Deutschland, wofür die Grossbank 302 Millionen Euro hinblätterte. Auch die Verhandlungen mit Belgien verliefen bislang ohne Mediengetöse.

Ganz anders in Frankreich. Hier beisst Diethelm auf Granit. Zuerst zwang Frankreich die UBS zu einer Kautionszahlung von 1,1 Milliarden Euro. Und nun kommt der Fall vor ein französisches Gericht, nachdem die UBS eine von der zuständigen Behörde namens Parquet national financier (PFN) weitere 1,1 Milliarden Euro als Vergleichszahlung abgelehnt hatte.

Forderung entspricht nicht dem Marktpreis

Für Diethelm war die Forderung Grund genug, erneut an die Öffentlichkeit zu gehen. Publikumswirksam gab er der französischen Zeitung «Journal du Dimanche» ein Interview, in welchem er die Leser darauf aufmerksam macht, dass die französischen Justizbehörden groteske Forderungen stellten.

1,1 Milliarden Euro seien eine undenkbar hohe Forderung, die sowohl gegenüber den UBS-Aktionären nicht zu rechtfertigen sei als auch im Lichte der bereits in anderen Jurisdiktionen bezahlten Bussen, so Diethelm. «Das ist nicht der Marktpreis», lautet sein Fazit. Dem Chefjuristen der UBS schwebt ein Marktpreis von ungefähr 300 Millionen Euro vor, ähnlich wie in Deutschland.

Zur Schau gestellter Pessimismus

Tatsächlich ist es aussergewöhnlich, dass Firmen ihre Verhandlungspositionen und -strategien in der Öffentlichkeit debattieren. Doch «Dealmaker» Diethelm tut genau das. Das Pokerspiel trieb er im Interview sogar weiter, indem er sich «sehr pessimistisch» zeigte, dass eine aussergerichtliche Einigung mit Frankreich überhaupt noch zustande komme.

Diethelm gab somit eine Steilvorlage an Eliane Houlette, der Chefin des PFN, diesen Fall nun vor Gericht zu bringen. Damit droht ein zäher Prozess, denn die Fakten- und Beweislage gegen die UBS für ein Gerichtsverfahren ist recht unpräzise.

In der gerichtlichen Beurteilung des Steuerhinterziehungsfalles kommen nun konkrete Berechnungsgrundlagen für eine Busse zur Anwendung. Und diese könnten – theoretisch – zu einem Resultat führen, das für UBS-Aktionäre weit schmerzlicher wäre als die 1,1 Milliarden Euro.

In den Medien war bereits eine Bussenhöhe von bis zu 6 Milliarden Euro genannt worden. Diese Summe wurde auf der Basis der kolportierten Vermögen errechnet, welche die UBS von französischen Kunden verwaltete.

Der ominöse «Code 111»

Konkret geht es aber um Gelder, welche die UBS mit dem Code «111» versehen hatte. Das waren Vermögen, welche die UBS im Rahmen eines geheimen Verfahrens akquiriert haben soll.

Diethelms Trumpf: Die Höhe dieser Gelder wurde ungenau festgestellt. Sie liegt zwischen 12,2 und 23 Milliarden Euro. Zudem ist nicht klar, wie viele dieser Gelder die UBS zwischen den justiziablen Jahren 2004 bis 2012 akquiriert hat. Auch hier müssen die französischen Behörden schätzen: Sie gehen von einem Minimum von 9,7 Milliarden Euro aus, die am französischen Fiskus vorbeigeschleust wurden.

Diethelms Lächeln

Gemäss dem Berechnungsschlüssel müsste die UBS im Falle einer Verurteilung demnach mit einer Busse von bis zu 5 Milliarden Euro rechnen, so das «Journal du Dimanche». Eine Berechnung, für welche Diethelm nur ein müdes Lächeln übrig hatte, so die Zeitung weiter.

Die UBS habe ihrerseits solide Argumente im Falle eines Prozesses, behauptet der UBS-Chefjurist. Erstens gebe es keine ernsthaften Beweise gegen die UBS, da bisher kein Kunde zugegeben habe, dass er der Bank Geld im Rahmen des «111»-Programmes anvertraut habe. Damit sei eine Verantwortlichkeit der Bank schwer zu beweisen.

Höhe der Busse fällt in sich zusammen

Zweitens sei die Mehrheit der «111»-Gelder über Jahrzehnte vor 2004 akquiriert worden. Das seien Argumente, welche die Höhe der Busse in sich zusammenfallen lasse, so Diethelm.

«Die deutsche Justiz hat die Risiken eines Prozesses sehr wohl verstanden», sagte er. «Und mit ihr haben wir einen ausgeglichenen Kompromiss gefunden.» Vor Gericht einen Kompromiss zu erzielen, wird für Diethelm nun ungleich schwieriger. Er kann nur hoffen, dass die französischen Richter auch etwas «deutsch» denken.

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