In den nächsten zwei Jahren wird es zu europaweiten Fusionen in der Bankbranche kommen, sagt Philippe Bodereau von Pimco im Interview mit finews.ch. Die Schweizer Finanzinstitute sind dabei aber im Nachteil.


Herr Bodereau, die Banken haben stürmische Zeiten hinter sich. Sind die gröbsten Turbulenzen nun vorbei?

Ich denke schon. Das Unwetter dauerte lange – rund zehn Jahre. Die amerikanischen Banken sind in einer sehr guten Verfassung. Sie befinden sich wieder auf profitablen Pfaden. Die Bilanzen sind gesund, und die Kapitalrendite ist so hoch wie seit den 1960er-Jahren nicht mehr. Die Preise für Aktien haben denn auch Vorkrisen-Niveaus erreicht.

Und wie sieht das Bild bei europäischen Banken aus?

Das hängt vom jeweiligen Land ab. Die Staatsschuldenkrise hat vor allem Spanien, Irland und Italien hart getroffen. Und die Finanzinstitute haben immer noch haufenweise mit notleidenden Krediten zu kämpfen – gleichwohl hat sich die Situation überall merklich gebessert.

Selbst in Portugal und Italien stehen wir diesbezüglich an einem Wendepunkt. Die Liste der Wackelkandidaten unter den Banken ist deutlich kürzer geworden.

Insofern ist alles wieder im Butter?

Nein, europäische Finanzinstitute müssen vor allem wieder profitabler werden. Die Mehrheit der europäischen Grossbanken erwirtschaftet eine Eigenkapitalrendite zwischen drei und fünf Prozent – das ist zuwenig.

Welcher Wert wäre denn auf lange Sicht angemessen?

Zwischen acht und zwölf Prozent. Dahin zu gelangen, ist für gewisse Banken schwierig, angesichts des andauernden Tiefzinsniveaus. Eine Zinserhöhung wäre ein erstklassiger Gewinntreiber für die Finanzhäuser, so, wie wir es bei den US-Häusern beobachten.

«Investmentbanking-Einheiten weisen tiefe Bewertungen auf»

In Europa sehe ich eine Zinserhöhung aber frühestens 2020. Folglich bleiben die Margen unter Druck, und dies wiederum bremst die Profitabilität.

Wird dies die Konsolidierung beschleunigen?

Ja, aber nicht allzu stark. Es gibt im Prinzip zwei Entwicklungen: Vorerst ist mit Übernahmen in Binnenmärkten zu rechnen – insbesondere in nach wie vor stark fragmentierten Märkten wie Deutschland oder Italien.

In den kommenden zwei Jahren, werden wir auch länderübergreifende Zusammenschlüsse sehen. Solche gab es in den letzten zehn Jahren keine mehr. Die Banken haben sich aufgrund der Staatsschuldenkrise in ihre angestammten Territorien zurückgezogen. Ich glaube, heute ist die Akzeptanz paneuropäischer Champions höher.

Alternativ dazu könnten sich Banken auf ihr Kerngeschäft fokussieren und weniger rentable Bereich abspalten. Was meinen Sie dazu?

Seit ich Analyst bin, ist dies ein Thema. Die Argumente dafür liegen auf der Hand. Es stimmt, dass ein reiner Vermögensverwalter höhere Bewertungen aufweist – als eingebunden zu sein in eine Universalbank. Vor allem Investmentbanking-Einheiten weisen tiefe Bewertungen auf, teils sogar Discounts, weil sie als gefährlich, volatil und undurchsichtig gelten.

«Die Bereitschaft für Spartenverkäufe ist nicht sehr hoch»

Teil-Listings heben die tatsächliche Bewertung der Sparten hervor, die sonst in der Komplexität der Konzernstruktur untergeht. Die spanische Grossbank Santander macht dies. Auch die Credit Suisse startete einen Versuch, scheiterte aber.

Wie wahrscheinlich sind denn Spartenverkäufe?

Nicht sehr hoch. Es ist plausibel davon auszugehen, dass substanzielle Synergien zwischen dem Wealth Management und Investmentbanking bestehen.

Gerade dies bezweifeln aber gewisse Investoren.

Ich glaube durchaus an das Potential. Als Private-Banking-Kunde möchte ich bei einem Unternehmen Kunde sein, das ein breites Dienstleistungsspektrum anbietet.

«J.P. Morgan ist meine Nummer eins»

Investmentbanking-Einheiten holen Kundenmandate, weil sie stark mit dem Lending-Geschäft verbunden sind. Daher sind Abspaltungen oder ein Verkauf der Investmentbank eher unwahrscheinlich.

Auch, weil die Preise dafür sehr tief sind, und weil eine eigenständige Investmentbank zu klein ist, um zu überleben.

Welches sind Ihre favorisierten Banken – global betrachtet?

Amerikanische. Sie sind die Gewinner, insbesondere was das Investmentbanking betrifft. Hier ziehen sich die europäischen Banken bekanntlich zurück. J.P. Morgan ist meine Nummer eins. In Europa sind BNP Paribas oder Santander meine Favoriten.

Und wie steht es um die Schweizer Grossbanken?

Sich auf das Wealth Management zu konzentrieren, leuchtet ein. Allerdings sind Schweizer Banken im Investmentbanking nicht sehr kompetitiv aufgrund der strengeren regulatorischen Vorschriften der Schweizer Behörden. Die Kapitalanforderungen sind anspruchsvoller als in der EU und deutlich strenger als in den USA.


Philippe Bodereau ist Managing Director, Portfolio Manager und globaler Leiter Financial Research beim US-Vermögensverwalter Pimco. Er ist auch leitender Analyst für globale Finanzinstitute. Bevor er 2004 zum Unternehmen stiess, war er als Bankenanalyst bei der Société Générale in London und Paris tätig. Begonnen hat er seine Karriere bei J.P. Morgan. Er hat einen Masterabschluss in Finance von der französischen Business School EDHEC.

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