Kryptowährungen haben einen fundamentalen Wert, sagt Lidia Bolla, CEO des Krypto-Asset-Managers Vision& im Interview mit finews.ch.


Frau Bolla, die auf Blockchain- und Kryptoanlagen spezialisierte Vision& ist seit Anfang März 2018 operativ tätig. Wie ist das Geschäft angelaufen? 

Beim operativen Start unseres Blockchain-Vermögensverwaltungsgeschäfts war von Vorteil, dass wir uns davor im Stillen über ein halbes Jahr vollständig auf den Aufbau der Partnerschaften, rechtlichen Strukturen und Research-Kapazitäten fokussiert haben. Somit konnten wir im März einen reibungslosen Start des operativen Geschäfts sicherstellen und sind sehr zufrieden bis anhin.

Die Marktstimmung hat sich normalisiert und die Hypephase vom Dezember 2017 ist vorbei. Das gibt der Industrie die äusserst wertvolle Chance, sich zu konsolidieren, sichere Strukturen aufzubauen und angemessene Erwartungshaltungen in Bezug auf das Renditepotenzial zu entwickeln.

Wieviele Kundenvermögen verwaltet Vision& bis dato und wo liegen Ihre künftigen Wegmarken? 

Während wir die letzten Monate dem Aufbau der Strukturen gewidmet haben, fokussieren wir uns nun auf das Wachstum. Ausgehend von den aktuellen Investitionszusagen und Kundengesprächen erwarten wir einen soliden Zuwachs in den kommenden Monaten.

«Heranwachsende Generationen sehen die Schönheit von Kryptowährungen»

Die nächsten Wegmarken sind für uns die Erweiterung der Produktpallette sowie das Eingehen strategischer Partnerschaften mit traditionellen Vermögensverwaltern.

Prominente Investoren wie Warren Buffet, Mark Mobius oder Nouriel Roubini machen Front gegen Kryptowährungen. Spüren Sie das im Umgang mit Kunden?

Die Aussagen dieser Personen führen natürlich zu Fragen auf Kundenseite. Sie sind Investoren mit langjähriger Erfahrung – aber was man nicht vergessen darf – halt auch mit eigenen Agenden und eigener Generationenperspektive. Heranwachsende Generationen sehen die Schönheit von Kryptowährungen und anderen Kryptoanlagen aufgrund ihres digitalen Verständnisses. Dies einfach als junger Übermut abzutun, wäre aber fatal.

Vielmehr sollten alle Generationen versuchen, ein Verständnis für die Technologie und ihr Potenzial zu entwickeln. Denn natürlich gibt es Übertreibungen an diesem jungen Markt, aber gerade der Erfahrungsschatz etablierter Investoren wird hier enorm hilfreich sein. Anstelle vor dem zu warnen, was wir nicht verstehen: Sollten wir nicht versuchen, was wir nicht verstehen  zu erforschen?

Viele Investoren scheuen die zuletzt enormen Kursschwankungen im Bitcoin. Geht dieser Galopp weiter und wo sehen Sie den Bitcoin-Kurs Ende Jahr?

Der Galopp geht mit Sicherheit ähnlich weiter. Es handelt sich um eine junge Anlageklasse, welche nach wie vor eine sehr hohe Volatilität aufweist. Dies muss einem auch als Investor bewusst sein. Die hohe Schwankungsanfälligkeit geht mit einem überdurchschnittlichen Renditepotential einher. Wo der Bitcoin-Kurs Ende Jahr steht, weiss niemand – eine fixe Preisprognose wäre absolut unvernünftig.

«Gewisse Investoren bewegen sich im rechtsfreien Raum»

Wir gehen aber davon aus, dass 2018 ein Schlüsseljahr für die Industrie wird und erwarten eine Erholung der Märkte im zweiten Halbjahr. In den kommenden Tagen publizieren wir eine Studie, welche den aktuellen Bitcoin Preis in Perspektive setzt und das aktuelle Preislevel kritisch hinterfragt. Die Studie wird man auf unserer Website herunterladen können.

Dem Vernehmen nach haben Händler den Preis von Kryptowährungen manipuliert. Offenbar ist dies in der Branche schon länger bekannt. Wie beeinflusst das die Arbeit von Vision& beim Design der Anlageprodukte?

Anleger müssen im Kryptomarkt die gleichen Spielregeln einhalten wie in traditionellen Märkten. Gewisse Investoren haben das Gefühl, sich im rechtsfreien Raum zu bewegen. Das ist falsch.

Es gibt bestehende Regulierungen, welche analog für den Kryptomarkt gelten und Teilnehmer, welche das nicht verstehen, sollen entsprechend gebüsst werden. Nur so kann dieser Markt reifer werden. Bei der Auswahl der Anlageprodukte evaluieren wir unter anderem das Ökosystem sowie das regulatorische Risiko der Projekte. Nur wenn diese Kriterien eine zufriedenstellende Beurteilung erhalten, erfolgt eine Investition.

Analog zu Gold werfen Bitcoin & Co. keinen Zins ab. Gewinne erzielen Investoren nur, wenn der Kurs steigt. Weshalb sollen Investoren überhaupt in solche Assets investieren?

Aus denselben Gründen wieso Investoren in Rohstoffe, Gold oder Kunst investieren. Alle diese Anlagen werfen keinen Zins oder Dividenden ab und trotzdem verfügen sie über reges Investoreninteresse. Die Gründe dafür sind ganz unterschiedlich und haben oft nichts mit Spekulation zu tun – zum Beispiel Diversifikation, Absicherung in Krisenzeiten oder einfach Liebe zum Produkt.

«Viele Kryptowährungen sind keine Währungen»

Zudem muss beachtet werden, dass viele sogenannte Kryptowährungen gar keine Währungen sind und somit nicht als Währung bezeichnet werden sollten. Viele Kryptoanlagen sind direkt an unterliegende Blockchain-Protokolle geknüpft. Eine Nachfrage nach diesen Protokollen führt beispielsweise zu einer erhöhten Nachfrage nach den Kryptoanlagen und somit zu einem erklärbaren Kursanstieg. Die Aussage, dass hinter Kryptowährungen kein Fundamentalwert ist, stimmt also in vielen Fällen gar nicht.

Wie lässt sich in die Blockchain-Technologie investieren, ohne dabei die Tokens zu kaufen?

Ein möglicher Weg wäre eine Investition in kotierte Aktien von ausgewiesenen Blockchain Firmen. Solche gibt es aber noch praktisch nicht. Somit verbleiben lediglich Startups. Startups im Blockchain-Bereich finanzieren sich heute aber in der Regel via Ausgabe einer Kryptoanlage, sogenannte ICO, anstelle von Eigenkapital.

Dies hat nicht nur mit den attraktiven Kapitalbeschaffungsbedingungen zu tun, sondern auch damit, dass im gleichen Zug mit der Finanzierung auch eine Community an Nutzern und Markenbotschaftern aufgebaut wird. Somit muss ein Investor, der Zugang zur Blockchain Technologie wünscht, sich unweigerlich mit Kryptoanlagen auseinandersetzen. Da sich dieser Markt für traditionelle Investoren aber verständlicherweise oft wie der Wilde Westen anfühlt und ein hohes technisches Verständnis voraussetzt, gibt es Partner wie uns.


Lidia Bolla fungiert seit August 2017 als CEO des SRO-regulierten Vermögensverwalters Vision& mit Sitz in Zug. Davor hat sie bereits in verschiedenen Asset-Management-Rollen bei Finanzinstitutionen wie J.P. Morgan, Swiss Re, Man Investments in Zürich, London und Hongkong gearbeitet. Bolla hat an der Universität St. Gallen mit einer Spezialisierung auf Asset Management promoviert.

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