Schweizer Finanzkonzerne wie die UBS haben erst begonnen, mit Künstlicher Intelligenz zu tüfteln. Neue Datenschutz-Vorschriften könnten das Potenzial der Technologie schmälern, warnen Experten.

Wenn der Kundenberater an der Geschäftsstelle im Zürcher Bellevue nicht mehr weiter weiss, fragt er den digitalen «UBS Companion». So jedenfalls im Versuch der Grossbank am Zürcher Bellevue, über den finews.ch am vergangenen Dienstag berichtete: Ein Avatar, dem Chefökonom Daniel Kalt sein Gesicht geliehen hat, spult dort flüssig vorprogrammiertes Anlagewissen ab (siehe Bild unten). Das soll erst der Anfang sein.

Denn die grösste Schweizer Bank ist sich sicher, mit ihrem Companion an der Oberfläche der nächsten digitalen Revolution zu kratzen – jenen Umwälzungen, die der breite Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) einst mit sich bringen könnte. Die kostspielige Tüftelei hat sich die Grossbank in einer Umfrage absichern lassen. «Die Kunden wollen, dass die UBS bei dieser Entwicklung mit dabei ist», so die Bank.

Kalt2 500

Schweiz in Zugzwang

Doch wollen ist nicht dasselbe wie dürfen. Ein neues europäisches Datenschutzgesetz könnte den KI-Plänen der Grossbank noch einen dicken Strich durch die Rechnung machen. Die Rede ist von der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), die seit vergangenem Mai in der EU inkraft ist und jedes Schweizer Unternehmen mit Kunden in der EU betrifft. Hierzulande reagiert der Bund, indem er erst die Umsetzung der neuen EU-Datenschutzrichtlinie im Strafrecht vorantreibt und sich dann an die Revision des Datenschutzgesetzes macht.

finews.ch berichtete bereits über die Unwägbarkeiten, die sich mit der neuen Datenschutzrichtlinie fürs Swiss Banking ergeben. Jetzt kommt eine weitere Problematik hinzu: Das DSGVO droht digitale Initiativen bei Finanzkonzernen zu bremsen.

Geschäftsgeheimnis in Gefahr

Davor warnen jedenfalls zwei Experten beim internationalen Beratungsunternehmen Capco. «Das in der DSGVO verankerte Recht auf die Löschung von Daten entzieht KI-Anwendungen Grundlagen und macht jene Systeme damit dümmer», erklärt Wesselin Kruschev, Managing Principal bei Capco in Deutschland, zu bedenken.

Eine Herausforderung ist die Frage nach der Datenverwendung zudem für Robo-Advisor. Anbieter der Investment-Maschinen könnten sich gezwungen sehen, Einblick in die Funktion der Algorithmen und damit in ein Geschäftsgeheimnis zu geben.

Böse Vorahnung

Diese Gefahren würden nicht einfach von der Beraterbranche herbeigeredet, sondern seien durchaus ernst zu nehmen, sagt Ingo Rauser. Der Partner bei Capco Schweiz erwartet, dass mit Blick auf andere europäische Richtlinien wie etwa Mifid II die neue Regel wohl sehr strikt und mit klarem Fokus auf den Verbraucher angewendet wird. «Das lässt für die Branche Böses erahnen» so Rauser.

Zwar ist laut dem Experten nicht damit zu rechnen, dass Kunden «en masse» die Löschung von Daten oder Auskünfte über deren Verwendung verlangen werden. Trotzdem müssen die Finanzdienstleister die dazu notwendigen Vorkehrungen treffen. «Das kann Geschäftsmodelle und zukünftige Technologien wie KI beeinträchtigen», sagt Rauser – eine Ansicht, die unter KI-Spezialisten nicht unumstritten ist. So wird etwa argumentiert, dass bei den Daten ist nicht die Menge entscheidend ist, sondern die Qualität.

Kein Schlupfloch für Schweizer

Dass Schweizer Finanzdienstleister das EU-Gesetz elegant umgehen können, glaubt Rauser jedoch nicht. Bezüglich der DSGVO werde in der Schweiz noch allzu oft unterschätzt, dass die Richtlinie für alle in der EU ansässigen Firmen gilt und solche, welche Personen bedienen, die in der EU wohnhaft sind. «Dadurch habe der EU-Datenschutz einen extraterritorialen Fokus, beim dem sich kaum Schlupflöcher öffnen.»

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.53%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    18.89%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    27.99%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9.01%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.58%
pixel