Die Credit Suisse will sich verstärkt digitalisieren. Dafür strebt sie die Zusammenarbeit mit mehreren Startups an. Eines davon hat eine dramatische Vorgeschichte.

Vor kurzem ist eine weitere Runde von Kickstart Accelerator zu Ende gegangen. Das von Digitalswitzerland – dem branchenübergreifenden Verband mit über hundert Mitgliedern, der nach eigener Aussage die Position des Landes als digitaler Hub stärken will — gegründete Projekt richtet sich an Tech-Startups aus aller Welt.

Diese verbringen nach erfolgreicher Aufnahme elf Wochen in Zürich und werden von Experten und Coaches betreut. Nicht selten entschliessen sich die hinter dem Projekt stehenden Firmen zur Zusammenarbeit mit mehreren Startups.

Wie zum Beispiel die Schweizer Grossbank Credit Suisse (CS), wie Kickstart in einer Mitteilung verlauten liess. Die CS strebt Kooperationen mit einer ganzen Reihe von Startups an.

Eine lange Vorgeschichte

Jan Schoch 505

Eines sticht aus der Menge heraus: es ist das Zuger Unternehmen Altoo. Spannend an Altoo ist nicht nur das Produkt, das Wealth Ecosystem heisst und einfach gesagt eine übersichtliche Darstellung komplexer Vermögenssituationen liefern soll, sondern auch dessen Geschichte.

Verkauf nach finanzielle Schwierigkeiten

Denn die Software hinter dem Wealth Ecosystem, oder jedenfalls dessen Grundstein, wurde nicht bei Altoo  gebaut, sondern bei der Vorgängergesellschaft Flynt. Diese war von Jan Schoch (Bild oben), dem Finanzunternehmer und Mitgründer von Leonteq, gegründet worden. Er musste die Technologie aber verkaufen, nachdem er in akute finanzielle Schwierigkeiten geraten war.

Schoch scheiterte da nicht zum ersten Mal. Wenige Woche vorher musste er als CEO von Leonteq –seinem «Baby» – abtreten, nachdem er sich mit dem Verwaltungsrat überworfen hatte; unter anderem wegen seines Engagements für Flynt.

Zusammenarbeit angestrebt

Martin Stadler 500

Altoo ist da schon auf besserem Kurs. CEO Martin Stadler (Bild oben) – vorher übrigens angestellt bei Flynt – sagte nach der Gründung vergangenen Oktober gegenüber finews.ch: «Altoo unterscheidet sich insbesondere dadurch, dass wir keine Bank sind, sondern uns als reines Software-Unternehmen auf die Entwicklung der Technologie fokussieren.»

Zukunftsträchtige Plattformen für Private Banking

Das schaffe einen grösseren Spielraum bezüglich der geografischen Expansion wie auch gegenüber potenziellen Kunden. Durch die bevorstehende Zusammenarbeit mit der Credit Suisse könnte Altoo sowohl geografisch als auch an Kunden zulegen. Zusammen streben die beiden Unternehmen laut Kickstart «eine Zusammenarbeit im Bereich zukunftsträchtiger Plattformen für Private Banking» an.

Auf diese Innovationsbereiche und Startups hat die Credit Suisse auch ein Auge geworfen:

1. Cash Flow

Das schwedische Startup Asteria automatisiert Cashflow-Prognosen und hilft, den Geschäfts-Cashflow der Kunden zu verstehen und und mehr datengesteuerte Geschäftsentscheidungen zu treffen.

Mit Asteria will die CS «gemeinsam Möglichkeiten im Bereich der Cashflow-Beratung für kleine und mittlere Firmenkunden testen.»

2. Kaufverhalten

Das tschechische Startup Gauss Algorithmic nutzt interne und externe Daten um herauszufinden, warum Kunden welche Finanzprodukte kaufen und sucht und mit fortschrittlichen Analysemethoden wie machine learning weitere ähnliche Kunden.

Mit ihm will die CS «eine Analyse-Plattform testen, um das Verhalten der Kunden sowohl online als auch offline besser zu verstehen.»

3. Verträge

Das deutsche Startup Reportix hilft Unternehmen, rechtsgültige Verträge in die Blockchain-Technologie einzuspeisen, die von Menschen und Maschinen gelesen können werden.

CS und Reportix «untersuchen das Potenzial der Digitalisierung und automatisierten Verarbeitung von Dokumenten und Formularen mit Hilfe von herstellerunabhängigen Ricardian Contracts».

4. Finanznachrichten

Mithilfe von Augmented Language Intelligence und kontextbasierter Textanalyse liest und versteht die Software von Yukka Lab Finanznachrichten und nimmt so Marktstimmungen auf, die für Anlagestrategien wichtig sein können.

Mit Yukka Lab zusammen will die CS « globale Finanznachrichten aus vertrauenswürdigen Quellen mithilfe von Augmented Language und maschinellem Lernen analysieren.»

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.53%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    18.87%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    28.01%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.59%
pixel