Die Gespräche zwischen der Deutschen Bank und der Commerzbank lösen tiefe Veränderungen in der Bankenwelt aus – unabhängig vom Resultat. Auf diese Szenarien bereitet sich die Branche vor.

Die Fusionsgespräche zwischen der Deutschen Bank und der Commerzbank sorgen auch unter den Investmentbankern anderer Institute für einige Aktivität. Wie aus der Branche zu hören ist, dürfte der Abschluss der Verhandlungen eine Welle von Deals lostreten, welche die europäische Bankenlandschaft nachhaltig verändern werden.

Wie diese Veränderung aussehen werde, sei davon abhängig, ob es zu einem Schulterschluss in Deutschland komme oder nicht, so die Theorie. Sollte tatsächlich ein deutscher «Champion» entstehen, würde dies in anderen europäischen Märkten zu einer – nationalistisch motivierten – Reaktion führen.

Italiener in den Startlöchern

Um mit dem neuen Schwergewicht Deutsche Commerz mithalten zu können, wären weitere Zusammenschlüsse in anderen Ländern naheliegend. Die so entstandenen Institute hätten dann das Gewicht, um neben der neuen deutschen Grossbank der Superlative auch mit der US-Konkurrenz mithalten zu können.

Doch selbst wenn es in Deutschland nicht zu einer Grossfusion kommt, stehen Veränderungen in der europäischen Bankenlandschaft an: Die italienische Unicredit steht schon in den Startlöchern, um bei einem allfälligen Rückzug der Deutschen Bank selbst eine Übernahme der Commerzbank zu versuchen, wie die «Financial Times» (Artikel bezahlpflichtig) schrieb.

Lukratives Geschäft

Dieser Deal stünde symptomatisch für das zweite Szenario, auf das sich die Berater der Investmentbanken einschiessen: Nach jahrelangem Wehklagen über den regulatorischen Flickenteppich und den Protektionismus einzelner Länder, könnte endlich die internationale Konsolidierung ins Rollen kommen.

Eine Übernahmewelle wäre für die beteiligten Berater ein lukratives Geschäft. Wie gross die Risiken dabei allerdings sind, zeigen die Bankfusionen aus der Vergangenheit, wie die fatale Übernahme von ABN Amro durch die Royal Bank of Scotland. Dieser Zusammenschluss trug am Ende entscheidend zur Verstaatlichung der RBS bei.

Über Jahre gelähmt

Erhebliche Risiken bestehen auch bei einem strategischen Fehlentscheid – gefördert von Politikern und Regulatoren, statt fundiert durch betriebswirtschaftliche Überlegungen. Bis die Synergien einer grossen Bankenfusion zum Tragen kämen, müssten Tausende von Mitarbeitern entlassen werden, und die Firmen wären wohl über Jahre gelähmt.

Trotzdem ist man sich einig, dass Veränderungen notwendig sind. Seit der Finanzkrise ist es den europäischen Banken – die Schweizer Institute eingeschlossen – vergleichsweise schlecht ergangen.

Im Verbund erwirtschaftet die US-Konkurrenz inzwischen deutlich höhere Erträge als die Institute auf dem alten Kontinent. Ein Grund für diese Misere ist die Überkapazität: Zu viele Banken kämpfen um zu wenige Kunden.

«Size matters»

Dieses Problem sieht selbst der oberste Bankenaufseher und Währungshüter der Eurozone, Mario Draghi. Eine Konsolidierung sei dringend nötig, konstatierte er vergangene Woche an einer Medienkonferenz.

Die Banken in Europa sind ausserdem zu klein, um global mithalten zu können. Schon Anfang Januar 2019, noch bevor von der «Deutschen Commerz» die Rede war, stützte UBS-Präsident Axel Weber diese These: «Was Europa braucht, um zu den amerikanischen Firmen aufzuholen, sind europäische Champions, grössere Banken», sagte er dem TV von «Bloomberg».

Letzten Monat schloss sich auch der direkt betroffene Aufsichtsratschef der Deutschen Bank, Paul Achleitner, diesem Argument an, wie auch finews.ch berichtete: «Es schmerzt mich, mit meinen 1,68 Metern zwar, das zu sagen, aber size matters», erklärte er in Vaduz.

Wenigstens profitabler

Unabhängig davon, welches der beiden Szenarien eintrifft, die Wünsche von Achleitner, Draghi und Weber nach wettbewerbsfähigeren europäischen Instituten dürften sich erfüllen. Auch wenn es den Europäern mit ihrem wachstumsschwachen Heimatkontinent nicht gelingt, zum Gewinn der US-Konkurrenz aufzuschliessen, könnten sie so immerhin profitabler werden.

Weniger positiv sind die Aussichten für die Angestellten dieser Banken. Je nach Schätzung könnten durch ein Zusammengehen von Deutsche Bank und Commerzbank rund 30'000 Stellen wegfallen. Behalten die Investmentbanker Recht, wird sich in ganz Europa Ähnliches abspielen.

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