Der neue Chef der Genfer Privatbank Edmond de Rothschild malt ein rabenschwarzes Bild von seinem Metier. Und dabei, sagt Vincent Taupin, sei er doch kein Masochist.

Bei allen Widrigkeiten, mit denen das Schweizer Private Banking in den letzten Jahren konfrontiert war, gab es einen Lichtblick: Das Wachstum. Wer genügend Kundengelder einsammelte oder durch die Übernahme von Banken einkaufte, konnte zumindest hoffen, die sinkenden Margen mit Volumen wettzumachen.

Doch jetzt funktioniert offenbar auch dieser Kniff immer weniger, glaubt man Vincent Taupin, der seit vergangenem März die Genfer Privatbank Edmond de Rothschild führt. «Es macht keinen Sinn, Geld zu idiotischen Preisen einzuholen», sagt er zur britischen Zeitung «Financial Times». Jeder könne sagen, er habe viel Neugeld eingesammelt. «Aber wenn man nur zwei Basispunkte darauf verdient, hat das doch keinen Zweck.»

«Dann stellt man fest, dass dort gar niemand mehr arbeitet»

Taupin, der zuvor den Fondsarm der Privatbank leitete, würde zwar gerne höhere Preise verlangen. Doch stattdessen muss er den Kunden Konzessionen einräumen. «Wir diskutieren über Gebühren, ich bin ja kein Masochist», erklärte er. Allerdings gehe seine Bank nicht unter ein gewisses Preisniveau.

Misstrauisch ist der 60-jährige Franzose Taupin auch gegenüber dem Akquisitionen. Dies, obwohl dazu bis 1,5 Milliarden Franken in der Kriegskasse von Edmond de Rothschild bereit liegen.

Es sei extrem schwierig einzuschätzen, ob die Kundenbeziehungen solide genug sind, um einen Eigentümerwechsel zu überstehen. Denn sobald ein Fusion ruchbar werde, greife die Konkurrenz zum Telefon und klappere die Mitarbeitenden ab. Die sagten den Teams: «Wenn ihr zu uns kommt, zahlen wir euch diesen Betrag, plus einen höheren Bonus.» Der Effekt sei für Käufer verheerend. «Wie kann der Kauf einer Bank von Interesse sein, wenn man dann feststellt, das dort gar niemand mehr arbeitet?»

Hinter der Fassade der Abgrund

Mit der Ernennung Taupins hat das Institut letzten Frühling auch angekündigt, sich von der Schweizer Börse SIX zurückzuziehen. Dies, nachdem sich das Geldhaus, das Ende 2018 rund 128 Milliarden Franken verwaltete, umfassend reorganisiert hatte. Mit dem Rückzug von der Börse schwindet aber auch ein Stück Transparenz, das den wahren Zustand eines Unternehmens verschleiert.

Damit herrscht auch mehr Unklarheit darüber, wie es um eine Bank steht – ein Problem, das Taupin bei privat gehaltenen Instituten selber so wahrnimmt. «Wir wissen wenig darüber, wie es um diese Konkurrenten steht. Wenn sie sich nicht wandeln können, wird es schwierig für sie.»

Schwarzseher oder Realisten?

Damit klingt der Rothschild-Mann ganz ähnlich wie die Gilde der Bankberater, die seit mehreren Jahren den Niedergang der Königsdisziplin des Swiss Banking an die Wand malen. Den Beratern wird dabei gerne ein nicht ganz unneigennütziger Hang zum Pessimismus nachgesagt – doch die Wortmeldung Taupins zeigt jetzt: Vielleicht sind diese Warnungen einfach nur realistisch.

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