Die Bezahl-App Twint hat den Handel mit äusserst günstigen Sonderkonditionen gelockt, wie Recherchen von finews.ch zeigen. Dann kamen die Banken ins Spiel. Der Streit mit Online-Händlerin Digitec-Galaxus war damit vorprogrammiert.

Über Übermittlungsgebühren spricht man nicht: Das ist nicht nur ein ungeschriebenes Gesetz zwischen dem Handel und Zahlungsdienstleistern, dafür sorgen auch so genannte «Non Disclosure Agreements» in den Verträgen der beiden Seiten.

Doch in den letzten Tagen ging die Regel über Bord. Digitec-Galaxus, die Nummer zwei im Schweizer Online-Handel, verabschiedete sich lautstark von der helvetischen Bezahl-App Twint. Diese kann ihrerseits gut 2 Millionen Nutzer vorweisen. Die Begründung von Galaxus: Twint habe die Übermittlungsgebühr, welche die Online-Händlerin zu berappen hat, um ein Vielfaches anheben wollen.

Twint wiederum bezichtigte Galaxus der «Verbreitung unwahrer Informationen».

Maximal 20 Rappen

Indes, auch auf dieser Eskalationsstufe blieb die effektive Höhe der Gebühren geheim. Recherchen zeigen nun, mit welchen Sonderkonditionen Twint beim Start einst Online-Händler wie Galaxus & Co von der Integration der App überzeugen konnte. finews.ch liegt eine Präsentation aus dem Jahr 2015 vor, in der Twint – damals noch eine Tochter der Postfinance – «vorteilhafte Transaktionspreise» geltend machte.

So verlangte Twint damals 10 Rappen für eine Transaktion zwischen 10 und 100 Franken, sowie 20 Rappen für alle Beträge darüber.

Das sind gerade bei höheren Kaufsummen deutlich bessere Konditionen als die kolportierten 1 Prozent, die Kreditkarten-Anbieter im Schnitt für alle Transaktionen von den Händlern verlangen. Kein Wunder, stiegen letztere auf die Versprechungen der Twint-Vertriebsleute ein. Wie die «Sonderkonditionen» anfänglich für Galaxus aussahen, dazu will sich der Online-Händler heute nicht äussern. Seit Juni 2016 konnten Nutzer auf dem Galaxus-Onlineshop mit Twint bezahlen.

Mit dem Paymit-Zusammenschluss änderte das System

Wie es im Handel heisst, haben die Gebühren von Twint aber ab 2017 mit dem Zusammenschluss mit der UBS-App Paymit und dem Einstieg diverser Banken ins Aktionariat deutlich angezogen – etwa auf das Niveau von Kreditkarten-Gebühren.

Dazu heisst es bei Twint auf Anfrage, die Bezahl-App habe 2017 auf ein Vierparteien-System gewechselt, das aus Kreditkarten-Angeboten bekannt ist. Dort schliessen in der Regel die Acquirer – etwa Zahlungsabwickler wie SIX – die Verträge mit den Händlern. «Diese Verträge, in die Twint keinen Einblick hat, dürften sich in wettbewerbsfähigen, branchenüblichen Grössenordnungen bewegen.»

Twint fügte an: Wenn diese Bedingungen nicht fair wären, hätten bis dato kaum 7'000 Händler die App integriert.

Eine Enttäuschung

Ein Vertreter der E-Commerce-Branche berichtet allerdings von der Enttäuschung mit Twint. «Wir haben eigentlich gehofft, dass Twint das günstige Zahlungsmittel für uns wird, dank der Direktbelastung via Bankkonto. Derzeit scheint es von den Banken aber als Vehikel genutzt zu werden, um ähnliche Kommissionen einzunehmen wie die amerikanisch dominierten Kreditkarten-Schemes – mit dem zusätzlichen Vorteil, dass die Banken keine Interchange-Gebühren nach den USA abführen müssen.»

Andreas Steffes, Geschäftsführer des Dachverbands Handel Schweiz, sieht im Streit Galaxus vs. Twint vor allem ein Kräftemessen. «Die Diskussionen des Handels mit den Anbietern von Zahlungsmitteln über die Gebühren werden regelmässig geführt», sagt der Branchenvertreter. Dies sei aber letztlich ein Spiel der Marktkräfte und lasse sich so lange durchführen, wie die Interessenlage entsprechend ist. «Die zunehmende Zahl von Fintech-Lösungen wie Twint, N26 und Revolut», erwartet Steffes, «wird dazu führen wird, dass die Kosten für die Bezahllösungen sinken werden».

Kühles Kräftemessen?

Handelt es sich tatsächlich um ein kühl kalkuliertes Kräftemessen, sitzt Digitec-Galaxus womöglich am längeren Hebel. Als umsatzstärkster E-Commerce-Akteur in der Schweiz nach Zalando und mit dem Mutterhaus Migros im Rücken besitzt das Unternehmen einiges an Gewicht. Laut Kennern des Online-Handels beläuft sich hingegen der Anteil der über Twint abgewickelten Zahlungen im einstelligen Prozentbereich – allerdings mit klarer Tendenz nach oben.

Twint ist dennoch nicht zu Konzessionen bereit. «Die Gebühren sind absolut wettbewerbsfähig und branchenüblich», heisst es beim Fintech. Allerdings, ist man hüben wie drüben offen für neue Verhandlungen. Bei Twint ist ein erneuter Anschluss von Galaxus «jederzeit» denkbar.

Und auch Galaxus reicht eine Hand zur Versöhnung: «Für Verhandlungen sind wir weiterhin offen», sagt dort ein Sprecher. Vielleicht hat es sich bei der Migros-Tochter dann weniger lang «ausgetwintet» als befürchtet.

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