Die Genfer Privatbank will jedes Jahr 100 Millionen Euro in die gigantische Verwandlung von Paris investieren. Mirabaud erhält dabei Schützenhilfe von einem französischen Ex-Minister.

Wenn es um «le Grand Paris» geht, kleckert niemand. Der Fondsarm von Mirabaud unter Teilhaber Lionel Aeschlimann hat fürs gewaltige Vorhaben bereits 60 Millionen Euro bei Kunden eingesammelt. Wie die Westschweizer Tageszeitung «Le Temps» (Artikel bezahlpflichtig) nun berichtete, folgen jährlich weitere 100 Millionen Euro. Als Gesamtvolumen sind nicht weniger als 300 Millionen Euro anvisiert, die via den Grand Paris Fonds in Privatmarkt-Anlagen und Immobilien fliessen sollen.

Federführend bei den Investments ist ein Franzose mit wechselvoller Karriere: Renaud Dutreil leitet seit zwei Jahren die Privatmarkt-Investments von Mirabaud, zuvor war er für den Luxusgüter-Konzern LVMH tätig. Vor seinem Sprung in die Privatwirtschaft verfolgte er jedoch eine Politkarriere. Von 2002 bis 2007 amtete er als KMU-Minister in der Regierung des früheren französischen Präsidenten Jacques Chirac.

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Renaud Dutreil und Lionel Aeschlimann (von links) (Bild: David Wagnieres / Mirabaud)

Träume von «Greater Paris»

Damit kennt er das Projekt seit seinen Anfängen. Le Grand Paris wurde von Chiracs Nachfolger Nicolas Sarkozy persönlich im Jahr 2008 angerissen und erreicht inzwischen wahrhaft pharaonische Dimensionen: Das Aushubvolumen für die mehr als 100 Baustellen entspricht acht Cheops-Pyramiden. Ziel ist eine 130 Gemeinden umfassende Metropolregion, welche die Agglomeration der französischen Hauptstadt mit einschliesst und die Einwohnerschaft von Paris auf 7 Millionen – manche Planspiele reden von 20 Millionen – ansteigen lassen würde.

Damit rückt die Grossstadt an «Greater London» ennet des Ärmelkanals heran. Die von den Briten bereits 1965 vorgenommene Eingemeindung zählt heute gegen 9 Millionen Bewohner.

Zukunft im Untergrund

Das Mammutvorhaben hat eine politische, eine städtebauliche und eine verkehrstechnische Dimension – letztere ist mit dem «Grand Paris Express» derzeit die greifbarste und entscheidende fürs ganze Vorhaben. Dieses Projekt will die Verdoppelung der Pariser U-Bahn-Strecken um 200 Kilometer, die 68 Bahnhöfe umfassen, schlecht erschlossene Agglomerationen ins Netz holen und der Stadt ein völlig neues Mobilitäts-Konzept verschaffen soll.

Derzeit ist der Grand Paris Express aber vor allem eine Grossbaustelle. Das Budget für die Umsetzung klettert fast im Jahrestakt und hat inzwischen die 40-Milliarden-Euro-Grenze erreicht. Hinzu kommen Verzögerungen: Sollten erste Teile des Netzes bereits 2019 öffnen, wurde jener Termin auf 2024 verschoben. Vorderhand festgehalten wird an der geplanten Fertigstellung im Jahr 2030.

Nicht ohne Nebengeräusche

Aufs Engste mit dem neuen Métro-Netz verbunden sind auch die Pläne von Mirabaud. Für Kunden will das Institut in die Transformation von Liegenschaften im Umkreis von 800 Metern der neuen Bahnhöfe investieren, wobei mit grossen Immobilienentwicklern zusammengearbeitet wird. Das Geld fliesst in Wohngebäude-Projekte, in den Umbau von früheren Fabrikgebäuden in Wohn- oder Büroimmobilien, und in den Bau sowie die Renovierung von Büroflächen. Der Schwerpunkt liegt auf nachhaltigen, energiesparenden Wohnformen – und angestrebt wird eine Rendite von 10 Prozent.

An den Investments hängt auch bei Mirabaud einiges: Die Privatbank hat ein schwieriges Jahr 2019 hinter sich, viel Hoffnung ruht auf dem Asset Management und seinen neuen Fondsprojekten.

Trotz der schönen Zukunftsvision eines «grünen» Metropolraums sorgt Grand Paris auch für Nebengeräusche. Die zahlreichen Baustellen im dichtbesiedelten Raum sorgen teils für laute Kritik. Nicht wenige Stimmen warnen vor einer Zubetonierung von Stadt und Agglomeration.

Corona funkt hinein

Inzwischen funkt auch die Coronakrise hinein. Die Anforderungen an Büroräume haben sich in den letzten Monaten grundlegend verändert. Jetzt gilt es, zahlreiche Bauprojekte zu überarbeiten, wie Dutreil gegenüber «Le Temps» erklärte.

Vorderhand wird am Paris der Superlative als «antizyklisches» Vorhaben in Zeiten von Corona festgehalten. Und die galoppierende Staatsverschuldung in Frankreich könnte bedeuten, dass künftig die Gelder von Investoren wie Mirabaud in Paris erst recht willkommen sind.

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