Seit Beginn des Ukraine-Krieges haben die Kurse von europäischen Bankaktien teils steil nach unten gezeigt. Eine besondere Rolle bei diesem Absturz hat offenbar ein Fondsprofi gespielt.

Ein einziger Portfolio-Manager des amerikanischen Fondsriesen Capital Group soll den jüngsten Ausverkauf bei europäischer Bankaktien ausgelöst haben. Nick Grace (Bild unten), ein bekannter Veteran des Asset Management, verkaufte offenbar Titel im Gegenwert von 8 Milliarden Euro, wie die britische Zeitung «Financial Times» (Artikel bezahlpflichtig) mit Verweis auf anonyme Quellen berichtete.

Capital Group ist auch in der Schweiz aktiv und mit einem Vermögen von 2,7 Billionen Dollar einer der grösste Branchenakteure überhaupt. Bis vor kurzem sei das Unternehmen zudem einer der wenigen aktiven Investoren gewesen, die auf europäische Bankaktien gesetzt hatten.

Auch bei der UBS zugekauft

Nach einem Jahrzehnt niedriger Rentabilität, Skandalen und Marktanteilsverlusten im Zuge der Umstrukturierung nach der Finanzkrise waren Bank-Aktien wenig gefragt.

Doch Grace entschied, gegen den Strom zu schwimmen. So hat er in den vergangenen Jahren begonnen, grosse Beteiligungen an Kreditinstituten wie Barclays, Deutsche Bank, Commerzbank, Société Générale, Unicredit, Santander, BNP Paribas und auch an der Schweizer Grossbank UBS aufzubauen. Damit hat er auf auf die viel diskutierte Konsolidierungs-Welle im europäischen Banksektor gewettet.

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(Bild: Capital Group)

Doch die Angst vor steigender Inflation und sinkendem Wachstum, ausgelöst durch den Einmarsch Russlands in der Ukraine, habe Grace und einige seiner Kollegen von Capital dazu veranlasst, in den vergangenen Monaten Aktien dieser Banken im Wert von 8,1 Milliarden Euro zu verkaufen, schreibt die Zeitung nun. Damit haben sie möglicherweise eine Herdenbewegung ausgelöst.

Vor grösseren Schäden bewahren

Seit dem 11. Februar sind die europäischen Benchmark-Indizes Stoxx und FTSE Bank um 20 Prozent respektive. 14 Prozent gefallen. Grace, der seit 32 Jahren für Capital arbeitet und der den 160 Milliarden-Dollar-schweren Euro Pacific Growth-Fonds mitverwaltet, habe dabei Verluste in Kauf genommen, um die Capital Group vor grösseren Schäden zu bewahren, heisst es weiter.

Als Grace nach Beginn der Invasion begann zu verkaufen, seien ihm viele seiner Portfoliokollegen mit ähnlichen Positionen gefolgt.

Von Verlusten erholt

Von den Titeln in Graces Portfoloio haben Barclays, ING, Unicredit, Santander, BNP Paribas und Deutsche Bank seit Jahresbeginn am meisten abgegeben. Die Aktien von Commerzbank und UBS konnten sich gut halten.

Aktuell notieren die UBS-Namen wieder bei 17.54 Franken, nachdem der Kurs Anfang März noch einem Einbruch bis auf 13.10 Franken gesehen hatte. Die von Skandalen und schlechten Zahlen geplagte Konkurrentin Credit Suisse musste seit Jahresbeginn einen Kursrückgang um gut einen Viertel hinnehmen und handelt an der Börse nun bei rund 6.70 Franken.

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