Bei der Notenbank der Notenbanken ist man besorgt. Chefökonom Claudio Borio mahnt bei der BIZ, dass der Kampf gegen die Inflation eine Gratwanderung sei. 

In ihrem Jahresbericht erklärt die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ), dass die Weltwirtschaft Gefahr läuft, in eine neue Ära hoher Inflation einzutreten. Die Gefahr einer Stagflation sei gross. Dies, da eine Kombination aus anhaltenden Störungen durch die Pandemie, den Krieg in der Ukraine, steigende Rohstoffpreise und finanzielle Anfälligkeiten die Aussichten trübe.

Die in Basel domizilierte BIZ sieht die Priorität der Zentralbanken darin, eine niedrige und stabile Inflation wiederherzustellen. Dabei sollten die Notenbanker versuchen, die Auswirkungen auf die Wirtschaftsaktivität so gering wie möglich zu halten und so die Finanzstabilität zu wahren. Eine solche «sanfte Landung» war in der Vergangenheit schwierig, und die heutigen Ausgangsbedingungen machen dies zu einer Herausforderung, warnt der Dachverband der Notenbanken.

Beispielslose Situation

Hohe Verschuldung und überbewertete Vermögenspreise erschweren die Aufgabe der Notenbanken und vergrössern das Risiko einer Finanzkrise. In einem Interview mit dem «Handelsblatt» (Artikel bezahlpflichtig) erklärt Claudio Borio (Bild unten), Chef der Währungs- und Wirtschaftsabteilung: «Wir haben es mit einer seit dem Zweiten Weltkrieg beispiellosen Situation zu tun. Es ist eine Kombination aus hoher Inflation, die eine Straffung der Geldpolitik erfordert, und Verwundbarkeiten im Finanzsystem, wie etwa der sehr hohen Verschuldung und jahrelang stark gestiegenen Immobilienpreisen.»

Weiter erklärt der BIZ-Chefsvolkswirt: «In der Vergangenheit gab es Phasen hoher Inflation wie in den Siebzigerjahren, die zu Rezessionen geführt haben, und es gab Krisen im Finanzsystem, die die gleiche Wirkung hatten. Aber dass beides gleichzeitig stattfand, gab es nicht.»

Borio 500

(Bild: BIZ)

Keine Kopie der Siebzigerjahre

Angesprochen darauf, ob er eine Möglichkeit sehe, die Inflation zu senken, ohne eine Rezession auszulösen, befindet Borio: «Das ist ein schmaler Grat. Es hängt sehr stark von landesspezifischen Gegebenheiten ab.» In den USA sei die Inflation hauptsächlich auf eine sehr starke Nachfrage und Konjunktur zurückzuführen. Die Eurozone und Grossbritannien hingegen seien stark von Energie- und Rohstoffimporten abhängig. Das bedeute, dass die Preissteigerungen dort zu einem grossen Einkommensverlust führe, was das Wachstum dämpfe.

Droht nun also eine Kopie der Stagflation im Stil der 1970er-Jahre? «Die Situation ist nicht dieselbe. Die Volkswirtschaften sind weniger abhängig von Öl als in der Vergangenheit, der Inflationsschock ist geringer», sagt Borio. Die Zentralbanken seien sich bewusster, was sie tun müssten. Aber die Bedingungen seien sehr schwierig. «Es ist ein schmaler Grat», kommentiert er.

Noch mehr Schelte für Krypto

Zur Verschuldung des öffentlichen Sektors, die auf dem höchsten Stand seit dem Zweiten Weltkrieg liegt, meint der BIZ-Chefökonom: «Wenn die Zinsen wieder auf das Niveau von Mitte der 1990er-Jahre steigen würden, was ein vernünftiges Niveau war, dann würden die Lasten für den Schuldendienst auf einen historischen Höchststand steigen. Die Regierungen werden also die Zinserhöhungen der Zentralbanken spüren.»

In der vergangenen Woche hatte die BIZ vorweg bereits ein Sonderkapitel aus ihrem Jahresbericht veröffentlicht. Dabei machte der Dachverband der Notenbanken unmissverständlich klar, dass er die Zukunft des Geldwesens in digitalem Zentralbankgeld (CBDC) sieht – und nicht in Krypto-Währungen wie Bitcoin & Co. 

«So dramatisch die jüngsten Preiseinbrüche auch waren, die Konzentration auf die Preisentwicklung allein lenkt die Aufmerksamkeit von den tieferen strukturellen Mängeln der Krypto-Währungen ab, die sie als Grundlage für ein der Gesellschaft dienendes Geldsystem ungeeignet machen», urteilte die BIZ.

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