Die traditionsreiche Bank Linth muss sich nach der vollständigen Integration in die Liechtensteinische Landesbank als «Regionalbank Plus» neu erfinden, ohne die regionale Identität zu opfern. Welche Freiräume ihr dabei noch bleiben, dürfte sich bald zeigen.

Bei der Bank Linth geht ein wichtiges Kapitel zu Ende, wenn voraussichtlich Ende Jahr die Dekotierung abgeschlossen ist. Mit dem Rückzug von der Schweizer Börse SIX wird die Ostschweizer Regionalbank dann definitiv zu einer 100-prozentigen Tochter der Liechtensteinischen Landesbank (LLB), die am (heutigen) Mittwoch zum ersten Halbjahr 2022 berichtete.

Symbolträchtig ist diese Zäsur, weil die Bank Linth künftig keine eigenen Generalversammlungen mehr ausrichten wird, an der jährlich jeweils rund 1'200 Aktionären Kalberwurst serviert wurde.

Ambivalente Identität

Die vollständige Integration wird für das im Jahr 1848 gegründeten Traditionshauses noch weitaus tiefgreifendere Umwälzungen mit sich bringen. Mit der Reduktion auf einen einzigen Eigentümer wird die Universalbank wohl enger geführt und sich in einem strafferen Verbund neu orientieren müssen. 

Dabei dürften die Eigentümer aus Liechtenstein, die sich die Aufstockung der Beteiligung an der Bank Linth von 75 auf 100 Prozent immerhin rund 120 Millionen Franken kosten lassen, sich kaum mit einmaligen Kostenvorteilen zufriedengeben. Dies, zumal diese mit der Dekotierung schon weitgehend ausgeschöpft scheinen. Es würde nicht überraschen, wenn die neu formierte LLB-Gruppe eine forschere Gangart einschlägt.

Stärkeres Ausgreifen in der Schweiz

Bereits zur Debatte steht ein stärkeres Ausgreifen in den Schweizer Markt. Hinter den Kulissen dürften jetzt die Pläne für diesen nächsten logischen Schritt geschmiedet werden. Die Gretchenfrage wird für die Bank Linth sein, das angepeilte Wachstum zu realisieren, ohne dabei die eigenen Wurzeln und die regionale Identität zu verlieren.

In einem Wachstumsszenario scheint ein weiterer Ausbau der regionalen Präsenz wahrscheinlich, hat die Bank unter ihrem CEO David Sarasin in den letzten Jahren doch erfolgreich in die stark wachsenden Regionen Winterthur und Thurgau expandiert.

Offenes Ohr in Vaduz?

Nicht verwundern würde ausserdem, wenn die klassischen Filialen weiter zu Beratungs-Center mit hybriden Angeboten umgebaut werden. Denn: Kundennähe muss sich nicht mehr zwangsläufig über den Kanal einer Bankfiliale ausdrücken, sondern kann mit der geeigneten Technologie etwa in einer Kombination aus telefonischer und persönlicher Beratung erfolgen.

Mit dem engeren Schulterschluss können aber auch neue Stolpersteine auftauchen, die etwa von den Besonderheiten der beiden Heimmärkte herrühren. Ein Beispiel dazu war am Rande der der vielleicht letzten eigenständig abgehaltenen Medienkonferenz der Bank Linth zu erfahren. Falls die Bank Linth für Ihre Kunden im Zahlungsverkehr künftig die Nutzung von Twint anbieten und dazu auf die IT-Kompetenz des Liechtensteiner Mutterhaus zurückgreifen möchte, wäre zunächst mit einem Achselzucken zu rechnen. Denn in im Land Liechtenstein wird Twint überhaupt nicht eingesetzt, eine vorgefertigte Anwendung existiert nicht.

Mehr noch: die LLB hat auf der Höhe der Coronakrise mit Lipay eine eigene Bezahlapp für das «Ländle» lanciert.

Integration unter anderen Vorzeichen

Mit der Vollübernahme findet eine Entwicklung ihren Abschluss, die im Jahr 2006 unter anderen Vorzeichen begonnen hatte. In einer Bieterschlacht versuchte damals die die Glarner Kantonalbank einen «Unfriendly takeover» der Bank Linth, bevor die LLB als sogenannter weisser Ritter auftauchte.

Nun wird die Bank Linth letztlich doch noch von einer anderen Bank vollständig geschluckt. Die Perspektiven für eine gedeihliche Entwicklung sind aber in diesem Verbund intakt. Der wechselvollen Geschichte der Bank kann ein neues Kapitel hinzugefügt werden.

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