Nämlich?

Sie gehen ein Jahr lang segeln, dann wird es ihnen langweilig, so dass sie ein neues Investment suchen und wieder von vorn anfangen – und häufig dann viel Geld verlieren. Das brauche ich nicht. Sicher werde ich irgendwann in den Verwaltungsrat wechseln und die operative Leitung abgeben. Doch dieser Zeitpunkt ist noch gekommen, solange ich mag, mach’ ich weiter. Ich habe auch einen Sohn, der ins Bankgeschäft einsteigen will. Er ist jetzt 16 und interessiert sich.

Wie halten Sie es mit der Digitalisierung?

Natürlich ist sie auch für uns wichtig, und zwar so, dass sie unsere Partner entlastet, damit diese mehr Zeit für ihre Kunden haben. Unser Fokus liegt auf unserem neuen CRM-System, das wir im Januar ausrollen werden. Dieses Tool konsolidiert im Prinzip alle Geschäftsprozesse, also von der Administration, über die Compliance, das Portfolio-Management bis hin zu den Schnittstellen (bei mehr als 50 Banken).

«Unsere Quant-Modelle liefern uns bereits automatisierte Anlagestrategien»

Die Einführung ist eine Herkules-Aufgabe, für die wir unseren IT-Chef mehr als ein Jahr freigestellt haben. Das Tool wurde vollumfänglich auf unsere Bedürfnisse hin entwickelt. Der nächste Schritt wird sein, dass die Kunden unserer Partnergesellschaften auf konsolidierter Basis ihr Portefeuille konsultieren und jederzeit mit ihrem Berater kommunizieren können.

Das ist Digitalisierung, primär getrieben durch die Regulierung, sozusagen als Unterstützung von Abläufen und Prozessen, und weniger als ein Hype in neue Dimensionen.

Zum Hype tragen auch die diversen Robo-Advisors bei.

Unsere Quant-Modelle liefern uns bereits automatisierte Anlagestrategien – zur Unterstützung der Berater. Robo-Advisors mögen Sinn machen für Retail-Kunden, aber sobald zusätzliche Bedürfnisse bestehen, etwa Steuerberatung oder Vermögenswerte zu konsolidieren, die in verschiedenen Ländern liegen oder Vorsorgefragen auftauchen, dann reicht ein Robo-Advisor nicht. Dann braucht es die Kompetenzen eines Vermögensverwalters, der wie ein Generalunternehmer agiert. Ich könnte mir vorstellen, dass die Aquila-Gruppe in diesem Bereich noch mehr Know-how hinzukauft.

Sie engagieren sich persönlich in der Lobby-Organisation Alliance Finance, die zum Ziel hat, attraktive Rahmenbedingungen für kleinere Akteure auf dem Schweizer Finanzplatz zu erhalten. Wie sehen Sie diese Perspektiven?

Es fand bereits eine grosse Bereinigung statt, deren Ausmass aber erst jetzt zum Vorschein kommt. Über die vergangenen zehn Jahre dürfte der Finanzplatz etwa 50 Prozent an Vermögenswerten verloren haben, und die Anzahl Kunden wird weiter schrumpfen.

Was läuft schief?

Die Schweiz profiliert sich nach meinem Geschmack allzu sehr als Musterknabe der OECD und der EU. Wir sind immer die Ersten, die Gesetze unterschreiben und umsetzen, alle anderen unterschrieben zwar auch, doch sie setzen dann nicht um. Das wird uns noch erheblich schaden.

Können Sie da etwas konkreter werden?

Den Automatischen Informationsaustausch (AIA) beispielsweise hat die Schweiz relativ rasch umgesetzt. Doch muss man – ohne unter Druck zu sein – mit Ländern ein Abkommen vereinbaren, bei denen man weiss, dass die Kundendaten nicht eigentlich dem jeweiligen Staat zugeführt werden, sondern irgendwelchen korrupten Beamten, die diese Daten dann skrupellos monetarisieren?

«Unser Parlament besteht fast aus einer Mehrheit an EU-freundlichen Politikern»

Noch immer haben viele vermögende Leute ihr Geld in der Schweiz, weil das Eigentum hier sicher ist. Zumindest war dies bis jetzt der Fall. Doch wenn künftig ausländische Beamte aufgrund des AIA wissen, wer wie viel Vermögen in der Schweiz hat, wird das unserem Land schaden. Hier bräuchte es mehr Sensibilität.

Inwiefern?

In Bern hat man offenbar das Gefühl, man könne international nur mitreden, wenn man sich in vorauseilendem Gehorsam übe. Ausserdem besteht unser Parlament mittlerweile fast aus einer Mehrheit an EU-freundlichen Politikern. Dem sollte man entgegenhalten, auch in Bezug auf weitere Regulierungsschritte.

«Früher oder später wird man realisieren, dass man zu weit gegangenen ist»

Wir sollten mehr auf unsere Vorteile schauen und uns so positionieren, dass der Wettbewerb für uns wieder einfacher wird mit dem Ausland. Nirgends auf der Welt muss ein Kunde eine Steuererklärung vorlegen, wenn er ein Konto eröffnen will, bloss in der Schweiz. Früher oder später wird man realisieren, dass man zu weit gegangenen ist.

Wie kommen Sie darauf?

Ich hatte unlängst bei einem Kleinbanken-Treffen mit der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht dieses Gefühl. Finma-Chef Mark Branson gab sehr positive Statements ab, wonach die Behörde kleinere Banken künftig anders behandeln will als die grossen. Sie sollen von Auflagen befreit werden, bei denen es Sinn macht, etwa bei der Berechnung der Liquiditäts- und Leverage-Ratios. Hat man eine saubere Bilanz und hält sich von gewissen Geschäften fern, soll man künftig auch vom Meldeverfahren befreit werden.

«Nirgends ist es besser, wenn man alle diese Faktoren zusammenrechnet»

Wird das alles realisiert, so ist das ein grosser Schritt für den Finanzplatz. Ich habe den Eindruck, die Finma begreift, was auf dem Spiel steht. Das führt zu etwas Hoffnung, zumal es kein anderes Land auf der Welt gibt, in dem die Ausgangslage für einen Finanzplatz besser ist.

Wir haben weniger politisches Chaos, mehr Ordnung, eine starke Währung, einen globalen Investmentansatz, sichere IT und stabile Rahmenbedingungen, die für Ausländer extrem attraktiv sind. Nirgends ist es besser, wenn man alle diese Faktoren zusammenrechnet. Darum sollte es auch möglich sein, neue Vermögen anzuziehen. Wer, wenn nicht wir, sollte das sonst schaffen?


Max Cotting ist Gründer und CEO der Aquila & Co. Der Bankfachmann mit Zusatzausbildung in New York hat eine lange Karriere im Private Banking hinter sich. Er war Vorsitzender der zur Credit Suisse gehörenden Privatbank Heusser und nach deren Integration in die Zürcher Clariden Bank Mitglied der Clariden-Geschäftsleitung. Seine im Jahre 2000 gegründete Firma Aquila ist eine Plattform für unabhängige Vermögensverwalter, der aktuell 64 Partnergesellschaften angehören. Sie übernimmt für diese Firmen Management-, Koordinations- und Kontrollfunktionen wahr und erbringt zentrale Dienstleistungen. Seit 2005 besitzt das Unternehmen den Status eines Effektenhändlers und seit 2012 eine Banklizenz.

 

 

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