«Tue Gutes und verdiene daran» ist die Neuauflage von dem, was früher Entwicklungshilfe genannt wurde. Banken, Superreiche und Politiker verfolgen so das hehre Ziel, die Welt zum Guten zu verändern. Ist dieser Antrieb echt?

Billionen von nach dem Giesskannen-Prinzip verteilten Dollar sind als Entwicklungshilfe über Jahrzehnte hinweg mehrheitlich nutzlos versickert oder in den Taschen mächtiger Polit-Clans in armen Ländern gelandet.

Inzwischen hat ein Umdenken stattgefunden: Entwicklungshilfe wird als Impact Investing bezeichnet, die UNO sucht zur Erreichung ihrer Entwicklungsziele Billionen von Dollar aus dem Privatsektor und stützt sich dabei auf die Finanzindustrie. Philanthropen streben mit ihren Engagements mindestens eine soziale Rendite an.

Einfach Win-win

«Tue Gutes und verdiene daran» gilt als die Lösung, mit marktwirtschaftlichen Instrumenten benachteiligten Gesellschaften, ihren Kindern und der Umwelt zu helfen. Oder einfach: Win-win.

Anand Giridharas (Bild unten) nennt dieses neue Credo des Entwicklungskapitalismus in seinem Buch «Winners Take All: The Elite Charade of Changing the World» die Marketworld: Die Welt als Ort, an dem jedes Problem vom Markt gelöst werden kann.

Geben und oben bleiben

Der US-Autor und «Times»-Journalist entlarvt dies in seinem Buch als Scharade der Eliten. Das sogenannte Marketworld-Ethos erlaube den Gebern, die Bedingungen einer Entwicklung zu bestimmen und gleichzeitig an der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Spitze zu verbleiben.

Giridharada

Ein Beispiel, wie die Marketworld funktioniert: Ein grosses Tech-Unternehmen spendet Tausende von Computern an Schulen. Gleichzeitig gibt es Millionen für Lobbying aus, um die Unternehmenssteuern zu senken. Dabei würde ein vernünftiger Steuersatz der Allgemeinheit viel mehr nützen als die gespendeten Computer.

Der Konferenzkreislauf zur Selbstbestätigung

In Giridharas Buch bekommt so mancher sein Fett weg. Die US-Bank Goldman Sachs beispielsweise, die eine Initiative gestartet hat, um 10'000 Frauen in ihrem Unternehmertum zu unterstützen. «Wenn Goldman Sachs Frauen wirklich so gerne mag, hätte die Bank nicht das getan, was sie in der Finanzkrise tat und damit weit über 10'000 Frauen geschädigt hat», sagt Giridharas gegenüber dem US-Magazin «Fortune».

Seine Liste der Täter und Mittäter ist lang. Sie schliesst die sogenannten Vordenker ein, die für hohe Gagen von Konferenz zu Konferenz fliegen. Oder Philanthropen und Impact Investoren, die für ihre guten Taten das Wohlwollen der Empfänger erwarten, auch wenn diese gar nicht gefragt worden sind, wie man ihnen denn helfen kann.

Giridhara sieht in dem von ihm benannten «TED, Davos und Aspen Konferenzenkreislauf» und seinen Mitläufern ein System, in welchem sich jeder die Bestätigung für die eigene Wahrnehmung als Wohltäter abholt.

Die frommen Tech-Leader

Die Schlimmsten unter ihnen seien die frommen Tech-Leader aus dem Silicon Valley, weil diese Idealismus predigten, dabei aber pure Macht ausübten. Der 37-jährige Autor weiss, wovon er schreibt – er gehört zum inneren Kreis dieses Clubs. Er hat an der Harvard University studiert, war ein Henry Crown Fellow am Aspen Institute, ist an TED-Runden aufgetreten, war Berater bei McKinsey.

Seine Kritik richte sich nicht per se an Menschen, welche mit ihrem Geld die Welt verbessern wollten, sagt er. Sein Thema sind die Reichen, die Einflussreichen und die Konzerne, die mit ihrem Geld deutlich mehr erreichen könnten, wenn sie tatsächlich so selbstlos wären, wie sie vorgeben.

Vordenker und ihre Privatjets und Superyachten

Eliten, sagt Giridharada, setzten sich für die gute Sache ein, wenn das Resultat Win-win sei. Sobald sie mehr Steuern zahlen, sie und ihr Lebensstil unter der eigenen Wohltätigkeit leiden müssten, würden sie davon absehen.

Man erinnert sich an die Medienberichte in diesem Sommer über die von Google organisierte Konferenz auf Sizilien, zu der globale Vordenker eingeladen waren, über Lösungen des Klimaproblems zu sinnieren. Diese Vordenker reisten zu Hunderten mit ihren Privatjets und Superyachten an.

Giradharadas unbequeme Wahrheit ist, dass die grössten gesellschaftlichen und ökologischen Probleme nur gelöst werden können, wenn manche Menschen Verzicht üben müssten. Aber solche Lösungsvorschläge würden bei den Privilegierten nicht gerade auf fruchtbaren Boden fallen, so der Autor.

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