Den Grossteil seiner Karriere absolvierte Marco Bizzozero bei Grossbanken. Seit kurzem ist er an einem Wachstumsunternehmen beteiligt. Das hat seine Wahrnehmung erheblich verändert, wie er im Gespräch mit finews.ch sagt.

Für ihn sei es eine Rückkehr zu den Wurzeln, sagt Marco Bizzozero gegenüber finews.ch. Der Tessiner Banker arbeitete zu Beginn seiner Karriere im Private-Equity-Geschäft der UBS und der LGT Capital Partners. Später, als er bereits bei der Deutschen Bank in der Vermögensverwaltung tätig war, verkaufte der deutsche Konzern sein Private-Equity-Geschäft an die US-Firma iCapital Network.

Ebendiese iCapital Network war es auch, die ihn im vergangenen Jahr kontaktierte, weil sie jemanden suchte, der die internationale Expansion vorantreiben sollte. Bizzozero, der zu dem Zeitpunkt noch das Wealth-Management-Geschäft der italienischen Unicredit leitete, musste sich das Angebot nicht lange überlegen. Im Dezember 2020 wechselte er zur amerikanischen Firma und fand so zu seiner einstigen Passion Private Equity zurück, wie auch finews.ch berichtete.

Im Prinzip ein Fintech

Besonders einfach gestaltete sich der Einstand logischerweise nicht, angesichts der Corona-Pandemie. Doch Bizzozero liess sich davon nicht beeindrucken, war er doch vom Geschäftsmodell des aufstrebenden Unternehmens überzeugt. Die 2013 gegründete Firma iCapital Network ist im Prinzip ein Fintech. Mit seiner digitalen Plattform bringt es Asset Manager, also Anbieter von Private-Equity- und anderen alternativen Investment-Fonds, mit Banken, Vermögensverwaltern und Family Offices zusammen, die solche Finanzprodukte an ihre Kundschaft verkaufen.

Unter den Begriffen Private Equity, Private Markets oder auch Alternative Investments lassen sich Anlagen in nicht-kotierte Unternehmen subsummieren. Und diese Finanzinvestitionen erfreuen sich seit einigen Jahren einer wachsenden Popularität unter Anlegern. Zum einen, weil die Zinsen noch für längere Zeit sehr tief bleiben werden, so dass Anleihen etwa nur wenig Rendite abwerfen, und zum andern die bereits sehr hohen Bewertungen an den Aktienbörsen viele Investoren vor weiteren Engagements abhalten.

Hohe Mindestbeträge

Tatsächlich lassen sich mit den richtigen Private-Market-Anlagen im Idealfall relativ hohe Gewinne erzielen. Allerdings setzt dies voraus, dass die Investoren vergleichsweise hohe Mindestbeträge einbringen müssen und darüber hinaus ihr Geld zumeist über fünf bis sieben Jahre gebunden ist.

Hier setzt das Geschäftsmodell von iCapital Network an, das darauf beruht, über eine digitale Plattform entsprechende Fonds – via Banken oder Vermögensverwalter – einem breiteren Publikum zugänglich zu machen und dabei auch tiefere Mindestbeträge zu ermöglichen. «Die Banken und Vermögensverwalter nutzen die Plattform als operative Infrastruktur, um Private-Market-Anlagen effizienter anzubieten und zu skalieren», erklärt Bizzozero, «und können auf eine enorm grosse Auswahl an Anlagemöglichkeiten zurückgreifen, wozu sie alleine kaum in der Lage wären», ergänzt Bizzozero.

Auch UBS und Credit Suisse an Bord

iCapital Network als Fintech zu bezeichnen, greift genau genommen etwas zu kurz. Aus zweierlei Gründen. Zum einen hat das Unternehmen seine Existenzberechtigung schon längst unter Beweis gestellt. Es beschäftigt mittlerweile mehr als 400 Personen, und auf der Plattform sind bereits rund 73 Milliarden Dollar an Kundengeldern in 760 Fonds platziert. Auf der Anbieterseite sind praktisch alle grossen, aber auch kleinere Asset-Management-Gesellschaften mit ihren entsprechenden Produkten vertreten. Auf der Abnehmer- und Investorenseite figurieren – soweit bekannt – unter anderem auch die beiden Schweizer Grossbanken UBS und Credit Suisse.

Und noch etwas unterscheidet iCapital Network von herkömmlichen Fintechs. «Fintechs eilt das Image voraus, Disruptoren in der Finanzbranche zu sein», erklärt Bizzozero, «wir verstehen uns aber als «Enabler» (als ‹Ermöglicher›) und Partner der Banken, der dazu verhilft, dass Anlegerinnen und Anleger auch mit kleineren Beträgen und über einen effizienten digitalen Investmentprozess an Private Equity partizipieren können.»

Personaloffensive in Zürich

In den vergangenen Monaten prägten vor allem zwei Ereignisse die Firmenentwicklung: Anfang Oktober 2020 übernahm iCapital Network ein 65-köpfiges Team der Technologiefirma Runtime in Portugal; die Mannschaft bildet das Fundament des neuen Tech-Hubs in Lissabon, von dem aus der Kontinent erschlossen werden soll. Und im vergangenen Januar erwarb iCapital Network das US-Unternehmen AI Insight, das auf Künstliche Intelligenz spezialisiert. Damit soll die Plattform weitere Kundenbedürfnisse abdecken können.

Hierzulande ist iCapital Network zwar schon seit 2018 in Zürich. Doch nun, unter Bizzozeros Ägide, will das Unternehmen personell und kapazitätsmässig signifikant ausbauen. Denn von dieser Basis aus sollen weitere Länder respektive Märkte erschlossen werden, wie der Tessiner im Gespräch weiter erklärt. In Zürich ist unter anderem auch Ex-UBS-Banker Vinod Berchtold an Bord; er unterstützt Bizzozero als hiref Operating Offcer (COO) bei der Expansion – und sucht intensiv nach zusätzlichem Personal.

Wenig Zeit für das Geschehen am Paradeplatz

Die nächsten beiden Standorte in der internatinalen Expansion von iCapital Network sind – noch in diesem Halbjahr – London und Hongkong. An der Themse wird Tom Slocock die Produktentwicklung vorantreiben. Er ist wie Bizzozero ein ehemaliger Kadermann der Deutschen Bank. In Asien ist man mit einem Verantwortlichen mittlerweile auch schon handelseinig.

Rückblickend gesehen machte Bizzozero seine Karriere vor allem bei Grossbanken. Nun ist er als Mitglied des Executive Committee an iCapital Network mitbeteiligt, was für ihn eine neue Erfahrung ist, aber auch eine Herausforderung darstellt.

Die unternehmerische Tätigkeit beansprucht und motiviert ihn dermassen, dass er offenbar keine Zeit findet, sich mit den Ereignissen rund um den Zürcher Paradeplatz zu befassen, die derzeit für so viele Schlagzeilen sorgen – wie er im Gespräch schmunzelnd beteuert.

 

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