In Deutschland ist Targens Marktführerin für Compliance-Services und -Produkte im Finanzbereich. Jetzt kommt sie in die Schweiz und profitiert vom Gegenvorschlag zur Konzernverantwortungs-Initiative, wie Ruedi Becker im Interview mit finews.ch feststellt.


Herr Becker, Sie leiten die neue Schweizer Niederlassung des deutschen IT-Unternehmens Targens, das auf die Finanzbranche spezialisiert ist. Warum sind Ihre Büros in Schwanden im Kanton Glarus und nicht in der Finanzmetropole Zürich?

Seit den digitalen Erfolgen der Glarner Kantonalbank ist offensichtlich, dass im Glarnerland nicht nur Ziger und Elmer Citro produziert wird, sondern ein geballtes Fintech-Know-how vorhanden ist. Dieses bringt immer wieder erfolgreich innovative Produkte und Services auf den Markt.

Der Kanton Glarus schafft zudem sowohl aus finanzieller als auch aus nicht-finanzieller Sicht ein sehr attraktives Umfeld für Firmen. Die intakte Bergwelt bietet unzählige Möglichkeiten für vielseitige Freizeitaktivitäten und ist deshalb für Arbeitnehmer höchst attraktiv.

«In den nächsten fünf Jahren möchten wir unseren Umsatz jährlich auf vier Millionen Franken steigern»

Und last but not least: Das Glarnerland ist geografisch ideal zwischen den drei Finanzzentren Zürich, Zug und Vaduz gelegen.

Was gab den Ausschlag eine Präsenz in der Schweiz aufzubauen, und welche Ziele haben Sie sich hierzulande gesetzt?

Der Schweizer und Liechtensteiner Markt ist für uns besonders interessant, da in beiden Finanzplätzen neue Technologien höchst agil umgesetzt werden und dabei von der Gesetzgebung unterstützt werden. Zur Förderung von innovativen Finanzunternehmen hat die Schweiz beispielsweise die Fintech-Bewilligung geschaffen.

Zusätzlich zur Anpassung des schweizerischen Bundesrechts an Entwicklungen der Technik verteilter elektronischer Register (DLT) sowie dem Token- und VT-Dienstleister-Gesetz (TVTG) in Liechtenstein verfügen beide Länder über die nötigen gesetzlichen Grundlagen, um in den Finanzplätzen Vaduz und Zug Blockchain- und DLT-Unternehmungen weiter auszubauen.

Mit dem neuen Standort haben wir die ideale Ausgangslage geschaffen, um unsere Kunden in der Schweiz sowie Liechtenstein mit unserer Erfahrung mit disruptiven Technologien angemessen zu betreuen. Unsere bereits im Einsatz stehenden Produkte zeigen dabei ein grosses Absatzpotential, und wir möchten in den nächsten fünf Jahren unseren Umsatz markant auf vier Millionen Schweizer Franken pro Jahr steigern.

Wie sind Sie operativ aufgestellt in der Schweiz?

Insgesamt sind fast 300 Mitarbeiter für die Targens tätig. Am Standort Schweiz haben wir aktuell zwei Mitarbeiter, die projektbezogen von weiteren Kollegen aus Deutschland unterstützt werden. Evangelos Aneziris wird als Geschäftsführer seine Expertise in der Finanzbranche beim Auf- und Ausbau des Schweizer Standortes einbringen.

«Wir planen einen Ausbau auf rund zehn Mitarbeiter in fünf Jahren»

Mittel- und langfristig möchten wir alle Projekte in der Schweiz und Liechtenstein mit lokalen Mitarbeitern umsetzen. Wir planen einen Ausbau auf rund zehn Mitarbeiter in fünf Jahren.

Die Banken-IT-Branche ist hart umkämpft. Wer sind Ihre Kunden, und welchen Mehrwert können Sie ihnen bieten?

Unser Angebot richtet sich zum einen an Banken, zum anderen auch an Versicherungen, Vermögensverwalter, Treuhänder und Fintechs des Schweizer und Liechtensteiner Finanzplatzes.

«Am meisten Potenzial ist im für Anwendungen mit der Blockchain vorhanden»

Die bestehenden Kunden in der Schweiz bestätigen, dass die qualitativ hochstehenden Produkte und Dienstleistungen die Anforderungen im Schweizer Markt optimal abdecken.

Aber auch für Unternehmen und Abteilungen anderer Branchen ist das Targens-Produktportfolio interessant. Nicht zuletzt da durch das Inkrafttreten des Gegenvorschlages zur Konzernverantwortungs-Initiative derzeit alle Schweizer Unternehmen dazu angehalten sind, neue Aufgaben wie Sorgfaltsprüfung und Erstellung von ESG-Konzepten oder auch Risikoeinschätzungen und -reduzierungen umzusetzen.

Können Sie das noch genauer erklären?

Hier setzt die Targens Suisse an: Unsere Experten adaptierten ein bereits existierendes Produkt zur Überwachung der Kunden- und Lieferantenbeziehungen, um dieses auf die speziellen Bedürfnisse der Schweizer Firmen anzupassen. Die Unternehmen werden so in der Ausführung der bevorstehenden Aufgaben massgeblich entlastet.

In welchem Kundensegment sehen Sie am meisten Potenzial – und warum?

Am meisten Potenzial ist im schnell wachsenden Markt für Anwendungen mit der Blockchain vorhanden. Wir durften bisher viele Blockchain-Projekte für zahlreiche Banken durchführen. Wir haben mit DLT2Pay beispielsweise ein interessantes Produkt entwickelt.

«Die Landesbank Baden-Württemberg ist die Eigentümerin von Targens »

Es ist die Lösung, um Blockchain- und DLT-Netzwerke mit etablierten Zahlungsverkehrssystemen der Banken (SIC, SEPA, SWIFT etc.) zu verbinden. Somit wird ein Ökosystem zwischen Banken und Playern (Tokenizer, Custody, Broker usw.) im Business für digitale Assets entstehen.

In Deutschland ist Targens seit mehr als 30 Jahren im Geschäft. Können Sie uns ein paar Referenzkunden nennen?

Compliance-Software und -Services sowie Consulting zu RegTech-Themen und im Marktdatenumfeld (Bloomberg, Refinitiv etc.) sind unsere derzeit umsatzstärksten Bereiche. DLT & Blockchain ist allerdings der am stärksten wachsende Bereich. Wir haben zudem eine grosse Kompetenz in Data Analytics und Artificial Intelligence erworben und viele unserer Lösungen sind bereits im produktiven Einsatz.

In Deutschland ist Targens Marktführer für Compliance-Services und -Produkte. Unser Produkt TCM aus der Smaragd Compliance Suite wird von acht der zehn grössten deutschen Banken eingesetzt. Die Bundesbank, Clearstream, Equens Wordline, aber auch Outsourcer wie zum Beispiel das Allgemeine Rechenzentrum (ARZ) setzen Module aus der Smaragd Compliance Suite ein.

Die Landesbank Baden-Württemberg ist die Eigentümerin von Targens und zugleich eine geschätzte Kundin der Produkte und Services aller Geschäftsbereiche. Darüber hinaus vertrauen zahlreiche Banken in Frankfurt und München unseren Consulting Services zu RegTech und Marktdaten. Stellvertretend sei die Helaba genannt.

Inwiefern hat die Corona-Pandemie Ihre Geschäftsentwicklung in der Schweiz beeinflusst?

Die eigentliche Standorteröffnung war und ist von der aktuellen Krise nicht betroffen. Viele Firmen haben nun jedoch erkannt, dass rein digitale Geschäftsprozesse unabdingbar sind.

«Die meisten Finanzinstitute verfügten schon vorher über gute, digitale Infrastrukturen»

Daher hat die Pandemie viele Entwicklungen stark beschleunigt, auch in einigen Fintech-Unternehmen, wenngleich die meisten Finanzinstitute glücklicherweise schon vorher über gute, digitale Infrastrukturen verfügten. Kundentermine waren für uns daher rasch wieder durchführbar – wenn auch nur virtuell.


Ruedi Becker ist seit Herbst 2020 für Targens tätig und seit Februar 2021 Mitglied der Geschäftsleitung der Targens Suisse, wo er für das Business Development verantwortlich ist. Nach seinem Studium der Elektrotechnik an der HSR Hochschule für Technik in Rapperswil bildete er sich zum Executive Master of Business Administrator, FHO, der HTW Hochschule für Technik und Wirtschaft Chur weiter. Im Jahr 2000 wurde er der Elektronik-Branche untreu und wechselte zu Adnovum. Seither ist er in der Informatik tätig. In der Schweizerischen Nationalbank leitete er 14 Jahre das Informatikteam.

 

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