Die Umweltorganisation WWF hat einen Appell an Zentralbanken und Finanzbehörden weltweit gerichtet, mehr für die Artenvielfalt zu tun. In der Schweiz sehen sich die Institutionen an ihre Mandate gebunden.

Dass der Klimawandel auch eine wirtschaftliche Bedrohung darstellt, wird auch von der Schweizer Finanzbranche weitgehend anerkannt – diverse Konzerne haben sich hier schon auf Null-Emissionsziele eingeschworen. Die Umweltschutz-Organisation WWF fordert nun in einem weiteren Schritt, dass die Notenbanken und Finanzregulierer auch der Bedrohung der Artenvielfalt mehr Aufmerksamkeit zollen.

Die Abhängigkeit des Wirtschaftssystems von der Artenvielfallt ist Thema des WWF-Berichts «Nature's next stewards: Why central bankers need to take action on biodiversity risk». Das beispiellose Tempo des Biodiversitäts-Verlustes untergrabe wichtige Ökosystemleistungen und natürliche Ressourcen, heisst es dort. Dadurch entstehen wirtschaftliche Schwachstellen und Risiken.

Umgekehrte Beweislast

Die naturbedingten Risiken müssten von der Realwirtschaft auch auf den Finanzsektor übertragen werden, argumentiert der WWF. Die Stiftung ermahnt die Institutionen, das Thema unter dem Blickpunkt der umgekehrten Beweislast zu betrachten. Sie müssten annehmen, dass die makroökonomischen und finanziellen Risiken in ihre Zuständigkeit fallen. Es sollten entsprechende vorbeugende Massnahmen ergriffen werden, um prognostizierte Risiken abzuschwächen.

Auch biete das bestehende regulatorische Rahmenwerk über die mikro- und makroprudenzielle Aufsicht und die Geldpolitik bereits die Instrumente dafür. Zudem sollten die Zentralbanken sich mit den Umweltrisiken in ihren eigenen Portfolios befassen und die notwendige Forschung fördern. Es sei nötig, im Einklang mit den international und national festgelegten Umweltzielen zu handeln.

Durch Mandat gebunden?

Auf Anfrage von finews.com betont die Schweizerische Nationalbank (SNB, dass man sich bereits intensiv mit dieser Fragestellung beschäftige. So sei die SNB Teil des Verbundes NGFS (Network for Greening the Financial System). Hier sei das Thema Biodiversität einer der Forschungsschwerpunkte.

Anders sieht es in der Anlagepolitik aus. Hier verweist die SNB auf ihr Mandat. «Der Verfassungsgeber sowie der Gesetzgeber haben bewusst darauf verzichtet, die SNB damit zu beauftragen, bestimmte Wirtschaftssektoren durch die Bewirtschaftung der Anlagen zu beeinflussen», sagte ein SNB-Sprecher. Die Nationalbank habe daher kein Mandat Strukturpolitik zu betreiben. Das heisst, es könne keine positive oder negative Branchenselektion gemacht werden, um den besagten Branchen eine Vorteil oder Nachteil zu verschaffen.

Keine Kohle mehr

Die SNB verfolge bei der Anlage ihrer Aktien eine möglichst neutrale und passive Strategie. Man weiche nur in Ausnahmen von dem Prinzip ab, den Markt in seiner Gesamtheit abzubilden. Dass betreffe etwa ausländische Banken oder Unternehmen, die grundlegende Menschenrechte massiv verletzen, systematisch gravierende Umweltschäden verursachen oder in die Produktion international geächteter Waffen involviert sind.

Die Bank treffe ihre Anlageentscheidungen im Einklang mit «Schweizer Normen und Werten÷, betonte der SNB-Sprecher. So habe die SNB vergangenen Dezember beschlossen, die Kriterien anzupassen und insbesondere das Umweltkriterium auszuweiten. In Folge wurden die Titel aller hauptsächlich in der Kohleförderung tätigen Firmen aus dem Anlageuniversum der SNB verbannt.

Behörde verweist weiter

Auch die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma) ist sich auf Anfrage bewusst, dass die Umweltrisiken für das Finanzsystem über den Klimawandel hinausgingen und auch den Verlust der Biodiversität umfassten. Auch sie ist Mitglied im NGFS.

Als Regulierungsbehörde habe man jedoch die bestehende Gesetzgebung zu befolgen. Jegliche Fragen bezüglich zusätzlicher Gesetzgebung seien Angelegenheiten für die entsprechenden Gremien.

Finma: Schon wegen «Greenwashing» eingegriffen

Ein Sprecher erklärte, dass es an den Finanzinstituten selbst liege, das Risiko zu minimieren. Die klima- und umweltbezogenen Finanzrisiken könnten grundsätzlich in den klassischen Risikokategorien wie Kredit-, Markt-, Versicherungs-, oder operationelle Risiken abgebildet und erfasst werden.

Aus der Perspektive des Kundenschutzes sieht sich die Finma jedoch in der Pflicht. So beobachte man etwa das Risiko für Kunden durch «Greenwashing», sagte der Sprecher. Kunden dürften nicht mit unhaltbaren oder irreführenden Versprechungen über «grüne» Eigenschaften von Anlageprodukten getäuscht werden. Laut der «NZZ» (Artikel bezahlpflichtig) hat die Aufsicht diesebzüglich schon in rund einem Dutzend Fällen eingegriffen.

Risiko als Knackpunkt

Eine Sprecherin von WWF Schweiz erklärte jedoch auf Anfrage, dass die Umweltorganisation die Ansicht der SNB nicht teile. Sowohl die Zentralbanken als auch die Regulierungsbehörden hätten den Auftrag, die Risiken für das Finanzsystem zu überwachen und zu mindern. Das gehöre zum Kernauftrag der Nationalbank.

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