Während Banken und Fondsgesellschaften im Geschäft mit ihren Privatkunden das Thema nachhaltige Anlagen weit oben auf der Agenda führen, spielt es bei Vermögensverwaltern weiterhin nur eine Nebenrolle. Der überwiegende Teil bietet entsprechende Investitionen nur auf Kundennachfrage an.

Eine neue Studie will jährlich eruieren, wie unabhängige Schweizer Vermögensverwalter die Allokation der von ihnen verwalteten Mittel gestalten. Mit der nun erstmals durchgeführten Umfrage «VSV Investment Puls» sollen aktuelle Trends und Themen in der Branche aufgezeigt werden.

Erstellt wurde die Studie vom Verband Schweizerischer Vermögensverwalter (VSV) in Zusammenarbeit mit der Hochschule Luzern (HSLU) und mit Unterstützung des US-amerikanischen Finanzdienstleister Vanguard.

«Die Vermögensverwalter stehen derzeit im Zuge der hohen Inflation und steigender Zinssätze vor Herausforderungen», sagte VSV-Geschäftsführer Patrick Dorner an einem Medienanlass am Dienstag in Zürich. Die Studienergebnisse sollen Aufschluss darüber geben, wie sich die Verwalter aufstellen.

Direkte Investitionen im Heimatmarkt

Die Umfrageergebnisse zeigen ein klares Bild. Schweizer Vermögensverwalter setzen bei der Allokation ein starkes Gewicht auf Investitionen in den Heimatmarkt und dabei vor allem auf direkte Investitionen in Aktien von Schweizer Unternehmen.

Mit Blick nach vorn antworteten einige, dass sie ihre aktiven Anlagen in Schweizer Aktien erhöhen könnten, wie es weiter heisst. Auch US-Investitionen sind bei direkten Anlagen übergewichtet, Europa und Emerging Marktes hingegen untergewichtet.

«Dort, wo sich die Verwalter zutrauen, eine bessere Rendite zu erzielen als der Gesamtmarkt, werden direkte Investitionen etwa in Aktien getätigt», sagte Abdullah Mohammed, Sales Executive bei Vanguard. Je weiter die Märkte geografisch entfernt sind, desto indirekter und mehr diversifiziert seien die Investitionen.

In Schwellenländern und Asien-Pazifik seien entsprechend Fonds und ETF das bevorzugte Mittel, um Geld zu investieren. Bei festverzinslichen Anlagen investieren die Verwalter in der Regel aktiver in US-amerikanische und europäische Unternehmensanleihen

ESG immer noch Nische

«Die Ergebnisse zur Allokation sind auf den ersten Blick wenig überraschend», sagte Studienleiter und HSLU-Professor Manfred Stüttgen. Aber: Die Studie belege überraschenderweise klar, dass ESG-Investitionen bei den Vermögensverwaltern immer noch eine Nische seien.

Nur 20 Prozent der befragten Vermögensverwalter würden ESG-Kriterien standardmässig in ihre Entscheidungen einbeziehen. Der überwiegende Teil – rund 55 Prozent – schliessen Nachhaltigkeitskriterien nur auf Kundenwunsch mit ein. Und immerhin bei 25 Prozent spielt ESG explizit gar keine Rolle.

«Angesichts des erhöhten Wachstums in diesem Segment ist diese geringe Neigung zu nachhaltigen Anlagen recht überraschend», sagte Stüttgen. Hier hätten grössere Vermögensverwalter einen Vorsprung vor kleineren. Ein Grund sei, dass die Umsetzung von den Verwaltern als schwierig angesehen werde. Als Hürden würden fehlende Daten und Standards sowie ein beschränktes Produktangebot genannt. Auch die Übergewichtung in direkte Aktieninvestitionen vor allem im Heimatmarkt stehen einem grösseren Engagement bei ESG-Angeboten im Wege.

Die Umfrage wurde im Zeitraum von März bis April durchgeführt. Die Ergebnisse beruhen auf den Antworten von 101 Vermögensverwaltern, wie es weiter hiess.