Der Chef der Wertpapieraufsicht und Rechnungsprüfung bei der deutschen Aufsichtsbehörde Bafin hat in einem Zeitungsinterview die grossen Wirtschaftsprüfer scharf kritisiert.

Thorsten Pötzsch ist Exekutivdirektor für die Wertpapieraufsicht bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin). Seit Januar hat er auch die Zuständigkeit für die Aufsicht bei der Rechnungslegung übernommen. In einem Interview mit der «Financial Times» greift er die Wirtschaftsprüfer des Landes scharf an.

«Wirtschaftsprüfer sind verpflichtet, professionelle Skepsis zu üben. Dies (...) muss stärker betont werden als in der Vergangenheit», sagte Pötzsch. Er warf ihnen zudem «zu grosse Kundennähe» vor.

Die Bafin hatte im Januar die Aufgaben der umstrittenen Deutschen Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR) übernommen, eine privatwirtschaftliche Einrichtung mit halboffiziellen Befugnissen. Die DPR wurde aufgelöst, nachdem sie es versäumt hatte, die langjährigen Rechnungslegungsvorwürfe gegen Wirecard zu untersuchen.

Oligopol der grossen Firmen

Als problematisch sieht Pötzsch «Prüfungsteams, die jahrelang unverändert bleiben» und Prüfungsgesellschaften, «die nicht rotieren».

«Es gibt nicht genügend Firmen, die in der Lage sind, grosse Unternehmen zu prüfen ... wir haben ein Oligopol». In Deutschland kommen KPMG, PwC, EY und Deloitte nach Angaben der Beratungsfirma Lünendonk & Hossenfelder zusammen auf einen Marktanteil von 80 Prozent. Eine solche Machtkonzentration «führt nicht zu einem funktionierenden Wettbewerb. Das spiegelt sich dann sicher auch in der Realität wider», sagte Pötzsch weiter.

Wirecard löste Neuordnung aus

Im Nachgang des Wirecard-Skandals wurde die Spitze des Bafin neu besetzt. Im August 2021 wurde der ehemalige Finma-Chef Mark Branson als neuer Präsident berufen.

Mit der Abschaffung der DPR wurde die Bafin mit weitreichenden Befugnissen ausgestattet, um die Finanzkonten der wichtigsten börsennotierten Konzerne in Deutschland zu prüfen. Zudem wurden einige Regeln für Wirtschaftsprüfer verschärft.

Die neu geschaffene Rechnungslegungseinheit der Bafin soll am Ende aus rund 60 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bestehen, verglichen mit früher 18 bei der DPR.

Adler-Bilanz unter der Lupe

Anfang August hatte die Behörde gegenüber dem angeschlagene deutschen Immobilienkonzern Adler die Muskeln spielen lassen. Die Bilanz für 2019 sei um bis zu 233 Millionen Euro zu hoch angesetzt worden, hiess es in einem Zwischenbericht. Das Unternehmen will rechtlich gegen das Zwischenergebnis der laufenden Bafin-Untersuchung vorgehen.

«Unsere Botschaft an die Unternehmen lautet, dass Firmen, die sich illegaler Bilanzierungsmanöver bedienen, keinen Platz auf dem deutschen Kapitalmarkt haben», sagte Pötzsch. «Das Risiko, erwischt zu werden, war noch nie so hoch wie heute. Wir werden handeln, wo es notwendig ist.»

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