Urs Rohner entwirft in einem Kommentar den Bankkunden der Zukunft. Offenbart sich hier die wahre Denke des Präsidenten der Credit Suisse?

Auch Urs Rohner ist das Diktum von Bill Gates in unguter Erinnerung. Das Banking, prophezeite der Microsoft-Gründer einst, werde es immer brauchen. Die Banken jedoch nicht.

Der Ausspruch, findet der Präsident der Credit Suisse (CS), lese sich angesichts der digitalen Revolution wie ein Menetekel. Schon heute würden nämlich Dienstleistungen von anderen Anbietern übernommen, schrieb Rohner in einem Kommentar im Deutschen «Handelsblatt». Konzerne wie Facebook und Amazon stünden in den Startblöcken.

Doch zu zittern und zu verzagen, das ist für Rohner keine Lösung.

Mutig ohne Scheuklappen

Vielmehr empfiehlt der Bankpräsident im besten Beratersprech, die rasanten Veränderungen «positiv anzunehmen» und «mutig auf Innovation» zu setzen. «Ohne Scheuklappen muss sich unsere Industrie in anderen Branchen umschauen und vor allem beim Kunden ansetzen.» Die Beziehung zum Kunden, so Rohner, müsse dabei ganz neu gedacht werden.

Das klingt gut. Doch so ganz klar ist es nicht.

Rohner, dessen Bank sich im Zuge der letzten Oktober erfolgten «Strategieanpassung» stärker der Vermögensverwaltung und damit dem Privatkunden zuwendet, erklärt: Ein ganz neuer Typus Klient komme da aufs Banking zu. Der «empowered customer» nämlich, der sich seiner Mündigkeit und Stärke bewusst ist (vorher waren die Kunden das offenbar nicht).

Individueller Standard

Dieser neue Typ Kunde verlangt viel. Er ist anspruchsvoll, preissensitiv und hat keinen Sinn für die Standardisierungs-Bemühungen der Banken, weiss Rohner. Irgendwie müssten die Banken aber trotzdem massgeschneiderte Konfektion anbieten, empfiehlt der CS-Stratege. «Anspruchsvolle Individualisierung standardisiert auf den Markt zu bringen – das ist die Herausforderung für das Banking der Zukunft!»

So ganz klar ist das nicht.

Eine denkerische Knacknuss ist auch die so genannte «consumption equality». Luxusprodukte wie das Private Banking werden, so Rohner, Schritt für Schritt zur Massenware. «Einer breiten Kundenschicht vormals exklusive Angebote zu machen, bietet trotz Margendrucks neue Chancen», findet er.

Weisse Flecken mit Optmismus füllen

Exklusives als Massenware – an diesem Widerspruch beisst sich derzeit das Swiss Private Banking die Zähne aus. Die Zukunfts-Rezepte des CS-Präsidenten könnten deshalb auch als die Ratlosigkeit einer ganzen Branche gelesen werden.

Doch auf Rohners Banking-Landkarte werden weisse Flecken scheinbar mit Optimismus aufgefüllt. «Trotz dieser Trends und Fakten darf unsere Branche nicht in Pessimismus verfallen», ist sich CS-Lenker sicher. Denn die Bank hat (entgegen Bill Gates) Zukunft, wenn sie «im Banking der beste und ganzheitliche Ansprechpartner» ist.

Weitermachen bis mindestens 2018

Ungebremster Optimismus im Angesicht des Ungewissen – wäre dies am Ende das Rezept des obersten CS-Strategen?

Ganz von der Hand zu weisen ist das nicht. Nach schweren Turbulenzen der von ihm gelenkten Bank, einem Kursverlust der CS-Aktie von rund 40 Prozent in diesem Jahr und einigen mehr oder weniger expliziten Rücktrittsforderungen sagte Rohner jüngst, er wolle noch über 2018 hinaus Präsident der CS bleiben.

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