Der europäische Markt ist der Lebensnerv für das Swiss Private Banking. Aber seine Tore bleiben verschlossen. Kaum einer in der Branche glaubt mehr an eine Öffnung.

Es war nur ein Nebensatz, den Jürg Zeltner, Chef UBS Wealth Management, vor rund zehn Tagen der «Sonntagszeitung» (Artikel bezahlpflichtig) diktierte. Aber es war ein Satz, der das Dilemma des Schweizer Finanzplatzes und des Swiss Private Banking gleichermassen aufzeigte.

«Wir glauben nicht, dass der Schweizer Finanzplatz einen vereinfachten Zugang zu Europa erhalten wird», sagte der oberste Chef der Vermögensverwaltung der grössten Schweizer Bank.

Mit diesem Satz haben die UBS und Zeltner öffentlich mit der offiziellen Linie der schweizerischen Finanzpolitik und ihren Vertretern in Bern, den Verbänden und Unternehmen gebrochen.

Zentrales Ziel der Finanzmarktpolitik

Denn diese Finanzpolitik lautet: Der freie EU-Marktzugang ist das Ziel. Er ist eines der zentralen Ziele der Finanzmarktpolitik des Bundes.

Die Aussicht auf einen auch für Schweizer Finanzdienstleister offen zugänglichen Markt wäre für den Schweizer Finanzplatz mehr als erhellend.
Denn das grenzüberschreitende Vermögensverwaltungsgeschäft und die europäische Kundschaft sind der Lebensnerv des Schweizer Bankwesens.

Chance oder Klumpenrisiko?

Schätzungsweise die Hälfte der in der Schweiz verwalteten ausländischen Vermögenswerte stammt aus Europa. Rund ein Fünftel der Banking-Jobs in der Schweiz hängt am grenzüberschreitenden Vermögensverwaltungsgeschäft, der gemäss Schweizerischer Bankiervereinigung jährlich Erträge von rund 19 Milliarden Franken erwirtschaftet.

Ist das nun eine Chance oder ein Klumpenrisiko? Diese Frage stellt sich insbesondere in Erwartung der europäischen Mifid-II-Regelung, welche im EU-Binnenmarkt die Direktiven vor allem hinsichtlich Anlegerschutz vereinheitlicht.

Eher eine Marktabschottung

Mit Finleg und und Finig will die Schweiz eine Regelung schaffen, die von der EU als gleichwertig beurteilt wird. Das ist von grösster Wichtigkeit.

Denn sonst führt Mifid II zu einer verstärkten Marktabschottung gegenüber Schweizer Vermögensverwaltungs-Anbietern. Die Folgen wären für die Branche auf Grund ihrer dominierenden Stellung in der grenzüberschreitenden Vermögensverwaltung besonders hart.

Keinen Schritt weiter

Thomas Sutter, Leiter Kommunikation und stellvertretender Geschäftsleiter der Schweizerischen Bankiervereinigung, sagt im Gespräch mit finews.ch, die Bankervereinigung halte nach wie vor am Ziel des freien Marktzugangs fest.

Es klingt nach einem «ceterum censeo». Denn nach Jahren der Verhandlungen ist die Schweiz diesbezüglich keinen Schritt weiter gekommen.

Die Volksabstimmung von 9. Februar 2014 zur Masseneinwanderung beziehungsweise die daraufhin herumgeisternde Idee eines neuen institutionellen Rahmenabkommens mit der EU hat die Marktzugangs-Diskussion bis auf weiteres zugeschüttet.

«Nicht realistisch»

Sutter sagt denn auch: «Ein Abkommen ist für die nächsten Jahre nicht realistisch.»

Auf Eis gelegt – das ist für Banken und Vermögensverwalter mit hohem Geschäftsanteil in der EU keine Option. Zeltner von der UBS hat gut reden: Die Grossbank verfolgt seit längerem das Ziel einer Europa-Bank, deren Sitz aller Voraussicht nach in Frankfurt sein wird.

Trend ist Rückzug

Andere Institute wie Julius Bär oder Lombard Odier setzen auf den Standort Luxemburg, um sich den EU-Passport und die Lizenz für den Vertrieb von Produkten und Dienstleistungen zu sichern.

Doch im Zuge der neuen Transparenzregelungen in der Vermögensverwalttung ist der Trend im Swiss Banking ein anderer: Rückzug aus den europäischen Märkten und Fokus auf grenzüberschreitende Dienstleistungen.

Schikanöse Hürden

Doch damit gewinnt das Swiss Banking nichts: Neukunden beispielsweise dürfen aus der Schweiz nicht aktiv akquiriert werden. Damit sind die Institute einer wichtigen möglichen Wachstumsquelle beraubt.

Teilweise haben Länder schikanöse Hürden aufgebaut. So dürfen Schweizer Privatbanken ihren in Frankreich wohnhaften Kunden nicht einmal Vollmachtsurkunden zusenden. Der Kunde muss jeweils in die Schweiz reisen.

Bilaterale Abkommen

Die momentane Strategie der Finanzplatzpolitiker zielt darauf ab, mit einzelnen EU-Ländern bilaterale Abkommen zu schliessen. Mit Deutschland gelang vor gut einem Jahr so eine Vereinbarung, die den Schweizer Finanzanbietern die grenzüberschreitende Erbringung von Dienstleistungen erlaubt.

Entsprechende Verhandlungen mit Italien und Frankreich haben dagegen aber bis heute zu keinem Ergebnis geführt.

Keine abschliessende Rechtssicherheit

Diese Strategie, die auch unter dem neuen Bankierspräsidenten Herbert Scheidt weitergeführt werden soll, ist allerdings kein Ersatz für ein vollständiges Dienstleistungsabkommen mit der EU.

Denn die bilateralen Abkommen bieten keine abschliessende Rechtssicherheit. «Sollte die EU beispielsweise neue Anpassungen bei Mifid II machen, könnte eine zwischenstaatliche Lösung wie mit Deutschland ungültig werden, da sie nicht mehr EU-Recht entspricht», gibt Sutter zu bedenken.

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