First Brands Skandal: Die UBS gibt die Krone ab

Im Zusammenbruch des US-Autoteileherstellers First Brands ordnen sich die Verantwortlichkeiten neu. Eine detaillierte Recherche des «Wall Street Journal» (WSJ, Artikel auf Englisch, hinter Paywall) rückt die amerikanische Investmentbank Jefferies ins Zentrum des Geschehens – nicht nur als Kreditgeberin oder -vermittlerin, sondern sogar als Mitarchitektin des komplexen und letztlich selbstzerstörerischen Lieferketten-Finanzierungsgeflechts.

Laut dem Bericht agierte Jefferies als Haus-Investmentbank von First Brands gleichzeitig als Beraterin, Arrangeurin und Fondsmanagerin. Ihr Fonds Point Bonita Capital hielt rund 715 Millionen Dollar an Forderungen gegenüber First Brands. «Jefferies hatte davon rund 45 Millionen Dollar direkt auf der eigenen Bilanz, während andere Investoren – darunter BlackRock und das Asset Management von Morgan Stanley – den Rest hielten», schreibt das «WSJ».

2 Milliarden Dollar versteckte Verbindlichkeiten

Oftmals floss das Geld der Investoren zunächst über First Brands oder deren Tochtergesellschaften, bevor es an dieselben Investoren zurückging – faktisch wurden damit als Factoring verkaufte Forderungen in kurzfristige Kredite umgewandelt. Das «WSJ» merkt an, dass die Marketingunterlagen von Jefferies dieses Risiko nicht offenlegten.

Als First Brands Mitte September aufhörte, Zahlungen an Jefferies oder Point Bonita zu leisten, und wenig später Gläubigerschutz nach Chapter 11 beantragte, entdeckten die Gerichtsgutachter mehr als 2 Milliarden Dollar an Verbindlichkeiten ausserhalb der Bilanz – gedeckt von nur einem Bruchteil realer Forderungen. Dieses Missverhältnis zeigt, wie aggressiv das Unternehmen seine Working-Capital-Programme genutzt hatte – und wie wenig seine Geldgeber die Risiken verstanden.

UBS fällt auf den zweiten Platz zurück

Die UBS, deren Fonds zunächst als grösste Einzelgläubigerin galten, rutscht damit auf Platz zwei in der Rangliste der am meisten betroffenen Finanzinstitute. Ihre Einheiten O’Connor und Hedge Fund Solutions halten Forderungen im Umfang von rund 500 Millionen Dollar im Zusammenhang mit First Brands.

Das Engagement der Schweizer Bank stammt aus ihrer Working Capital Finance Strategy – einer Reihe von Supply-Chain- und Handelsfinanzierungsfonds, die Anlegern als kurzlaufende, besicherte Investments angeboten wurden. Anders als Jefferies trat UBS dabei offenbar nicht als eigentliche Konstrukteurin der Transaktionen auf.

Santander mit 77 Millionen Dollar impliziert

Ebenfalls im Bericht erwähnt wird der spanische Banco Santander, der rund 77 Millionen Dollar an Lieferketten-Finanzierungen gegenüber First Brands gewährte. Dieses Engagement ist zwar beträchtlich, bleibt aber deutlich kleiner als jenes von Jefferies und UBS – die beiden Häuser dominieren bislang das Bild dieser Pleite.

Für Jefferies zeichnen sich die grössten Reputations- und Rechtsrisiken ab. Ihre Doppelrolle als Beraterin von First Brands und aktive Gestalterin und Vermarkterin der Fonds dürfte das Interesse von Aufsichtsbehörden und Investoren auf sich ziehen. Aber auch für die UBS bleibt es ungemütlich: Sie ist bislang die bedeutendste Mitbetroffene in dieser komplexen Affäre.