Die Spiesse chinesischer Investoren sind offenbar länger als diejenigen ihrer europäischen Konkurrenten. Daran sind die Europäer selber schuld, kritisiert China-Kenner und Schindler-Kader Kurt Haerri.

Trotz Wachstumsdellen bleibt der chinesische Markt für die Finanzbranche ein Muss – das zeigten kürzlich Einschätzungen von Top-Bankern der UBS. Nicht nur lockt die Volksrepublik mit ansprechenden Wachstumsraten. Auch die Dynamik der zweigrössten Volkswirtschaft der Welt zwingt westliche Investoren in China Fuss zu fassen.

Für China-Experte Kurt Haerri, der viele Jahre für den Luzerner Liftproduzenten Schindler in China unterwegs war, ist klar: «Wer in China mit dabei ist, ist auch global dabei», sagte er am Dienstag anlässlich einer Medien-Veranstaltung der Beratungsfirma KPMG zum Thema «Chinesische Offensiven in einem bewegten M&A-Jahr». 

Panel KPMG 500
(v.l.n.r.) Stefan Kuhn (KPGM), Sigg-CEO Stefan Ludewig, Patrik Kerler (KPMG), Kurt Haerri (Schindler)

Gleichzeitig gilt auch der Umkehrschluss: Wer nicht dabei ist, spielt global nicht mit. «Der Kampf wird in China entscheiden», betonte Haerri, der von 2006 bis 2014 die Schweizerisch-Chinesische Handelskammer geleitet hat.

Unüberwindbare Hürden

Die Krux ist nur: Ausländische Firmen bekommen nur Zugang zum chinesischen Markt über ein Joint-Venture mit einem lokalen Partner. Der maximale Anteil für ausländische Investoren ist zudem auf 49 Prozent beschränkt. Dies gilt auch für die Finanzindustrie.

Kürzlich berichteten Insider, dass die UBS ihren Anteil am chinesischen Joint Venture von derzeit 25 Prozent auf 49 Prozent erhöhen will, wie auch finews.ch berichtete.

Umgekehrt gibt sich der Westen – insbesondere die Schweiz – deutlich liberaler, was Übernahmen seitens China anbelangt. Ein eindrückliches Beispiel ist die im März 2016 angekündigte Übernahme von Syngenta durch das staatlich kontrollierte Unternehmen ChemChina für mehr als 43 Milliarden Dollar. Laut KPMG ist die Transaktion die bisher grösste chinesische Übernahme eines Unternehmens im Ausland überhaupt.

Europäer sind zu lasch

Der deutlichste M&A-Trend im vergangenen Jahr war der grosse Appetit Chinas im Ausland zu investieren, lautet eine Erkenntnis aus dem am Mittwoch vorgestellten M&A-Bericht von KPMG (siehe Grafik).

KPMG 501 1

Die ungleichlangen Spiesse bei Übernahmen zwischen China und dem Rest der Welt kritisiert auch Haerri. Allerdings trägt Europa daran auch selber Schuld, befand der Schindler-Mann. «Der Druck der europäischen Politiker ist viel zu gering», stellte er etwas resigniert fest.

China liebäugelt mit Schweizer Banken

Im Vergleich zum Technologie-Sektor nähern sich chinesische Investoren nur zögerlich der ausländischen Finanzbranche an. Im Umfeld des hiesigen Bankenplatzes überraschte allerdings der chinesische Luxusgüterkonzern Citychamp Watch & Jewellery mit der Übernahme der liechtensteinischen Bank Valartis, die einst zur Valartis-Gruppe mit Sitz in Baar gehörte.

«Chinesische Investoren bekunden grosses Interesse an Schweizer Finanzinstituten, allen voran an solche mit Banklizenzen», sagte Patrik Kerler, Leiter M&A bei KPMG, im Gespräch mit finews.ch. 

Allerdings hat hier die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma) ein Wörtchen mitzureden. Sie prüft, ob die übernahmerechtlichen Bestimmungen eingehalten wurden und auch, was die Aufrechterhaltung der Banklizenz anbelangt. Wer finanzielle Anforderungen nicht erfüllt, ungenügend organisiert ist, seine Besitzstrukturen nicht offenlegt oder einen zweifelhaften Ruf hat, scheitert im Bewilligungsprozess.

Schweizer vor Ausländer

KPMG 2

Der Vorstoss der Chinesen schürt derweilen auch Angst und die Rufe nach protektionistischen Massnahmen werden auch hierzulande lauter. Auf globaler Ebene betrachtet, kauften aber Schweizer Unternehmen zwischen 2014 und 2016 mehr ausländische Firmen auf als umgekehrt, stellt KPMG fest (siehe Grafik oben). 

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.57%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    18.88%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    27.97%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9.04%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.54%
pixel