Während grosse Banken tendenziell eher auf die Kostenbremse stehen, profitieren wendige Kleinstbanken von den Veränderungen in der Branche, wie Yves de Montmollin, CEO der Banque Bonhôte, aufzeigt.


Herr de Montmollin, das Bankwesen wird immer teurer und digitaler. Warum eröffnen Sie trotzdem eine weitere Geschäftsstelle in Lausanne?

Unsere 1815 in Neuenburg gegründete Bank Bonhôte hat schon lange die Kantonsgrenzen überschritten und unterhält Filialen in Genf, Biel und in Bern, um ihrer Kundschaft näher zu sein. Der Waadtländer Markt wächst innerhalb unserer Bank sehr stark, so dass es für uns naheliegend war, auch hier unserer Klientel entgegen zu kommen und eine Niederlassung in Lausanne zu eröffnen.

Liegt Lausanne nicht sehr nahe an Ihren anderen Geschäftsstellen, so dass es zu Überlappungen der Kunden kommt?

Nein, im Gegenteil. Lausanne liegt auf halbem Weg zwischen unserem Hauptsitz in Neuenburg und unserer Niederlassung in Genf. Die Waadtländer Hauptstadt ist gleichzeitig für uns auch das Zentrum der Aktivitäten in der institutionellen Vermögensverwaltung. Unsere Mitarbeiter Christian Emery und Olivier Christe, die innerhalb der Bank für diesen Bereich zuständig sind, empfangen nun ihre Kunden in Lausanne.

Ist der Gang nach Lausanne opportunistisch, weil sie dort gerade die richtigen Leute gefunden haben, oder war das von langer Hand geplant?

Unsere Absicht, in Lausanne eine Präsenz zu eröffnen, haben wir verschiedentlich angekündigt. Doch bedurfte es einiger Monate Aufbauarbeit. Mit Pierre Lombard haben wir auch die richtige, unternehmerische Persönlichkeit gefunden, die unsere Filiale leiten kann. Er bringt zudem eigene Kunden mit.

Wie gross ist der Standort Lausanne, und wann wollen Sie die Gewinnschwelle erreichen?

Fünf Personen arbeiten dort, darunter zwei Spezialisten für die institutionelle Vermögensverwaltung. Wir suchen noch ein bis zwei Leute, um die Entwicklung der nächsten Jahre planmässig weiterzuführen. Die Lausanner Niederlassung deckt bereits ihre direkten Kosten, und wir hoffen auf eine nachhaltige Entwicklung.

In jüngster Zeit haben diverse Westschweizer Banken und Vermögensverwalter den Sprung nach Zürich gewagt. Hegen Sie ebenfalls solche Pläne?

Wir unterhalten bereits verschiedene Partnerschaften in Zürich, insbesondere im Asset Management, einem Bereich für den wir in diesem Jahr auch Gérard Sanz engagiert haben, der für unsere Anlageplattform Bonhôte Fund Solution verantwortlich ist und regelmässig nach Zürich kommt.

Wer sind die Kunden, die Bonhôte anpeilt?

Wir sehen konsequent davon ab, unsere Klientel nach Zielgruppen zu betrachten und sie zu segmentieren. In der Regel sind unsere Kunden Leute, die geographisch im Einzugsgebiet unserer Bank leben und ein Institut suchen, das ihre Interessen ins Zentrum stellt. Eine Mindestsumme für potenzielle Kunden haben wir nicht.

Wie sieht die Zukunft für eine klassische und vergleichsweise kleine Privatbank wie Bonhôte aus – angesichts der fortschreitenden Digitalisierung und dem Wunsch vieler Kunden, Online-Services zu beanspruchen?

Die Bank Bonhôte richtet sich seit mehr als 200 Jahren auf die Zukunft ein. Wir beobachten die Entwicklung der Branche sehr genau, auch die Phänomene der Digitalisierung. Aktuell wechseln wir auch unser Kernbankensystem aus. Zudem passen wir unsere Technologie laufend den veränderten Kundenbedürfnissen an.

Wie differenziert sich Bonhôte von der Konkurrenz?

Allein die Tatsache, dass wir schon immer hauptsächlich in der Schweiz ansässige Klientel beraten haben, unterscheidet uns von einem Grossteil der Konkurrenz. Mehr als 85 Prozent unserer Kunden sind Schweizer. Ein weiterer Mehrwert ist der Umstand, dass wir im Gegensatz zu grösseren Banken absolut unabhängig sind.

Rund 75 Prozent an unserer Bank halten Mitarbeiter. Ausserdem betreiben wir kein «product-pushing», das heisst, wir schwatzen unserer Kundschaft keine Produkte auf, sondern bieten «massgeschneiderte Lösungen» – im Sinne einer sogenannten offenen Architektur.

Die Bank Bonhôte wirkte in der Vergangenheit etwas geheimniskrämerisch. Haben Sie die Absicht, transparenter zu werden, indem Sie beispielsweise Geschäftszahlen ausweisen?

Ja, wir werden dieser Tendenz nach mehr Transparenz folgen. Ab sofort beziffern wir beispielsweise unsere verwalteten Vermögen, die sich aktuell auf fast vier Milliarden Franken belaufen.

In diesem Jahr stiess der frühere Chef der Schweizer Börse Six Swiss Exchange, Christian Katz, als Verwaltungsrat zum Unternehmen. Was ist seine Aufgabe in diesem Gremium?

Sein Know-how und seine langjährige Erfahrung in Bezug auf die Finanzmärkte sind sehr wertvoll für uns, insbesondere was die weitere Entwicklung unserer digitalen Strategie angeht.


Yves O. de Montmollin arbeitet seit 2004 für die Bank Bonhôte. Vor seiner Beförderung zum Chief Executive Officer (CEO) war er stellvertretender Direktor des Hauses. Er hat einen Abschluss der Universität St. Gallen (HSG) sowie ein Diplom des Institut de Formation de Gestionnaire de Patrimoine in Genf. Nach seinem Studium war er Mitglied im Beraterstab des damaligen Bundesrats Kaspar Villiger und anschliessend Mitarbeiter von Bundesrat Adolf Ogi. Danach wechselte er zur Genfer Banque Privée Edmond de Rothschild, bevor er zu Bonhôte stiess.

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