Wie kommt der bisherige Bankmanager Boris Collardi künftig mit dem Selbstverständnis der Privatbankiers zugange?

Selbst für einen arrivierten Bankmanager wie Boris Collardi war es das höchste der Gefühle – Privatbankier zu werden. Denn kaum eine andere Rolle in der Finanzwelt besitzt ein grösseres Ansehen, als Teilhaber einer Schweizer Privatbank zu sein.

Das kommt nicht von ungefähr. Haftet doch ein Privatbankier mit seinem persönlichen Vermögen unbeschränkt für die Verbindlichkeiten «seines Hauses».

Sprung aus dem Fenster

Zwar kam es in den vergangenen Jahren zu einer Aufweichung der Definition «Privatbankier», da sich einige Institute in Aktienkommanditgesellschaften umwandelten – so dass das Verlustpotenzial rein juristisch gesehen etwas geringer geworden ist. An der unternehmerischen Verantwortung des Privatbankiers hat sich damit aber kaum etwas geändert.

Bis heute geniesst der «Schweizer Privatbankier» ein Vertrauen, das der französische Philosoph Voltaire bereits im 17. Jahrhundert zur Feststellung verleitete: «Wenn Sie einen Schweizer Bankier aus dem Fenster springen sehen, springen Sie ihm hinterher. Es gibt bestimmt etwas zu verdienen.»

Zeit als Luxus

Was sind nun aber die Werte, die mit der Partnerrolle bei einer Schweizer Privatbank verbunden sind? Primär gewiss das Bestreben, sich langfristig zu engagieren, sich vorbildlich und integer zu verhalten und dem Wohl der bisweilen über Generationen verbundenen Klientel wie auch der Mitarbeiter zu dienen. Anders formuliert: Der Begriff Partnerschaft umschliesst auch Bescheidenheit, Zurückhaltung und die Erkenntnis, dass alles wechselseitig ist: Erfolgreich ist man nur zusammen.

Einen weiteren Aspekt nennt Laurent Ramsey, Teilhaber bei Pictet seit 2016: «Unser Luxus ist Zeit. Als Partnerschaft müssen wir nicht jedes Quartal externe Kapitalgeber zufriedenstellen. Wenn unser Gewinn sinkt, schrumpft auch die Gewinnbeteiligung. Das sorgt in schlechten Jahren für einen gewissen Puffer. Als 2008 die Märkte einbrachen, mussten wir niemanden entlassen.»

Wie weit der 43-jährige Collardi mit seinem überaus bunten Lebenswandel der Klasse von Pictet gerecht wird, muss sich noch weisen. Seine Aufnahme in das aktuell sechsköpfige Gremium ist indessen auch Ausdruck des Wandels, wonach die Nachfolgeregelung bei Pictet – mittlerweile in der achten Generation – nicht automatisch von Vater zu Sohn geht.

Vom Praktikanten zum Partner

Heute sind ausgewiesene Fachleute gefragt – wobei die Persönlichkeit trotzdem eine wichtige Rolle spielt: «Wir treffen uns viermal die Woche, da sollte man sich schon gegenseitig mögen», stellt Ramsey fest, der 1993 bei Pictet einstieg und es vom Praktikanten bis zum Partner brachte.

Gerade weil sich alle Teilhaber bewusst sind, dass sie aller Wahrscheinlichkeit nach für die nächsten 20 oder mehr Jahre miteinander kooperieren müssen, werde die Wahl eines neuen Partners zumeist sorgfältiger bedacht als manche Eheschliessung, lautet ein Bonmot aus Genfer Privatbankiers-Kreisen.

Am Ende des Tages müssen denn auch «emotionale, mentalitätsartige und kulturelle Aspekte» mit der Fachkompetenz» zusammenpassen. «Ein neuer Teilhaber», sagt Jacques de Saussure, ehemaliger Senior-Partner bei Pictet, «muss jemand sein, mit dem man auch gerne essen gehen möchte.»

Auch Abgänge

Trotz umsichtiger Suche und Auswahl kann es trotzdem vorkommen, dass eine Ernennung nicht die erhofften Resultate zeitigt, wie verschiedene Beispiele aus der Vergangenheit belegen.

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