Der frühere UBS-Investmentbanking-Chef Andrea Orcel hat ein Luxusproblem: Soll er untätig bleiben und auf die vielen Millionen Franken warten, die ihm zustehen, oder einen neuen Job annehmen und damit auf einiges verzichten?

Erstmals seit dem Scheitern seiner Anstellung bei der spanischen Bank Santander Anfang Jahr hat sich Andrea Orcel, der frühere Investmentbank-Chef der UBS, zu Wort gemeldet – und zwar übraus medienwirksam in der viel beachteten «Lunch with...»-Rubrik der «Financial Times» (Artikel kostenpflichtig) vom vergangenen Wochenende.

Darin versucht der 56-jährige Investmentbanker ein entspanntes, versöhnliches und reflektiertes Bild abzugeben. Das ist vermutlich in mehrfacher Hinsicht nötig. Denn erstens gilt der italienische Vollblutbanker in seiner Gilde nicht unbedingt als Sympathieträger, sondern eher als knallharter, unnachgiebiger und ruheloser Manager, der von seinen Untergebenen genauso viel erwartet wie von sich selber. Und das ist offenbar nicht jedermanns Sache.

Mehr als 50 Millionen Franken und eine Kehrtwende

Zweitens muss er nun damit leben, dass die ganze Welt weiss, dass sein Lohnpaket mitsamt Pensionskasse und ihm zustehenden UBS-Aktien umgerechnet mehr als 50 Millionen Franken Wert ist. Das war mit ein Grund dafür, dass er schliesslich die ihm in Aussicht gestellte Funktion als CEO der spanischen Bank Santander nicht erhielt.

Offenbar vollzog die Bankführung von Santander eine Kehrtwende, als sie realisierte, dass sie Orcel ein Gehaltspaket in diesem Umfang vorab bezahlen müsste – und das wollte sie offenbar am Ende des Tages nicht.

Elegant wieder im Spiel

Darum ist Orcel nun arbeitslos, sprich noch unschlüssig, ob er nun einige Jahre untätig bleiben und darauf warten soll, bis er seine UBS-Aktien erhält, oder ob er einen neuen Job annehmen soll und damit auf seine Pfründen zu verzichten. Bloss – welchen Job?

Mit dem Lunch auf Kosten der «FT» bringt sich der gebürtige Römer, der bereits seit 1988 in London lebt und trotzdem noch immer einen starken italienischen Akzent beim Sprechen hat, als vermittelbarer Top-Banker elegant wieder ins Spiel, ganz nach dem Motto: Seht, ich bin wieder zu haben, doch nicht ganz günstig, aber zumindest geläutert und inzwischen sehr umgänglich.

Schlechter Vater?

So zumindest präsentiert sich der «neue Orcel», einsichtig, wie er nun realisiert, dass er bislang ein sehr nachlässiger Vater für seine kleine Tochter war, mit seiner Ehefrau nun viel mehr spricht und bespricht, Gefallen an einem kleinen Husky-Hündchen namens Flash findet und sich an die Ratschläge seines Vaters erinnert, der ihm sagte: «Morgens, wenn Du beim Rasieren in den Spiegel schaust, gibt es kein Entrinnen bei der Frage – kannst Du mit diesem Gegenüber leben? Urteile selbst!»

Mit anderen Worten: So geht Selbstfindung à la Andrea Orcel. Und dass er uns daran teilhaben lässt, ist auch nicht ganz uneigennützig.

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