Als Investment-Experte bei der Credit Suisse analysierte Michael O'Sullivan die Märkte. Mittlerweile wurde er bei der Grossbank ersetzt und hat seine Sicht der Welt als Buch veröffentlicht. Sie ist alles andere als rosig. 

Offiziell steht Michael O'Sullivan noch im Sold der Credit Suisse. Eine Funktion hat er dort allerdings nicht mehr, seitdem er im Zuge eines breiten Revirements unter den Investment- und Nachhaltigkeits-Vordenkern der Bank seinen Job als Chief Investment Officer der internationalen Vermögensverwaltung an Nannette Hechler Fayd'Herbe abtreten musste. 

Seitdem blieb O'Sullivan, der auch bei der UBS schon Erfahrung gesammelt hat, allerdings nicht untätig. Noch im vergangenen März startete er einen Blog mit dem Titel «The Levelling», Ende Mai erschien bereits sein gleichnamiges Buch.

Kampf um Dominanz

In diesem sieht er die Globalisierung am Ende, unabhängig davon, dass diese für ein nie zuvor gesehenes Wohlstandsniveau gesorgt hat, namentlich in Ländern wie China. Statt einer weltweiten Vernetzung, von welcher alle profitieren, werden mehrere Regionen um Dominanz kämpfen, erklärte O'Sullivan in einem Interview mit dem britischen Magazin «The Economist».

«Die Globalisierung liegt schon hinter uns», sagte er dort. «Die Institutionen des 20. Jahrhunderts – die Weltbank, der Internationale Währungsfonds, die Welthandelsorganisation – werden zunehmend nutzlos wirken.»

Kein Weltkrieg

Immerhin: Zu einer Katastrophe analog zum Ersten Weltkrieg, als ebenfalls eine längere Phase wachsenden Wohlstands und Friedens abrupt endete, wird es laut O'Sullivan wahrscheinlich nicht kommen. Stattdessen würden sich verschiedene Modelle herauskristallisieren, in welchen die Wirtschaft, das Rechtssystem, Kultur und öffentliche Sicherheit völlig verschieden Funktionieren. 

So hat es sich als Illusion herausgestellt, zu glauben, China würde sich jemals ins Gefüge des Welthandels einordnen – unabhängig davon, ob das Land nun Mitglied der Welthandelsorganisation ist oder nicht. Stattdessen stehen die dortigen Machthaber – ebenso wie diejenigen in Russland und anderen undemokratischen Staaten – unter dem Zwang, ihren Bürgern Ordnung und steigenden Wohlstand zu bieten, da sie sonst aufbegehren werden. 

Mismanagement nach der Krise

Den Anfang vom Ende der Globalisierung verortet O'Sullivan in der «schlechten und ergebnislosen Reaktion» auf die Finanzkrise. «Der Ansatz war im Allgemeinen, die Kapitalkosten zu senken und nicht, die tieferen Gründe für die Krise anzugehen.»

«Die Folgen dieses Missmanagements werden uns noch lange verfolgen», prophezeit der ehemalige Princeton-Professor. Mit dem Ende der Globalisierung und dem Beginn von Machtkämpfen zwischen Polen wie Europa, Amerika und China werde auch die Demokratie zunehmend in Frage gestellt werden. 

Diese düsteren Aussichten dürften, sofern O'Sullivan recht hat, auch für die Schweizer Grossbanken Probleme aufwerfen. So werden sich Schwierigkeiten wie diejenigen der UBS in China häufen, je weniger die westliche Kultur dort noch als gleichwertig akzeptiert wird. 

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