Die unerwartet wuchtige Protestwelle in Hongkong destabilisiert auch den dortigen Finanzplatz. Verlagern reiche Chinesen ihr Geld nun nach Singapur oder gar in die Schweiz? Was bedeuten die jüngsten Entwicklungen langfristig für die Schweizer Banken?

Dreissig Jahre nach der gewaltsamen Niederschlagung der Protestbewegung am Platz zum Himmlischen Frieden in Peking gehen die Menschen in Hongkong auf die Strasse. Sie wehren sich gegen das autoritäre Regime Chinas. Auslöser ist diesmal die Revision eines Auslieferungsgesetzes, das der chinesischen Regierung den Zugriff auf kriminell verdächtige Personen in Hongkong erlauben würde.

Kaum je zuvor hat sich in diesen Breitengraden die Macht der Strasse derart vehement – und bislang erfolgreich – der staatlichen Obrigkeit entgegengesetzt. Umso mehr fragt sich die freie Welt, wie es mit der einstigen britischen Kronkolonie Hongkong weitergehen wird, zumal die chinesische Führung bislang weder Verständnis für Demokratie noch je die geringste Kompromissbereitschaft signalisiert hat.

Ein neuer «Langer Marsch»

«Das Schweizerische Generalkonsulat in Hongkong beobachtet und beurteilt die Situation in Hongkong laufend. Es verfügt über ein Krisendispositiv. Das Krisendispositiv wurde jedoch nicht aktiviert. Die Reisehinweise des EDA über Hongkong sind aktuell», sagte Generalkonsul Reto Renggli auf Anfrage.

Nach Einschätzung von Peter van der Welle befindet sich China auf einem «neuen Langen Marsch». Der Finanzstratege beim holländischen Robeco-Konzern nimmt dabei Bezug auf den über 9'000 Kilometer reichenden Rückzug der Roten Armee vor den herrschenden Nationalisten in den Jahren 1934/35. Der Lange Marsch markierte damals den Aufstieg von Mao Tse-Tung und die Geburt des kommunistischen Chinas.

Brückenkopf zur freien Welt

Die Frage nach der Zukunft Hongkongs stellt sich in diesem Lichte auch in Bezug auf den Finanzplatz, der auf eine lange Tradition zurückblickt und sich in den vergangenen dreissig Jahren zu einem der modernsten Dreh- und Angelpunkte der Welt entwickelt hat – stets auch zum Vorteil der Machthaber in Peking, zumal sich China über Hongkong einen Brückenkopf zur freien Welt sichert.

Vor dem Hintergrund der jüngsten Ereignisse haben sich die Perspektiven aber sozusagen über Nacht massiv verdüstert. Denn wie soll ein Finanzzentrum funktionieren, wenn elementare Werte wie Vertrauen, Zuverlässigkeit und Sicherheit nicht länger gegeben sind? Schnell kursieren seither auch Befürchtungen, dass vermögende Bewohner Hongkongs ihre Vermögen in andere Länder, konkret in «sichere Häfen» wie Singapur oder die Schweiz, verlagern.

Boomendes Schwarzgeld

Diese Hypothese liegt zwar auf der Hand, doch sie greift zu kurz. Denn wohlhabende Chinesen in Hongkong haben schon vor Jahren erkannt, dass ihr Vermögen in der einst sicheren, ehemaligen britischen Kronkolonie zunehmend in Gefahr gerät. Entsprechend haben sie auch schon Vorkehrungen getroffen, wie verschiedene Bankenvertreter bestätigen.

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