Die Amerikaner haben mit brachialen Methoden den Schweizer Finanzplatz umgepflügt. Wer US-Finanzminister Steven Mnuchin zuhört, sieht für den Schweizer Finanzplatz eine neue Gefahr aufziehen.

Nachdem Facebook mit Libra eine Kryptowährung vorgestellt hat, die den Dollar als globale Leitwährung bedrängen könnte, sah sich US-Finanzminister Steven Mnuchin zu ein paar klaren Statements bemüssigt. Seine Ansprache im Weissen Haus vom Donnerstag geriet zur Drohgebärde gegen Libra, Bitcoin, Kryptowährungen im allgemeinen – und wenn man zwischen den Zeilen zuhörte auch gegen den Schweizer Finanzplatz.

Dass Facebook ausgerechnet die Schweiz und die Private-Banking-Hochburg Genf als Standort für ihr Libra-Projekt gewählt hat, dürfte Mnuchins Drang zu einer eigentlichen Tirade gegen die sich weltweit etablierenden digitalen Währungen noch verstärkt haben.

Unter Beobachtung

Der frühere Wall-Street-Banker Mnuchin versicherte der Presse, Libra sowie Bitcoin und andere Kryptowährungen genauestens zu beobachten, um jeglichen Missbrauch für illegale Aktivitäten, vornehmlich Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung, zu verhindern. Nutzer wie auch Anbieter von Dienstleistungen im Krypto-Bereich würden die gleichen strengen Aufsichtsregeln erhalten wie herkömmliche Finanzdienstleister auch.

Die USA sähen in der missbräuchlichen Nutzung von Kryptowährungen eine klare Gefahr für das Finanzsystem und würden dieser mit aller Strenge begegnen. In einem Interview mit dem TV-Sender «CNBC» zog Mnuchin dann ungeniert die Linie vom Bitcoin als Zahlungsmittel für kriminelle Transaktionen zum Swiss Private Banking.

Nummernkonto als Gefahr für das Finanzsystem

«Wir werden es verhindern, dass Bitcoin zum Äquivalent des Schweizer Nummernkontos wird», sagte Mnuchin mit Referenz zu den längst der Vergangenheit angehörenden geheimen Schweizer Bankkonten. Und fügte dann hinzu: «Diese (die Nummernkonti) waren offensichtlich ein Risiko für das Finanzsystem.»

Die Aussage ist nicht einfach masslos übertrieben, sondern schlicht Blödsinn: Die Schwarzgeldpraktiken der Schweizer Banken haben das Finanzsystem in keiner Weise tangiert, sie stellten sich allenfalls als Gefahr für die Stärke des Schweizer Finanzplatzes heraus.

In der Schweizer verzahnen sich die Anbieter

Dass einem US-Finanzminister und früheren Investmentbanker eine solche Bemerkung nur herausgerutscht ist, wäre eine naive Annahme. Vielmehr müssen die Schweizer Akteure im Bereich von Crypto Finance Mnuchins Ansage als das verstehen, was sie war: Eine Warnung an den Schweizer Finanzplatz, der nun nicht nur Facebooks Libra beherbergt, sondern im Bereich von Crypto Finance und Banking eine globale Führungsrolle einnimmt.

Allein die bei der Finma laufend zunehmenden Gesuche von Krypto-Anbietern nach einer Banklizenz sind ein Anzeichen, dass sich Krypto- und Blockchain-Welt mit dem traditionellen Banking in der Schweiz verzahnen. Eine ganze Reihe von Privatbanken bietet bereits Kryptowährungs-Dienstleistungen an, Dutzende andere Schweizer Institute bereiten entsprechende Angebote vor.

Angst vor dem langen Arm der USA

Es sind auch Reputationsgründe sein, dass die grosse Mehrheit der Schweizer Banken ihre Aktivitäten im Krypto-Bereich verschweigt oder zumindest nicht an die grosse Glocke hängen.

Mnuchins Tirade deutet aber darauf hin, dass es explizit die nach wie vor tief in den Knochen steckende Furcht vor dem langen Arm der US-Behörden und- Justiz ist, welche die Schweizer Banken davon abhält, Aktivitäten im Bereich Crypto Finance zu starten, sie zu vertiefen und sie auch öffentlich zu bewerben.

US-Korrespondenzbanken sagen «no»

Recherchen von finews.ch im vergangenen Jahr zeigten, dass allein schon das Eingehen von Geschäftsbeziehungen mit Krypto- und Blockchain-Unternehmen für die allermeisten Schweizer Banken ein zu heisses Eisen ist, weil sie Repressalien aus den USA befürchten müssen. US-Korrespondenzbanken wie J.P. Morgan oder Bank of America verboten es ihren Schweizer Partnerinstituten schlicht, Krypto-Dienstleistungen anzubieten.

Weil sonst erhebliche Einschränkungen für Dollar-Transaktionen drohen, befolgt die grosse Mehrheit der Schweizer Banken diese US-Anweisungen offenbar.

Mnuchin impliziert mit seinem Konfrontationskurs gegen Facebook und Libra nachgerade, dass der Internetriese die Schweizer als Standort für ihr Projekt aus Gründen gewählt hat, um Aufsicht und Kontrollen besser entgehen zu können. Während sich die Schweiz für Facebook nun als strategischer Fehler erweisen könnte, bleibt für die Schweizer Banken die Gewissheit: «The U.S. is watching you.»

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.58%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    18.86%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    27.98%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9.04%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.54%
pixel