Das schnelle Wachstum und die kundenfreundliche Technologie machen Neobanken zunehmend zur Bedrohung für Schweizer Institute. Dass dort noch keine Panik ausgebrochen ist, liegt auch am Informationsvorsprung der Alteingesessenen.

Das rapide Wachstum von Banking-Startups wie Revolut bringt auch Nachteile mit sich. Zu diesen gehört, dass die Firmen ohne eigene Banklizenz operieren. Das macht die Unternehmen zwar schnell, zwingt die Kunden aber, ihr Guthaben regelmässig per Kreditkarte oder durch Überweisungen von ihrer Hausbank aufzufüllen.

Dies ist nicht nur deshalb ein Nachteil, weil die Angebotspalette dadurch zwangsläufig vorerst nicht mit einer gängigen Retailbank mithalten kann. Dadurch wird nämlich auch transparent, in welchem Ausmass die Kunden eines Instituts die neue Konkurrenz tatsächlich nutzen.

Gut informierte Platzhirsche

Wie finews.ch erfahren hat, werten mit der UBS, der Raiffeisen, der Postfinance und der Credit Suisse (CS) die grössten Schweizer Retail-Banken die Geldströme auf entsprechende Informationen aus. Die Platzhirsche im Schweizer Retailgeschäft wissen deshalb genau, wie viele ihrer Kunden zu den über 250'000 Schweizer Revolut-Nutzern zählen.

Offiziell bestätigte nur die Raiffeisen dies. «Raiffeisen Schweiz wertet unter Berücksichtigung der AGB und der Datenschutzrichtlinien Daten des Zahlungsverkehrs aus – auch in Bezug auf sogenannte Neobanken», schrieb eine Sprecherin.

Nur eine Scheibe

Der Informations-Vorsprung könnte ein Grund dafür sein, weshalb sich viele Banker im Gespräch unbeeindruckt durch Revolut, N26 und deren kleinere Wettbewerber geben. Welches Bild sich aus den erhobenen Daten ergibt, liess sich allerdings bei keinem der Institute herausfinden.

Die hiesigen Retail-Banker scheinen sich aber insofern in Sicherheit zu wiegen, als dass noch keine der Banken zur preislichen Gegenoffensive geblasen hat. Das liegt auch daran, dass Revolut nur «eine Scheibe des daily Banking» abdeckt, wie es in einem Gespräch mit finews.ch formuliert wurde.

Auf echte Banken angewiesen

Vollständig abwandern können die Kunden also noch nicht. Stattdessen laden sie ihr Revolut-Konto mittels einer Überweisung auf das Konto des britischen Fintechs bei der CS auf. Bei N26 fliesst das Geld nach Deutschland, während die Schweizer Lokalmatadoren Neon und Zak bei der Hypothekarbank Lenzburg respektive der eigenen Mutterbank Cler ihre Depots haben.

Der tatsächliche Einfluss der jungen Konkurrenz auf den Ertrag der Banken ist deshalb wahrscheinlich unterproportional zur Anzahl der Konten. Zum Vergleich: Den mindestens 300'000 Kunden der Neobanken in der Schweiz stehen über 2,8 Millionen bei der Postfinance, etwa 2,3 Millionen bei der UBS und ungefähr 1 Million im Retail-Segment der CS Schweiz gegenüber.

Direkte Antwort der CS

Unter den vier grössten national tätigen Schweizer Retailbanken ist die CS die einzige mit einer Initiative, die als direkte Antwort auf die Neobanken gewertet werden kann. Die Bank lancierte letzten Sommer mit Direct Banking eine Geschäftseinheit, die stärker auf den digitalen Austausch mit den Kunden setzen soll. 

Unter Mario Crameri investiert diese Direktbank auch über die Beobachtung der Neobanken hinaus in bessere Datenanalyse, um die Kundenbedürfnisse verstehen zu können, wie dieser bereits vergangenen Sommer in einem internen Schreiben sagte. Mit ihrem Direct-Banking-Projekt hat die CS – zumindest in der öffentlichen Wahrnehmung – einen Vorsprung gegenüber der Konkurrenz.

Denn auch wenn das stark vom Zinsengeschäft geprägte Schweizer Retail-Banking noch nicht akut unter der neuen Konkurrenz leidet, haben sich dadurch die Erwartungen der Konsumenten verschoben. Die Banken, die im entscheidenden Moment nicht darauf reagieren können, werden diesen Rückstand nur schwer aufholen können, auch wenn sie jetzt noch einen Informationsvorsprung haben.

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.54%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    18.88%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    27.99%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.59%
pixel