In Argentinien ist eine Jahrzehnte alte Liste mit Tausenden Namen von Nazi-Parteigängern aufgetaucht –  samt Kontoverbindungen. Eine bekannte jüdische Organisation hat deswegen nun am Zürcher Paradeplatz angeklopft.

Argentinien wurde nach dem Zweiten Weltkrieg zur Fluchtburg für Nazi-Grössen – der berüchtigte SS-Lagerarzt Josef Mengele fand ebenso Unterschlupf im südamerikanischen Land wie der Holocaust-Organisator Adolf Eichmann.

Doch nun ist in Buenos Aires überraschend eine Namensliste (Bild unten) zum Vorschein gekommen, die noch auf die Zeit vor dem Zusammenbruch des Dritten Reichs zurückreicht. Der Inhalt ist explosiv: Aufgelistet sind an die 12'000 Namen von Nazi-Parteigängern in Argentinien, offenbar samt Kontoverbindungen in die Schweiz – wobei die Schweizerische Kreditanstalt (SKA), die Vorgängerbank der Credit Suisse (CS) prominent figuriert.

Arisierte Vermögen vermutet

Das renommierte Simon Wiesenthal Centre in Jerusalem hat den Fund aus den 1940er-Jahren nun publik gemacht. Mehr noch: Einer Mitteilung zufolge hat die mit der Aufarbeitung des Holocaust befasste Organisation bereits mit der Grossbank am Zürcher Paradeplatz Kontakt aufgenommen.

Das Simon Wiesenthal Centre vermutet, dass auf den CS-Konti «arisierte» – sprich von deutschen Juden geraubte – Vermögen schlummern. Entsprechend hat die Organisation bei einem Juristen der CS um mehr Informationen gebeten. Eine Antwort der Bank ist laut der Meldung bisher ausgeblieben; die Anfrage ist aber laut Kennern des Sachverhalts erst vor wenigen Tagen in Zürich eingetroffen.

NaziTab 500

Erinnerung an eine der schwersten Krisen

So oder so wird die Grossbank, die gerade einen CEO-Wechsel hinter sich hat und noch im Banne der international beachteten «Spygate»-Affäre steht, von einer bewältigt geglaubten Vergangenheit heimgesucht.

Die Kontroverse um nachrichtenlose jüdische Vermögen auf Schweizer Bankkonti hat das Swiss Banking Ende der 1990er-Jahre in eine seiner schwersten Krisen gestürzt. Erst mit einer Vergleichszahlung der Grossbanken UBS und Credit Suisse in der Höhe von insgesamt 1,25 Milliarden Dollar an die jüdischen Sammelkläger erledigte sich die Affäre bis zur Jahrtausendwende.

«Wir werden der Angelegenheit nochmals nachgehen»

Seit 1995 gibt es in der Schweiz Richtlinien zum Umgang mit nachrichtenlosen Vermögen, der Schweizerische Bankenombudsman hilft bei der Suche.

Auf Anfrage von finews.ch verweist die Grossbank darauf, dass zwischen 1997 und 1999 die unabhängige Volcker-Kommission eine Untersuchung der CS und rund 60 anderer Schweizer Banken durchführte; dies mit dem Ziel, Konti ausfindig zu machen, die wahrscheinlich Opfern der Nazi-Verfolgung gehört hatten. Die Kommission sei zum Schluss gekommen, ein vollständiges und umfassendes Bild geschaffen zu haben, so wie es unter den Umständen möglich war.

«Dennoch werden wir dieser Angelegenheit nochmals nachgehen», verspricht die CS.

Umarmt, gejagt, vernichtet

Die neu aufgetauchte Liste geht ihrerseits auf ein Stück argentinische Geschichte zurück. In den 1930er-Jahren fuhren die damaligen Präsidenten José Félix Uriburu und Agustín Pedro Justo eine betont Nazi-freundliche Politik und hiessen Exponenten des deutschen Regimes im Land willkommen. Über die Bankhäuser Banco Alemán Transatlántico und Banco Germánico de América del Sur sollen nach Südamerika gewechselte Nazis auch Transaktionen in die Schweiz getätigt haben.

Doch 1938 kam die politische Wende in Argentinien. Präsident Roberto Ortiz war deutsch-feindlich eingestellt und spürte mit einer Kommission dem Nazi-Netzwerk im Land nach. So kamen die 12'000 Namen zusammen. Doch bereits 1943 errichtete Pedro Pablo Ramirez Menchaca eine Militärdiktatur und liess alle Dokumente der Kommission vernichten. Indes, die eine Liste überlebte – und könnte nun 80 Jahre nach ihrem Entstehen noch für Aufregung am Schweizer Bankenplatz sorgen.

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