Wegen Strafermittlungen in Holland steht Bankmanager Ralph Hamers bei der UBS unter Druck. Das Ergebnis im Jahr 2020 zeigt dabei erneut, warum die Grossbank auf das Know-how dieses erprobten Digitalisierers buchstäblich angewiesen ist.

Im vergangenen November hatte Ralph Hamers bei der UBS die Zügel von Vorgänger Sergio Ermotti übernommen. Am (heutigen) Dienstag zog der Chef der grössten Schweizer Bank ein erstes Fazit aus seinen Eindrücken seither.

Er bescheinigte dem Geldhaus unter anderem eine starke Marke, eine widerstandsfähige Bilanz, gute Diversifikation und herausragende Kundenbeziehungen sowie Talente auf allen Stufen. Auffallend ist indes, was der Niederländer in seinem Lob nicht erwähnte – die digitalen Dienste.

Digitalisierung zuvorderst

Das ist wohl kein Zufall. Denn aus seiner Amtszeit als CEO der niederländischen Grossbank ING ist bekannt, dass Hamers bei seinen Auftritten die digitalen Errungenschaften des Instituts stets vorneweg aufzählte.

Hauptsächlich deswegen holte ihn auch der UBS-Verwaltungsrat unter Präsident Axel Weber in die Schweiz: Es brauche jemanden, der die grösste Privatbank der Welt fit für den digitalen Wandel machen könne.

Keine grossen Stricke zerrissen

Im Ausnahmejahr 2020, das für die UBS ausnehmend gut geriet, zerriss die Marktführerin diesbezüglich keine grossen Stricke: In der Präsentation zum Jahresergebnis zählte die Grossbank exemplarisch ihre digitalen Leistungen in der Schweiz auf, wo die UBS auch im Retailgeschäft führend ist (siehe Grafik unten).

Gegenüber Ende 2019 nahmen zwar die Volumen auf der UBS-Version der helvetischen Bezahlapp Twint um 126 Prozent zu; die Login-Rate im Mobile Banking über Mobiltelefon stieg derweil nur um 5 Prozentpunkte. Der gleiche Anstieg war bei den aktiven Kunden im digital Banking auszumachen.

GrafikUBS 500

Disruptierte Normen

Dabei stellte Hamers fest, dass die Pandemie die Verbreitung von digitalen Angeboten beschleunige und somit drauf und dran sei, bestehende Normen im Banking zu disruptieren. In dieser Veränderung zu den Gewinnern zu zählen, war denn auch am Dienstag ein klar formuliertes Ziel von Hamers. Doch die Frage, die sich stellt, lautet: Kommt er überhaupt dazu?

Dieser Tage wurde bekannt, dass sich die niederländische Staatsanwaltschaft einer Geldwäscherei-Affäre bei der Grossbank ING erneut annimmt und dabei gezielt die Rolle des früheren CEOs Hamers untersucht.

Höchst ungewiss

Hamers selber zeigte sich gegenüber dem Schweizer Radio und Fernsehen «SRF» am Dienstag zuversichtlich, dass das Verfahren ein gutes Ende nehmen wird. Doch der Ausgang der Untersuchung, die sich über mehr als ein Jahr hinziehen könnte, ist höchst ungewiss.

Der UBS-Verwaltungsrat hat dem CEO bereits wiederholt das Vertrauen ausgesprochen und will diesen auch rechtlich nach Kräften unterstützen. Bankpräsident Weber wollte aber zuletzt keine Prognose mehr abgeben, ob Hamers UBS-Chef bleibe.

Hartnäckige Kostenfrage

Dass es den Niederländer bei der Grossbank braucht, liegt angesichts der durch die Coronakrise beschleunigten digitalen Transformation auf der Hand. Denn in der Digitalisierung könnte die Antwort auf ein weiteres Problem liegen, das die UBS hartnäckig begleitet: die hohen Kosten.

Im Kerngeschäft mit der Globalen Vermögensverwaltung (GWM) ist das wichtige Kosten-Ertrags-Verhältnis (Cost-/Income-Ratio) im Jahresverlauf nur leicht von 81 auf 78 Prozent gesunken – obwohl gerade das Private Banking mit Superreichen wie geschmiert lief.

Schliessung Dutzender Filialen

Im Schweizer Geschäft mit Firmen, Institutionellen und Privatkunden verschlechterte sich hingegen die CIR von 65 auf 66 Prozent. Hier steht die UBS operativ insbesondere im Zinsen- und Paymentgeschäft unter Druck.

Vergangenen Dezember hat die UBS Schweiz zumindest die Kostenseite mit der Schliessung Dutzender Filialen angepackt. Aber für die Verbesserung der CIR müssen auch mehr Erträge her.

Weitere Massnahmen im Heimmarkt?

Mit digitalen Werkzeugen und Kanälen liessen sich sowohl Zähler wie Nenner im Verhältnis beeinflussen. Beobachter erwarten daher, dass Digitalisierer Hamers zuerst im Heimmarkt anpackt. Hamers sagte am Dienstag vor Journalisten, die UBS Schweiz müsse einfacher für die Kunden werden; Massnahmen würden sich dabei immer am Kundennutzen orientieren. Wenn dabei gespart werde, sei das ein willkommener Nebeneffekt.

Der Bankchef will sich in seiner «Review» ganz offensichtlich nicht hetzen lassen. Konkret: Im zweiten Quartal 2021 will er zur Strategie informieren, also deutlich nach Ablauf seiner ersten 100 Tage bei der Bank. Das heisst, sofern nichts dazwischenkommt.

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