Swiss Life hätte auch ins Schadengeschäft vorstossen können. Stattdessen hat sich der Lebensversicherer für die Königsdisziplin des Swiss Banking entschieden. Das ist bezeichnend, findet finews.ch.

In den Jahren vor der Corona-Krise hatte Patrick Frost den Eintritt von Swiss Life ins Schaden-Geschäft durchexerzieren lassen. Ein ganzes Team von Managern investierte viel Effort in den Markteintritt des grössten Schweizer Lebensversicherers ins Revier von Axa, Zurich, Mobiliar & Co. Doch trotz viel Vorarbeit vermochten sie den CEO nicht zu überzeugen. Nach der Präsentation senkte er den Daumen über dem Vorhaben.

Die Gründe für Frosts Skepsis liegen auf der Hand, damals wie heute. Die angestammte Konkurrenz kann jeden Neuling mit einer Preisoffensive gleich wieder nachhause schicken. Neueinsteiger in einen Markt «erben» zudem routinemässig die schlechten Risiken. Auch darum liegen die Hürden für einen Eintritt im Schweizer Versicherungswesen so hoch.

Affluents – aber nicht nur

Doch für das Private Banking gilt das offenbar weniger; wie der Lebensversicherer am Montag vermeldete, tritt er mit der Tochter Swiss Life Wealth Managers ins Geschäft mit der Vermögensverwaltung für «anspruchsvolle Privatpersonen» ein.

Wie es auf Nachfrage von finews.ch heisst, richtet sich das neue Angebot zwar primär an vermögende Privatpersonen aus dem Affluent-Segment. Grundsätzlich empfange Swiss Life Wealth Managers jedoch alle Kundinnen und Kunden, die eine massgeschneiderte Finanzplanung oder Vermögensverwaltung wünschten.

Digitalisierung als Schmiermittel

Und dies gleich mit einer eigenen Filiale im Zürcher Bankenviertel; in den kommenden Jahren sollen schweizweit weitere Standorte folgen. Swiss Life will damit die verwalteten Vermögen von Privatkunden im Heimmarkt bis 2024 auf über 6,5 Milliarden Franken ausbauen. Nimmt man das schnelle Wachstum des Fondsarms Swiss Life Asset Managers zum Massstab, stehen die Chancen dafür gar nicht so schlecht.

Dies umso mehr, als die Königsdisziplin des Swiss Banking schon zuvor bemerkenswert zersplittert und offen war. Jetzt lösen sich letzte Grenzen mit hohem Tempo auf.

So erlaubt es die Digitalisierung, schneller und mit geringerem Aufwand an die Kundschaft heranzutreten und diesen massgeschneiderte Anlage-Portefeuilles anzubieten. Kompetente Berater aus Fleisch und Blut – denn diese scheint es immer noch zu benötigen – können angeheuert oder notfalls auch selber ausgebildet werden.

Neobanken fressen sich hoch

Damit sind es längst nicht nurmehr Kantonal- und Auslandsbanken, die sich wie ein Ende der 1990er- und in den Nullerjahren mit Prestige-Filialen in den Zentren des Swiss Private Banking etablieren. Stattdessen wird das noble Geschäft von allen Seiten her bedrängt: Fintechs und Neobanken «fressen» sich mit komplexeren Angeboten vom bereits eroberten Zahlungsgeschäft in die Vermögensverwaltung vor. Online-Banken wie Saxo Schweiz diversifizieren derweil in ein steteres Business, währen Bank-Neulinge wie Alpian den Wunsch der Klientel nach mehr Nachhaltigkeit zu bedienen suchen.

Und nicht zu vergessen sind die unabhängigen Vermögensverwalter- und berater, die trotz des gegenwärtigen Strukturwandels durchaus in der Lage sind, Neugeschäft und auch ausländische Investoren anzuziehen. Glaubt man jenen Käufern, ist die unabhängige Beratung das Wachstumgsgeschäft in der Vermögensverwaltung schlechthin. Dies explizit auch in Abgrenzung zu den Banken, die bei den Kunden einiges Vertrauen verspielt haben.

Berater gesucht

Zur Öffnung des einst höchst exklusiven Business’ tragen schliesslich auch die angestammten Privatbanken selber bei, die immer öfter auch bereit sind, bloss vermögende Kunden zu bedienen, wenn diese nur das richtige Potenzial zum Reichtum versprechen. In diesem Segment könnten die Institute schon bald auf Swiss Life treffen.

Für ihre Initiative rekrutiert Swiss Life in der Schweiz nun erfahrene Finanzberaterinnen und -berater, die unterschiedliche berufliche Stationen absolviert haben, wie weiter beim Versicherer zu erfahren war. Die persönliche Beratung werde ausserdem mit digitalen Tools unterstützt, die einen hohen Individualisierungs-Grad der Anlage-Strategien zulassen würden. Darüber steht den Kundinnen und Kunden ein Kundenportal zur Verfügung. 

Alteingesessene haben mehr zu verlieren

Damit scheint der Lebensversicherer gut gerüstet; als wesentliche Hürde bleiben da eigentlich nur die Eigenheiten des Schweizer Heimmarktes. Trotz des grossen Interesses von allen Seiten bleibt dessen das Wachstumspotenzial nämlich beschränkt; der Markt für Vermögensverwaltung in der Schweiz ist gesättigt und nimmt jährlich höchstens noch im einstelligen Prozentbereich zu.

Wer hier schneller wachsen will, muss sich deshalb die Kunden bei der Konkurrenz holen. Da liegt es in der Natur der Dinge, dass die Neueinsteiger von tiefer Basis aus eigentlich nur gewinnen können – während die etablierten Privatbanken am meisten zu verlieren haben.

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