Die Privatbanken ziehen Neugeld in Massen an. Doch das stammt nicht mehr zwingend von Millionären, wie sich zeigt. Das neue Zauberwort heisst Potenzial.

Das abgelaufene 2021 erweist sich als neuerliches Rekordjahr für das Swiss Private Banking – eines ums andere vermelden die führenden Häuser historisch hohe Resultate.

Ins Auge sticht dabei eine Grösse, mit der sich die Branche in vergangenen Jahren schwer tat: Endlich sprudelt für die Institute das Neugeld wieder. Mitgetrieben von der guten Börsenlage erhöhten sich die verwalteten Vermögen etwa bei der UBS, bei Julius Bär und der Genfer Privatbank Pictet im vergangenen Jahr zweistellig.

«Bei uns sind auch jüngere Leute willkommen»

Ein Triumph für die noble Königsdiziplin des Bankenplatzes also – möchte man meinen. Doch bei genauerem Hinsehen zeigt sich, dass die Private Banker gar nicht mehr so wählerisch sind, wenn es um die Annahme des besagten «Net new money» geht. Galt früher einmal die ungeschriebene Regel, das Kunden erst ab einer Millionen Franken Zutritt gewährt wurde, nimmt das Metier heute Abstand von solchen Limiten.

Die Schweizer Privatbanken seien diesbezüglich flexibler geworden, bestätigt Andreas Arni im Gespräch mit finews.ch. «Es ist nicht so, dass wir eine feste Mindestgrenze hätten», sagt der Verantwortlich für das Deutschschweizer Geschäft der Genfer Privatbank Lombard Odier. Beim Institut schaue man stattdessen eher auf das Potenzial des Kunden, so Arni weiter. «Generell lässt sich sagen, dass bei uns auch jüngere Leute, die ein Unternehmen gegründet haben, willkommen sind.»

Digitalisierung macht's möglich

Auch die Privatbank Julius Bär, die jüngst im Schweizer Geschäft zu neuem Schwung gefunden hat, zeigt ein Herz für kleinere Vermögen. Eine fixe Vermögenslimite kennen die «Bären» im Heimmarkt nicht, wie eine Sprecherin auf Anfrage erläuterte. «Bei unseren Kunden mit langfristiger Perspektive betreffend Vermögensaufbau kann am Anfang auch ein erst kleines Vermögen stehen, bei dem wir Hand bieten können.»

Die Million von einst weicht also dem Millionen-Potenzial, das dereinst seinen Weg in die Depots der Privatbanken finden soll. Eine gewagte Wette eigentlich, die aber nicht zuletzt dank der Digitalisierung an Substanz gewinnt. Denn der Trend zu Geschäftsmodellen im Internet, der während der Coronakrise nochmals kräftig an Schub gewonnen hat, lässt gewiefte Jungunternehmer innert Kürze zu Millionären werden. Mit der Verbreitung von Krypto-Investments mit ihren gewaltigen Kurssprüngen ist gar Reichtum über Nacht möglich geworden.

Ein geriatrisches Geschäft

Dies steht im Gegensatz zum tradierten Private Banking, das im Wesentlichen auf ein Geschäft mit Senioren hinauslief. Gerade in der Schweiz konzentriert sich das Vermögen in den Händen von Rentnern; mehr als jeder Fünfte der Mehrpersonen-Haushalte, in denen der Ehemann über 65 Jahre alt ist, versteuert mehr als 1 Million Franken an Vermögen, rechneten einst Zürcher Statistiker vor.

Ihrerseits können Privatbanken digitale Kanäle nutzen, um auch kleinere Vermögen effizient zu bedienen. Paradebeispiel ist hier die Branchenführerin UBS, die in den USA für 1,3 Milliarden Franken den Robo-Advisor Wealthfront gekauft hat. Dies in der Hoffnung, ein jüngeres Zielpublikum zu erreichen. Auf dem Schweizer Markt bietet derweil das Investmenthaus Vontobel die App Volt an, die Nutzern eine aktive Vermögensverwaltung mit Vontobel-Expertise verspricht. Die Mindestanlagesumme beträgt hier 10’000 Franken.

Ausnahme von der neuen Regel

«Die Praxis zeigt aber, dass es sinnvoll ist, mindestens einen mittelgrossen sechsstelligen Betrag anzulegen, wenn eine Kundin oder ein Kunde die aktive Investmentexpertise von Vontobel in vollem Umfang nutzen möchte», gibt ein Sprecher des Zürcher Traditionsunternehmens zu bedenken.

Und natürlich sind auch die Ausnahmen zu nennen, welche die neue Regel im Metier bestätigen. So heisst es etwa von Pictet, dass dort Kunden ab 2 Millionen Franken willkommen seien. Öffentlich bestätigt wissen will dies die grösste der Genfer Privatbanken aber nicht. Schweigsamkeit ist ein Merkmal, von dem sich die Branche nicht so schnell verabschiedet.

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