Im Zusammenhang mit dem Archegos-Debakel kommt zutage, wie geradezu fahrlässig das Top-Management der Credit Suisse bis vor kurzem noch gearbeitet hat. Die Mängel sind gravierend. Die Finma hat weitreichende Massnahmen angeordnet, die sowohl für die weiterhin bestehende CS aber auch für die Rechtsnachfolgerin UBS gelten. 

Das milliardenschwere Debakel mit dem US-Hedgefonds Archegos Capital Management (Archegos), das die Credit Suisse (CS) 2021 in arge Notlage brachte, endet nun mit einer saftigen Busse sowie einer harten Rüge der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (Finma), die bei der CS schwerwiegende Mängel in der Vergangenheit festgestellt hat.

Die Finma hat zudem korrigierende Massnahmen angeordnet, die sich aufgrund der Übernahme der CS durch die UBS an die weiterhin bestehende CS wie auch an die UBS als Rechtsnachfolgerin richten. 

Zusätzliche Rückstellung wegen doppelter Busse

Im Rahmen der am Montagabend bekannt gegebenen Einigung sowohl mit dem Board of Governors des US Federal Reserve Systems (US-Notenbank, kurz Fed genannt) als auch mit der britischen Prudential Regulation Authority (Aufsichtsbehörde, kurz PRA genannt) wird die CS eine Busse von 269 Millionen Dollar an die Fed sowie 87 Millionen Pfund (umgerechnet 119 Millionen Dollar) an die PRA zahlen. Vor diesem Hintergrund wird die CS ihrem Abschluss für das zweite Quartal 2023 eine zusätzliche Rückstellung in dieser Angelegenheit ausweisen müssen.

Die UBS wird diese Rückstellung im Rahmen der Akquisition der CS nach der Erwerbsmethode bilanzieren, wie weiter zu erfahren war. Gleichzeitig haben die Fed und die Finma im Rahmen der Einigung weitreichende Korrekturmassnahmen angeordnet, welche sich auf das Kredit-, Liquiditäts- und nichtfinanzielle Risikomanagement sowie die Überwachung dieser Massnahmen beziehen.

Enforcementverfahren gegen eine ehemalige CS-Führungsperson

Die Finma ihrerseits stellte am Montagabend in einem eigenen Communiqué weiter fest, dass die CS im Kontext der Geschäftsbeziehung mit Archegos schwer und systematisch gegen das Finanzmarktrecht verstossen habe. Die Finma hat zudem ein Enforcementverfahren gegen eine ehemalige CS-Führungsperson eröffnet, wobei sie deren Namen nicht nannte.

In ihrem Verfahren stellte die Finma zudem folgende Mängel bei der CS fest:

1. Zu grosse Position und Risiken

Die Eigenposition der CS aufgrund der Beziehung mit Archegos war während Monaten enorm hoch. Sie wies im März 2021 einen Wert von 24 Milliarden Dollar auf. Dies entsprach viermal der Position des nächstgrössten Hedgefonds-Kunden und mehr als der Hälfte des Eigenkapitals der CS. Die Bank war nicht in der Lage, die mit dieser Position im Zusammenhang stehenden Risiken angemessen zu handhaben.

2. Keine Involvierung von verantwortlichen Geschäftsleitungsmitgliedern

Trotz der enormen Grösse dieser Kundenposition und der damit verbundenen Risiken waren die Geschäftsleitungsmitglieder der Bank nicht über den Sachverhalt informiert. Es gab keine Vorgabe, dass sich zuständige Geschäftsleitungsmitglieder standardmässig von sich aus mit bedeutenden und riskanten Geschäftsbeziehungen befassen müssen.

3. Ungenügende Reaktion auf Limitenüberschreitungen

Die Risikoüberwachung der CS zeigte regelmässig an, dass in der Beziehung mit Archegos geltende Limiten überschritten wurden und damit für die Bank hohe Verlustrisiken bestanden. Die verantwortlichen Mitarbeitenden verhielten sich jedoch zugunsten des Kunden. Überschreitungen wurden ungenügend beanstandet. Zum einen stellte die Bank viel zu tiefe Nachforderungen bei Archegos. Zum anderen wurden überschrittene Limiten wiederholt einfach erhöht. So reduzierten sich zwar die Überschreitungen, die eigentlichen Verlustrisiken stiegen aber an.

4. Konzentrierte Risiken statt Absicherung

Archegos erwarb grosse Positionen zu nur wenigen Emittenten. Die CS baute zur Absicherung analog Bestände an diesen Titeln auf, die teilweise zu bedeutenden Marktanteilen an diesen Titeln führten. Insgesamt entstanden für die Bank enorme und konzentrierte Verlustrisiken, die sich beim späteren Notverkauf realisierten. Die Bank berücksichtigte völlig ungenügend, dass die Sicherheiten ihren Zweck im Notfall nicht erfüllen könnten, da sie nicht diversifiziert waren.

5. Auszahlung kurz vor dem Kollaps

Zwei Wochen vor dem Kollaps von Archegos wiesen deren Positionen noch einen hohen Wert auf. Archegos verlangte deshalb von der CS die Auszahlung von 2,4 Milliarden Dollar. Die Bank zahlte diesen Betrag gestützt auf den Vertrag mit Archegos aus. Zwar gingen gewisse Mitarbeitende davon aus, dass die Bank vertraglich dazu verpflichtet gewesen war, diese Auszahlungen zu tätigen. Es liegen aber keine Hinweise vor, wonach die Bank intern tatsächlich geprüft hat, diese Auszahlungen nicht vornehmen zu müssen oder in Erwägung gezogen hat, diese bis zur Leistung von zusätzlichen Sicherheiten auszusetzen oder mit solchen zu verrechnen, um die eigenen Risiken zu minimieren.

Organisation und Risikomanagement ungenügend

Im Ergebnis bestanden bei der CS im Untersuchungszeitraum gravierende Mängel hinsichtlich des Erfordernisses an eine angemessene Verwaltungsorganisation im Sinne des Bankengesetzes. Der Bank war es insbesondere nicht möglich, die mit Archegos verbundenen erheblichen Risiken angemessen zu erfassen, zu begrenzen und zu überwachen. Damit hat die Bank das bankengesetzliche Organisationserfordernis in schwerer und systematischer Weise verletzt.

Korrigierende Massnahmen

Aufgrund der Vorfälle verlangt die Finma von der UBS als Rechtsnachfolgerin der CS, dass in der gesamten Finanzgruppe ihre Beschränkungen für Eigenpositionen im Zusammenhang mit einzelnen Kunden gelten.

Ausserdem muss das Vergütungssystem der gesamten Finanzgruppe Bonuszuteilungskriterien vorsehen, die den Risikoappetit berücksichtigen. So muss für Mitarbeitende mit besonderer Risikoexposition vor der Festlegung des Bonus eine Kontrollfunktion die eingegangenen Risiken beurteilen und festhalten.

Die UBS kennt bereits entsprechende Regeln, welche die Finma nun rechtsverbindlich angeordnet hat.

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