Biotech-Expertin Mina Marmor erwartet eine Beschleunigung der M&A-Aktivitäten, sofern es den Bio-Pharmafirmen gelingt, ihre ausserhalb der USA gehaltenen Liquiditätsreserven zurückzuholen.

Von Mina Marmor, Portfolio Managerin bei Sectoral Asset Management

Biotech-Investoren erlebten 2016 eine wahre Berg- und Talfahrt: Nach Jahren der Outperformance startete 2016 mit einem Ausverkauf des Nasdaq Biotech Index (NBI). Der Wahlsieg Donald Trumps sorgte dann am Jahresende für eine Biotech-Rally, auch wenn dieser Effekt längst verpufft ist. Denn eine Regulierung der Medikamentenpreise in den USA ist damit um einiges unwahrscheinlicher geworden.

Trotzdem ist die Biotechindustrie für weiteres Wachstum gut positioniert: Denn die Kurse sind attraktiv wie selten zuvor, das regulatorische Umfeld ist günstig, und Innovationen sorgen für solides Wachstum.

Innovative Wirkstoffe

Im Vergleich zum optimistischen und durchaus umstrittenen Kursniveau der Jahresmitte 2015 sind Biotech-Werte derzeit überaus preiswert zu haben. Zum 30. November 2016 lag das rollierende 12-Monats-Kurs-Gewinn-Verhältnis des MSCI World Biotech Index bei 13 und damit unter dem des MSCI Pharma (15) und MSCI World Index (16). Insgesamt sind die Chancen von Biotech mit einem Kurs-Umsatz-Verhältnis von 5,2 nicht weit vom Tiefpunkt früherer Jahre entfernt; damals bewegte sich das Verhältnis zwischen 4 und 5.

Die aktuell günstigen Bewertungen widersprechen der Produktivität bei Forschung und Entwicklung von innovativen Wirkstoffen, die das Befinden von Patienten und die Ergebnisse des Gesundheitssystems nachhaltig verbessern helfen. Die grossen Firmen haben durchweg geliefert, ihre Gewinne – zumindest in den meisten Fällen – die Erwartungen erfüllt.

Fortschritte in der Krebstherapie

Die Erfolge einiger mittelgrosser Unternehmen wie Biomarin, Genmab und Incyte wurden sicherlich überschattet von der längst überfälligen Freigabe der Wirkstofflizenzen grosser Firmen wie beispielsweise Gilead und Biogen, die den Schutz ihrer Programme zur Therapie von Hepatitis C und Multiple-Sklerose verloren haben.

Im vergangenen Jahr gab es zudem deutliche Fortschritte auf dem Gebiet der Krebstherapie und der Behandlung seltener Krankheiten («orphan deseases»). Auch die Gentherapie ist den Kinderschuhen entwachsen, was unter anderem die klinischen Erfolge bei der Behandlung spinaler Muskelatrophie widerspiegeln, einer seltenen und schwerwiegenden neuromuskulären Erkrankung.

Weniger Zulassungen

Allerdings gab es auch einige Rückschläge insbesondere bei den grossen Herstellern, was einmal mehr deutlich macht, dass die Entwicklung von Medikamenten ein Risikogeschäft bleibt. Im Jahr 2016 gab es insgesamt 22 Zulassungen neuer Medikamente und damit weniger als in den zwei vorangegangenen Jahren, was dadurch zustande kam, dass einige Wirkstoffe bereits 2015 zugelassen wurden, während andere Zulassungen auf 2017 verschoben wurden.

Entscheidend ist, dass die Anzahl der Einreichungen neuer Wirkstoffe stark und das regulatorische Umfeld für Innovationen weiterhin förderlich bleibt, wobei aktuell diesseits und jenseits des Atlantiks Programme laufen, um Zulassungen voranzutreiben. M&A-Aktivitäten werden in diesem Jahr nach wie vor ein starker Treiber sein, da die grossen zahlungskräftigen Biopharma-Firmen ihre Pipelines mit innovativen neuartigen Wirkstoffen kleinerer Biotech-Firmen aufstocken werden.

Vorteile des republikanischen Wahlsiegs

Die Aussichten für 2017 sind dank der erwähnten Gründe, der günstigen Kurse und der für den Healthcare- und Biotech-Markt vorteilhaften Auswirkungen des republikanischen Wahlsiegs gut. Auch wenn die Medikamentenpreise in den USA weiterhin ein Thema bleiben werden, wird dies nicht so stark dominieren wie dies unter den Demokraten der Fall gewesen wäre.

Ohnehin hat sich im US-Gesundheitswesen eine Marktdynamik durchgesetzt, die dazu führt, dass Nachahmerprodukte oder so genannte «Me-too-Präparate» unter enormen Preisdruck stehen – und das ganz ohne politisches Zutun aus Washington. Biotech-Firmen mit hochinnovativen und bahnbrechenden Wirkstoffen sind gegen Preisdruck ohnehin relativ widerstandsfähig.

Steuersenkungen unter Donald Trump

Das Management der Gesundheitsausgaben in den USA wird mehr und mehr marktbasierten Mechanismen folgen, auch wenn Details der politischen Pläne in puncto Gesundheitswesen noch unklar sind. Gleichzeitig dürften bürokratische Aufsichtsmechanismen abgebaut werden. Ausserdem sind unter Donald Trump Steuersenkungen sowie eine Beschleunigung der M&A-Aktivitäten zu erwarten, sofern es den grossen Bio-Pharmafirmen gelingen wird, ihre ausserhalb der USA gehaltenen Liquiditätsreserven in die Heimat zurückzuholen.

Am besten sind dabei Biotech-Firmen positioniert, die am Anfang neuer Produktzyklen stehen, mit wertsteigernden Katalysatoren und klinisch validierten Therapien, die einen bislang nicht gestillten medizinischen Nutzen bringen. Sie gehen mit entsprechend grossen kommerziellen Chancen einher.


Mina Marmor stiess 2006 zu Sectoral Asset Management und ist seit 2016 Portfolio Managerin mit dem Fokus auf Biotechnologie. Marmor studierte und promovierte 2001 an der Universität von Toronto und erlangte 2010 den Titel eines Chartered Financial Analyst (CFA). Später arbeitete sie beim Weizmann Institute in Israel und danach bei der Beratungsfirma Health Science Communications in New York.

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