Kriminologie-Professor Nikos Passas sagt gegenüber finews.ch, was Geldwäscherei und die neue Tausendernote wirklich miteinander zu tun haben. Und nennt die Compliance bei Banken eine Alibiübung.


Herr Passas, warum soll die 1000-Franken-Note so ideal sein für Geldwäscherei?

Der einzige Grund ist, dass beispielsweise 1 Million Franken in einem Koffer in 1000-er Noten viel leichter zu tragen sind als in kleineren 100- oder 50-Franken-Noten. Die Schweiz steht darum nicht alleine in der Kritik. Auch der 500-Euro-Schein war Anlass für Kritik an der EU.

Aber die Geldwäsche an sich wird mit der 1000-er Note nicht einfacher?

Egal, ob sie mit einem Koffer voll Bargeld zu einer Schweizer Bank gehen oder mit zehn Koffern: Die Bank muss Sie fragen, woher Sie das Geld haben. Es ist aber einfacher, einen Koffer in die Bank zu tragen als zehn.

Okay. Wie wird das Geld dann gewaschen?

Die Frage bei der Geldwäsche, also der Legalisierung eines Vermögenswertes, ist immer: Soll das Geld im legalen Wirtschaftskreislauf benutzt werden? Investieren Sie das schmutzige Geld erneut in kriminelle Unternehmen, müssen Sie es nicht waschen.

«Es gibt buchstäblich Millionen von Methoden»

Kriminelle Organisationen verlangen in der Regel keine Herkunftsurkunden für Bargeld. Diese Transfers von kriminellen Geldern in kriminelle Investments sind sehr häufig: Waffen für Drogen, Diamanten für illegale Bezahlungen, usw.

Und wenn ich das Geld legalisieren will?

Es gibt buchstäblich Millionen von Methoden. Falsche Kosten für Handelswaren und Dienstleistungen zu verrechnen, ist relativ einfach. Sie rechtfertigen durch falsche Preisangaben die Existenz von Geld, das vorher nicht da war. Sogenannte «mirror trades» an der Börse sind auch beliebt: Ein Kunde gibt einer Bank einmal einen Kauf- und für einen anderen Börsenplatz einen Verkaufsauftrag. Die Deutsche Bank war in ein solches Schema in Russland involviert. Eine weitere Methode ist der Missbrauch von Korrespondenzkonti oder Investitionen in Immobilien. An vielen Orten dieser Welt kann man Immobilien mit Bargeld bezahlen.

Und wie lässt sich dies bekämpfen?

Meine Forschungen haben ergeben, dass das Problem ohne einen durchdachten Plan mit Massnahmen zur Reduktion von Kriminalität nicht zu lösen ist. Isolierte Aktionen haben nur zur Folge, dass Geldwäscherei an einem Ort verschwindet, um an einem anderen Ort wieder aufzutauchen, wo die Überwachung schwächer ist.

«Der Kampf gegen Geldwäscherei schafft kriminelle Anreize»

Strafverfolgung von Kriminellen und die Sicherstellung von Geldern wird sogar noch schwieriger.

Die Bekämpfung von Geldwäscherei nützt Kriminellen demnach?

Es ist dumm, nur Geldtransfers zu verfolgen. Das ist eigentlich bloss eine Panikreaktion auf ein viel grösseres Problem. Die Kriminalität wird dadurch nicht bekämpft und der Kampf gegen Geldwäscherei schafft Anreize, kriminelle Systeme noch zu verbessern. Ausserdem gehen nur die Dummen ins Netz, die cleveren Geldwäscher hingegen nur dann, wenn eine Untersuchung proaktiv und gut ausgeführt wird. Es sind also vor allem Zufälle und Glück, welche sich in den Geldwäschereistatistiken niederschlagen.

Wie soll das Problem sonst angegangen werden?

Man muss jene Arten von Kriminalität gezielt bekämpfen, welche diese illegalen Vermögenswerte erst erschaffen. Im Prinzip muss die Nachfrage kontrolliert werden, um Kriminalität zu kontrollieren. Banken, Finanzintermediäre und Händler müssen saubere Prozesse einführen, um ihre Kunden und Geschäftspartner zu überprüfen.

«Compliance ist eine Alibiübung geworden»

Sie müssen verstehen, mit wem sie es zu tun haben und melden, wenn sie auf Unregelmässigkeiten stossen. Es liegt an den Aufsichtsbehörden, Richtlinien herauszugeben, wie Geldwäscherei entdeckt werden kann.

Die Banken haben massiv in den Aufbau von Compliance-Organisationen investiert. Genügt das nicht?

Compliance ist in mancherlei Hinsicht zu einer Alibiübung für die Banken geworden. Sie konzentrieren sich darauf, gegen keine Gesetze und Aufsichtsregeln zu verstossen, anstatt heikle Kunden oder Transaktionen zu identifizieren. Es herrscht sehr viel Formalismus in den Compliance-Abteilungen, Ziele und Werte stehen dem im Weg.


Nikos Passas ist Professor für Kriminologie an der Northeastern University in Boston sowie Co-Director am Institut for Security an Public Policy. Ausserdem ist er Gastprofessor an europäischen Instituten, unter anderem am Basel Institute on Governance. Passas ist Jurist und hat sich über die Jahre einen Namen gemacht als Spezialist für die Bekämpfung von Korruption, Geldwäscherei, illegalen Handel, Terrorismus und organisiertes Verbrechen.

 

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