Geld, Gold und selbst die Kunst an den Wänden: Das alles soll in einem Vermögensregister erfasst werden, erwägt die EU. Warum Schweizer Banker dies nicht auf die leichte Schulter nehmen dürfen.

Brave EU-Bürger, bis auf den letzten Cent durchleuchtet: Dieses Schreckgespenst geht derzeit in Politik und Medien der Mitgliedländer um. In Deutschland, wo derzeit Wahlkampf herrscht, wird das Menetekel vom «gläsernen Bürger» an die Wand gemalt – all dies wegen einer Machbarkeits-Studie zu einem künftigen EU-Vermögensregister.

Treffen jene Befürchtungen zu, müsste dies auch das Swiss Banking aufschrecken. Nach dem EU-Zinsabkommen von 2005 und dem seit 2017 gegenüber den Mitgliedstaaten geltenden automatischen Austausch von Bankkunden-Daten (AIA) käme jener Rest an Privatsphäre, die hiesige Institute noch verteidigen, massiv unter Druck. In der Studie zum Vermögensregister soll gar geprüft werden, wie Edelmetalle, Digitalwährungen und Kunst erfasst werden können.

Sturm im Wasserglas

Droht den Schweizer Banken ein «AIA 2.0» und bei Verweigerung eine Neuauflage des überaus kostspieligen Steuerstreits? Oder handelt es sich bloss um einen Sturm im Wasserglas? Zu diesen Fragen gesellt sich ein Megatrend, dem sich die hiesige Finanzbranche nicht entziehen kann.

Das EU-Vermögensregister, so zeigt die Ausschreibung zur Machbarkeits-Studie vom vergangenen August, gilt den «bad guys». Nicht den unbescholtenen Bürgerinnen und Bürgern, sondern den Kriminellen will die EU unter der deutschen Präsidentin Ursula von der Leyen zuleibe rücken. Das Register soll den Kampf gegen Geldwäscherei und Steuerhinterziehung auf Unionsgebiet wirksamer machen.

Dies, indem das Register bestehende Quellen zu den Vermögenswerten von Privatpersonen und Firmen in den verschiedenen Mitgliedstaaten erschliesst und miteinander verknüpft. Dies, um den «Zugang der zuständigen Behörden zu Finanzinformationen zu beschleunigen und die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zu erleichtern», wie es in der Ausschreibung heisst.

Bargeld-Grenze von 10’000 Euro

Während der Aufbau eines darauf beruhenden Registers rein technisch kaum ein Hindernis darstellt, zeichnet sich schon ab, dass die politische und rechtliche Umsetzbarkeit zum Knackpunkt wird. Für die Machbarkeits-Studie will die EU erst einmal 400’000 Euro aufwerfen.

Die Vorarbeiten zum Vermögensregister folgen dabei dicht auf den Vorschlag einer neuen Anti-Geldwäscherei-Behörde (Anti-Money Laundering Authority AMLA), welche die EU-Kommission als Herzstück eines Gesetzespakets zur Bekämpfung von Geldwäscherei vergangenen Juli präsentierte. Die Behörde würde etwa die Einhaltung einer ebenfalls vorgeschlagenen Bargeld-Grenze von maximal 10’000 Euro bei Zahlungen überwachen.

Welt ohne Bargeld

Veit Bütterlin von der Beratungsfirma Alix Partners in Zürich gerät darüber nicht aus dem Häuschen. Der internationale Experte im Bereich Finanz- und Wirtschaftskriminalität hält das EU-Vermögensregister aus heutiger Warte für «sehr hypothetisch». «Beim angedachten EU-Vermögensregister handelt es sich vorerst nur um eine Machbarkeitsstudie. Ist diese einmal erstellt, bedeutet dies noch nicht, dass auch eine Umsetzung erfolgt.»

In Erinnerung ist in Deutschland etwa eine vom Bundestag 2020 in Auftrag gegebene Studie mit dem forschen Titel «Welt ohne Bargeld». Die Wogen im Nachbarland gingen hoch. Weiterhin zahlt man dort aber mit Cash: Auch die Studienautoren hatten der Vision der bargeldlosen Wirtschaft eine Abfuhr erteilt.

Ein Megatrend

Indes: «Das zugrundeliegende Ziel des Vermögensregisters, nämlich die internationale Bekämpfung von Steuerhinterziehung und Geldwäscherei, dürfte allerdings noch an Bedeutung gewinnen», gibt der Spezialist für die Bekämpfung von «white collar crime» zu bedenken. Bei der Geldwäscherei und beim Kampf gegen diese handle es sich nämlich um einen Megatrend: Staaten hätten erkannt, welch hohen sozialen Kosten mit dem Thema verbunden sind und wie die Geldwäsche die Wirkung der Politik einschränkt – zu denken ist da etwa an die Terrorismus-Finanzierung.

«Diesem Megatrend», sagt Bütterlin, «kann und will sich auch die Schweiz nicht entziehen».

Dies umso mehr, als auch die internationale Organisation zur Bekämpfung von Geldwäscherei, die Financial Action Task Force on Money Laundering (FATF), sich dem Register-Thema angenommen hat. Die Organisation, deren Standards sich die Schweiz angeschlossen hat, hat eine Konsultation zur so genannten «Empfehlung 24» eröffnet.

«Internationale Koordination ist vordringlich»

Dabei geht es unter anderem um bessere Transparenz über Firmenbesitz: Zur Diskussion steht dabei ein internationales Firmenregister, das die Inhaber gegenüber Behördenanfragen sichtbar macht. Solche Register existieren teils auf Länderebene, etwa in Grossbritannien, wo verschiedene Behörden Daten untereinander austauschen. NGO wie Transparency International befürworten ein Firmenregister vehement.

Denn dies ist die Realität: Geldwäscherei geschieht oft über Landesgrenzen hinweg, währen die Behörden mit ihren Ermittlung in der eigenen Jurisdiktion gefangen bleiben. «Für Organisationen wie die FATF ist die bessere internationale Koordination vordringlich – in diesem Kontext ist auch der Ruf nach einem länderübergreifenden Vermögensregister und das Konzept des Firmenregisters zu verstehen», erklärt Bütterlin.

Das Grauen vor der Liste

Prescht die Organisation mit dem Firmenregister voran, sähe sich die Schweiz im Dilemma. 2022 findet das nächste «Länderexamen» statt, und es drohen wieder graue Listen für jene Staaten, welche den Empfehlungen der FATF ungenügend nachkommen. Für den Finanzplatz wäre dies ein «Tolggen» auf seiner Weissgeld-Strategie. Allerdings existiert kein zentrales und umfassendes Firmeninhaber-Register in der Schweiz, und die Einführung und Nutzung wäre zumindest «begründungsbedürftig», wie es Experte Bütterlin ausdrückt.

Anders als in der EU und den meisten EU-Staaten ist nämlich das Bundesgesetz über den Datenschutz in der Schweiz für natürliche und juristische Personen anwendbar. Auch Unternehmen können sich entsprechend auf Datenschutz-Rechte berufen – hierzulande könnte damit eine Diskussion über den «gläsernen Unternehmer» für Aufregung sorgen.

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